Markttechnik: Ausgeschnauft?

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12. Februar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Wer wegen des jüngsten Kursrückgangs zittrige Hände bekommen hat, kann sich erst mal wieder entspannen – eine übergeordnete Trendwende im DAX scheint aus technischer Sicht jedenfalls erst mal vom Tisch. „Was noch vor einer Woche zu einem Debakel zu werden drohte, entpuppt sich nun als die erwartete nötige Korrekturbewegung im Aufwärtstrend, die schon länger überfällig war“, kommentiert Christoph Geyer von der Commerzbank die Erholungsbewegung des deutschen Leitindexes am gestrigen Dienstag. Die Unterstützung von 9.000 Punkten sei bereits deutlich vor dem Erreichen dieser Marke gehalten worden, so wie es die technischen Indikatoren angekündigt hätten: Der Stochastik-Indikator habe bereits ein Kaufsignal generiert und der MACD-Indikator stehe kurz davor.

Nach einem Rücksetzer auf rund 9.100 Punkte vor einer Woche, notiert der DAX am heutigen Mittwoch wieder über 400 Punkte höher. Zur Mittagszeit gewinnt der Leitindex 0,7 Prozent auf 9.545 Punkte.

„Die Anstiegsbewegung der vergangenen Tage führte nicht nur zu einem Bruch der kurzfristigen Abwärtstrendlinie, sondern auch zu einem Überwinden des latenten Widerstands bei rund 9.400 Punkten. Aktuell notiert der DAX im Bereich der zuvor gebrochenen Aufwärtstrendlinie“, erklärt der Charttechniker und geht angesichts der derzeitigen Dynamik davon aus, dass ein Bruch dieser Linie nur Formsache sein dürfte. Der nächste Widerstand befinde sich im Bereich von knapp über 9.500 Punkten. Insgesamt sei die Lage damit wieder deutlich besser als noch vor einigen Tagen. „Ein Angriff auf die Topnotierungen vom Januar ist somit nicht ausgeschlossen“, zeigt sich Geyer zuversichtlich.

Lage wesentlich verbessert

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Geyer

Auch Jörg Scherer von der HSBC bescheinigt dem deutschen Börsenbarometer nach der gestrigen Vorstellung eine wesentlich verbesserte Ausgangslage. „In der Summe liegen drei gewichtige Argumente vor, die das Ende der jüngsten Verschnaufpause nahelegen“, argumentiert der technische Analyst und verweist dabei auf die „bullishe“ Auflösung des im Wochenbereich ausgeprägten „Hammers“, den Ausbruch nach oben aus der seit dem Rekordhoch vom 21. Januar bei 9.794 Punkten bestehenden Korrekturflagge und die Ausprägung eines sogenannten „weißen Blocks“ – also eines positiven Candlestickmusters, das den unmittelbaren Ausbau der gestrigen Kurszuwächse begünstige.

Die nächsten Wiederstände auf dem Weg nach oben sieht Scherer im Bereich des ehemaligen Aufwärtstrends seit September bei rund 9.500 Punkten und auf dem Niveau des Hochs vom 1. Februar bei 9.621 Punkten. Nach unten bilde dagegen das Hoch vom Dezember bei 9.425 Punkten eine erste Unterstützung. „Um die seit gestern wesentlich verbesserte Ausgangslage nicht auf’s Spiel zu setzen, gilt es fortan, nicht mehr in den kurzfristigen Abwärtstrend bei aktuell 9.284 Punkten zurückzufallen“, ergänzt Scherer jedoch.

Weitere Turbulenzen nicht aus der Welt

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Scherer

Nach Einschätzung von Wieland Staud, technischer Analyst und Geschäftsführer von Staud Research bleibt kurzfristig zwar Entspannung angesagt. Ein Ende der Konsolidierung sei das aber nicht unbedingt, warnt der Techniker: „Insgesamt dürfte die Konsolidierung den DAX noch einige Zeit im Bann halten, weitere Turbulenzen sind somit nicht aus der Welt.“ Nächste Orientierung auf der Oberseite biete nunmehr die Spanne von 9.550 bis 9.595 Zählern. Als erstes Signal von Schwäche wäre aus Sicht von Staud eine Rückkehr unter 9.400 Punkte aufzufassen.

Ein Ende der Konsolidierung will auch Steffen Schneider von der WGZ Bank bisher nicht ausmachen: Solange die Notierungen nicht über 9.600 Zählern schließen, bleibt eine Fortsetzung der Korrektur wahrscheinlicher. Wird diese Marke in den kommenden Tagen genommen, stellt sich das Bild zunächst neutral dar und erst bei Übertreffen des letzten Hochs bei 9.800 Punkten käme eine weitere letzte Aufwärtswelle mit neuen Höchstkursen in Frage. Bis dahin besteht kein Handlungsbedarf“, argumentiert der Charttechniker.

Anleger skeptisch

Die Zuversicht unter institutionellen Anlegern ist indes deutlich gesunken, wie die aktuelle Umfrage der Börse Frankfurt zeigt. Der Bull/Bear-Index für die Profis sinkt von 71,1 auf 58,3 Punkte. 18 Prozent der Befragten haben ihre Longpositionen aufgegeben, der Großteil davon ist an die Seitenlinie getreten. Immerhin 5 Prozent sind direkt short gegangen. Mit 44 zu 29 Prozent hat das Bullenlager aber weiter die Nase vorn.

Die Laune der Privatanleger hat sich hingegen leicht verbessert; der Bull/Bear-Index steigt von 64,7 auf 65,3 Punkte. Beim näheren Hinsehen zeigt sich allerdings, dass sowohl Bären als auch Bullen verloren haben, während das Lager der Unentschiedenen um 5 Prozent gewachsen ist.

Der Index misst den absoluten Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG

© 12. Februar 2014