Markttechnik: Beängstigende Signale

3. August 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Talfahrt des DAX setzt sich auch heute fort, mit dem deutschen Aktienbarometer geht es nun schon den sechsten Tage in Folge gen Süden – seit Anfang der Woche in Riesenschritten. Statt Erleichterung über die Einigung im US-Schuldenstreit macht sich seit Montag Ernüchterung breit: Zum einen sorgen sich die Börsianer um die konjunkturellen Auswirkungen des Sparpakets, zum anderen gilt als ungewiss, ob die USA von einer der Rating-Agenturen nicht doch die Bestnote AAA entzogen bekommt. Auch in Europa spitzt sich die Situation zu: Die Risikoaufschläge für Italien und Spanien weiteten sich abermals aus, die Krisenwährung Schweizer Franken erreichte neue Höchststände, ebenso Gold.

Auch charttechnisch hat sich die Situation extrem eingetrübt. „Der DAX hinterlässt einen äußerst angeschlagenen Eindruck“, meinen etwa Analysten der BNP Paribas. Nicht ganz so pessimistisch zeigt sich Stefan Salomon: Ihm zufolge testet der DAX derzeit die 6.700er-Marke. „Hier sollte jedoch eine Pendelbewegung eintreten“, meint der freie technische Analyst. Ein Fall unter 6.650/6.670 Punkte würde ihm zufolge allerdings weitere Stopps und Verkäufe auslösen mit Ziel bis 6.500 Punkte.

Zahlreiche Warnhinweise


Schmidt

Christian Schmidt von der Helaba räumt zwar ein, dass mit einem Absturz in diesem Ausmaß nicht gerechnet werden konnte, es habe aber eine ganze Reihe von Warnhinweisen gegeben. „Zu nennen sind verschiedene negative Divergenzen bei den Oszillatoren und nicht zuletzt schwache Umsätze bei steigenden Kursen“, erläutert der technische Analyst. „Mit dem Unterschreiten der markanten Cluster-Zone im Bereich von 7.070/7.088 Zählern hat der Markt ein ‚Short Setup‘ generiert. Hier wurden sowohl die 200-Tage-Linie als auch die seit Mitte 2009 gültige Aufwärtslinie unterschritten.“ Dieser Bruch sei mit den darauf folgenden tieferen Schlusskursen als nachhaltig zu werten.

Zweite Abwärtsbewegung befürchtet

Im besten Fall werde es beim DAX nun zu einer temporären Aufwärtsbewegung als Reaktion auf die deutlichen Kursverluste kommen. Das Potenzial nach oben sei allerdings auf maximal 6.980 Punkte begrenzt. „Die dann zu erwartende zweite Abwärtsbewegung würde eine negative Fortsetzungsformation nach sich ziehen, deren Impulstief die bisherigen Tiefs nochmals unterschreiten wird.“ Ein markanter Unterstützungsbereich findet sich Schmidt zufolge bei 6.575, 6.561 und 6.520 Zählern. Sollte diese Zone unterschritten werden, seien noch weitaus tiefere Kursziele möglich.

Haken hinter die Korrektur?

Nach Einschätzung von Marcus Metz von Staud Research könnte der Markt allerdings das Schlimmste hinter sich haben, die Chancen auf eine Beruhigung der Lage seien recht gut. „Es gibt ein Restrisiko, dass wir das März-Tief wiedersehen“, meint der Charttechniker. Nach dem Reaktorunglück von Fukushima war der DAX Mitte März bis auf 6.513,84 Punkte auf Schlusskursbasis abgesackt, im Tagesverlauf sogar noch unter die Marke von 6.500. „Sollte der DAX darunter fallen, sind weitere empfindliche Einbußen bis tief in den 6.000er-Bereich zu erwarten.“ Davon geht Metz allerdings nicht aus, vielmehr rechnet er damit, dass das Aktienbarometer die Stabilisierungschance wahrnimmt und „ein Haken hinter die laufende Korrektur“ gemacht werden kann. „Bedenklich stimmen allerdings die Höhenflüge von Schweizer Franken, Gold und Silber.“

Stimmung nochmals schlechter

Die Anleger zeigen sich unterdessen meinungsstärker und schlagen sich zunehmend entweder der Bären- oder der Bullenseite zu, wie die aktuelle Sentimenterhebung ergibt. Unter dem Strich hat sich die Stimmung im Vergleich zur Vorwoche eingetrübt. Bei den 300 von der Börse Frankfurt befragten professionellen Anlegern sind bezüglich der DAX-Werte zusätzliche 8 Prozent bullish, zusätzliche 6 Prozent bearish. Damit gehören nun 44 Prozent dem Bullen- und 36 dem Bärenlager an. Deutlich geschrumpft auf nunmehr 20 Prozent ist das Lager der Unentschiedenen. Das lässt den Bull/Bear-Index als Maß für den Gesamtoptimismus im Markt ganz leicht auf 54,4 Prozent steigen.

Beim TecDAX ist das Bild ähnlich: Auch hier hat sowohl die optimistische als auch die pessimistische Seite zugelegt, der Bull/Bear-Index sinkt von 57,1 auf 51,4 Prozent und liegt damit nur noch knapp im Zuversicht signalisierenden Bereich.

Für den Bull/Bear-Index werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Eine Analyse der heutigen Erhebung seitens Cognitrend können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 3. August 2011/Anna-Maria Borse