29. Juni 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Bereits im Vorfeld der heutigen Abstimmung des griechischen Parlaments über das Sparpaket sind sich die Investoren weitest gehend einig. Die Vorzeichen für die Abwendung eines Staatsbankrotts der Hellenen stehen gut. Zuletzt hätten die französischen Pläne zur freiwilligen Beteiligung privater Gläubiger für etwas mehr Entspannung im Markt gesorgt, schreibt die Helaba. Auch scheint die Inflationsgefahr zunächst gebannt. Die Schnellschätzung aus sechs Bundesländern deute auf einen Anstieg der Verbraucherpreise im Juni um moderate 0,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Aus technischer Sicht bescheinigen Analysten dem deutschen Börsenbarometer gute Unterstützung nach unten und erkennen durchaus Chancen für einen Ausbruch nach oben.
Die Würfel sind noch nicht gefallen
Meier
Nach wie vor unentschieden gestaltet sich Jana Meier zufolge per Saldo das derzeitige Kräftemessen zwischen Bulle und Bär im DAX. Die Voraussetzungen zugunsten des Bullen sieht die technische Analystin der HSBC Trinkaus & Burkhardt dann erfüllt, wenn zunächst der im Mai etablierte Baisse-Trend bei aktuell 7.272 Punkten durchbrochen wird und im Anschluss der Sprung über die jüngsten Verlaufshochs bei 7.310 bzw. 7.320 Zählern gelingt. „Die nachhaltige Eroberung dieser Marken sollte das deutsche Börsenbarometer erfüllen, um den Blickkontakt zum Februarhoch und dem bisherigen Jahreshoch bei 7.442 bzw. 7.600 Punkten nicht zu verlieren“, analysiert Meier.
Eine Eintrübung der Perspektiven für den DAX gebe es indes, wenn die zentrale Unterstützungszone aus dem dominierenden Abwärtstrend seit 2009 bei aktuell 7.025 Zählern, den jüngsten zyklischen Tiefpunkten bei 6.995 bzw. 6.992 Punkten und der 200-Tages-Linie bei aktuell 6.971 Zählern aufgegeben werden müsste. „Dann würde es für den deutschen Leitindex auch mittelfristig pessimistischer aussehen“, erklärt Meier. Denn mit einem Sturz unter die angeführten Marken würde sich eine Schulter-Kopf- Schulter-Formation ausprägen. „Das daraus resultierende satte Abschlagspotenzial von rund 600 Punkten harmonisiert nahezu ideal mit dem im März ausgeprägten, bisherigen Jahrestief bei 6.483 Punkten“, beschreibt die Analystin die drohenden Folgen der entstehenden Topformation.
Aus technischer Sicht stünden die Chancen für die Bullen nicht schlecht. „Schaut man sich die Indikatoren an, so kann das Pendel durchaus zugunsten des Positivszenarios ausschlagen“, glaubt Meier. Bei der Stochastik sei es einerseits gelungen ein Verkaufssignal abzuwenden. Andererseits sorge das „bearish failure“, oder auch Bärenfalle genannt, des MACD für zusätzlichen Rückenwind. Von einer Bärenfalle spricht man, wenn sich ein Verkaufssignal im Nachhinein als Fehlsignal erweist.
Chancen für den Bullen sind da
Schmidt
Die Aussichten für eine Fortsetzung der Hausse beurteilt Christian Schmidt grundsätzlich positiv. Seit dem 23. Mai befinde sich der DAX innerhalb einer neutralen Spanne zwischen 7.040 und 7.300 Zählern. Aus diesem ausgeprägten Seitwärtskanal müsse das Barometer ausbrechen, um eine ausgeprägte Impulsbewegung nach oben oder unten auszulösen. „Um die wahrscheinliche Ausbruchsrichtung zu bestimmen, hilft ein Blick auf das Gesamtbild“, erklärt der technische Analyst der Helaba.
Der DAX befinde sich immer noch in einem übergeordneten Aufwärtstrend, der abgeleitet von Newtons erstem Gesetz der Bewegung, in der Regel begünstigt würde. Die Aufwärtsbewegung dieser Hausse sei in Folge nahezu idealtypisch um 50 Prozent korrigiert worden. „Im Anschluss daran konnten wir tendenziell steigende Tiefpunkte beobachten“, skizziert Schmidt. Zuletzt sei es zudem gelungen, die 21-Tage-Linie des deutschen Aktienbarometers und die markanten Widerstandsmarken bei 7.173 und 7.225 Zählern zu überwinden. Dies habe in Folge zur Verbesserung verschiedener Indikatoren für den DAX geführt. Deshalb stehen die Chancen zugunsten einer der Fortsetzung der Aufwärtsbewegung laut Christian Schmidt bei einem Verhältnis von 65 zu 35. Unterstützt werde diese Einschätzung durch den möglichen Bruch der kurzfristigen Abwärts-Behelfslinie bei aktuell 7.266.
Die nächsten Kursziele nach dem bevorzugten Ausbruch nach oben macht der technische Analyst der Helaba bei 7.376, 7.460 und 7.554 Punkten aus. Diese wurden über Fibonacci-Relationen hergeleitet. Nach unten sei der DAX bei 7.135 sowie bei und 7.070 Zählern gut unterstützt. Bei erstgenannter Marke handelt es sich um ein Major Swing Level, was in der Regel einen markanten Punkt im Kursverlauf darstellt.
Optimismus steigt
Einen Sprung von 61,7 auf 70,6 Prozent macht der Bull/Bear-Index für die DAX-Werte im Wochenvergleich. Insgesamt 10 Prozent gewinnen die Optimisten hinzu, 4 Prozent von den vormals neutral Gestimmten und 6 Prozent von den Bären. 57 Prozent der Befragten der aktuellen Sentimenterhebung der Börse Frankfurt bei 300 Investoren erwarten auf Vierwochensicht einen stärkeren DAX, 20 Prozent gehen von einem schwächeren Stand des deutschen Börsenbarometers aus und 23 Prozent erwarten keine nennenswerten Änderungen.
Ähnlich optimistisch geben sich die Investoren für den TecDAX. Die Bullen gewinnen im Vergleich zur Vorwoche 7 Prozent aus dem Bärenlager hinzu, 1 Prozent haben ihre neutrale Position zugunsten der Optimisten aufgegeben. Insgesamt steigt der Bull/Bear-Index der Technologiewerte auf 72,9 Prozent.
Der Bull/Bear-Index misst das Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.
© 29. Juni 2011 / Iris Merker