Markttechnik: Eine Rampe für den DAX

27. Juli 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Eine gute Ausgangsposition bescheinigen Analysten den DAX-Bullen, andere wiederum warnen vor erneutem Ungemach für das deutsche Börsenbarometer. Auch bei Dow Jones und Euro Stoxx 50 gebe es keine klaren Signale. Ersterer werde durch die Schuldenprobleme im Euroraum belastet, letzterer knabbere noch am Julihoch, bevor die Fahrt Richtung bisheriges Jahreshoch bei 12.876 Punkten angetreten werden könne.

Unterstützung für den DAX ist vorhanden

Die technische Ausgangslage habe sich beim DAX in den vergangenen Tagen zunehmend entspannt. Als solide Unterstützung hätten sich insbesondere die Haltezone aus dem Aufwärtstrend seit Juli 2009 aktuell bei 7.149 Punkten, die 200-Tages-Linie bei aktuell 7.076 Punkten sowie die jüngsten Korrekturtiefs bei 6.996 bzw. 6.992 Punkten etabliert. „Die Marken bei rund 7.000 Punkten haben den jüngsten Stresstest des DAX bestanden und bildeten zusammen einen solide Rampe für den jüngsten Angriff der Aktienmarktbullen“, erklärt Jana Meier.


Meier

„Nun gilt es, auf der Oberseite die noch verbliebene Abwärtslücke von Mitte Juli bei 7.382 zu 7.390 Zählern zu schließen und damit einen weiteren wichtigen Etappensieg einzufahren“, berichtet die technische Analystin der HSBC Trinkaus & Burkhardt. Sollte dies gelingen, habe es der DAX-Bulle beinahe geschafft. „Dann steht dem zyklischen Hoch bei 7.524 Zählern nur noch das Hoch vom Februar bei 7.442 Punkten im Weg.“ Danach könne er womöglich ein Wiedersehen mit dem zyklischen Hoch bei 7.524 Punkten feiern und das bisherige Jahreshoch bei 7.600 Zählern anpeilen.

„Die technischen Indikatoren liefern für dieses Positivszenario Rückenwind“, urteilt Meier. Neben der Stochastik sei auch der trendfolgende MACD auf Long geschwenkt. Zudem besitze der angeführte Oszillator noch deutlich Spielraum, um weitere Kursgewinne zu begleiten. Indikatoren aus der Gruppe der Oszillatoren zeigen an, ob ein Markt zu weit nach oben oder unten gelaufen ist und daher eine Gegenbewegung zu erwarten wäre.

Auf der Unterseite stelle derzeit noch das Haltecluster aus der 38- sowie 90-Tage-Glättungslinie, die aktuell bei 7.236 und 7.227 liege, den nächsten Halt dar. Ob das Szenario so eintrete oder wie sich der DAX mittelfristig entwickeln wird, werde aber vor allem im Bereich der angeführten Unterstützungszone bei rund 7.000 Punkten entschieden. „Stürzt das Börsenbarometer unter diese Marken, schließt dies eine kleine Topbildung ab, die den Startschuss zu deutlichen Kursverlusten liefern würde“, erklärt Jana Meier. Markante Unterstützungen seien zunächst rar gesät, und Anleger sollten sich in diesem Fall sogar mit Notierungen im Bereich des bisherigen Jahrestiefs bei 6.483 Punkten anfreunden.

„Hanging Man“ rät zur Vorsicht


Siegert

Weniger optimistisch beurteilt Martin Siegert die Aussichten für den DAX. Nach Ausbildung eines Kurshochs des deutschen Bluechip-Index am 8. Juli diesen Jahres im Bereich von 7.524 Zählern habe er in nur drei Handelstagen die Marke rund um 7.000 Punkte getestet. „Nach erfolgreichem Abfedern von dieser Unterstützung konnte der DAX gestern nach zehn Handelstagen einen erneuten Hochpunkt bei 7.383 ausbilden“, beobachtet der Analyst der Landesbank Baden-Württemberg. Diese Kerzen-Formation sei durch einen Hanging Man bestätigt worden. Als Hanging Man wird eine Chartkerze mit kurzem Körper und mindestens doppelt so langem Docht bezeichnet. Bei solch einem Hanging Man mahnen technische Analysten generell zur Vorsicht, da er einen möglichen Umkehrpunkt nach einem Aufwärtstrend darstelle. Damit sei der Markt verwundbar geworden.

„Solange nun dieses Preisniveau nicht nachhaltig überwunden werden kann, droht in den nächsten Tagen möglicherweise Ungemach für den DAX“, sagt Siegert voraus. Ein Unterschreiten der Marke von 7.221 Punkten bedeute eine Warnung für die Optimisten. Kurse unter 7.163 bzw. 7.142 Punkten bestätigten einen erneuten Test der Unterstützung bei 7.000 Zählern, womit auch ein Bruch mit der psychologisch wichtigen 200 Tagedurchschnittslinie vollzogen wäre. Diese verlaufe aktuell bei 7.075 Zählern und sei zuletzt im Mai diesen Jahres auf Schlusskursbasis unterschritten worden. Danach könnten Anleger durchaus die 6.500 Punkte ins Visier nehmen.

Gemischtes Bild beim Dow Jones

Etwas zurückhaltender zeige sich indes die technische Ausgangslage beim Dow Jones Industrial Average. Die Bullen seien zuletzt an dem Sprung über das Hoch vom Juli bei 12.754 Punkten gescheitert. „Das Julihoch muss der US-Leitindex aber nehmen“, erklärt Jana Meier die Voraussetzung für die Fahrt des Börsenbarometers Richtung bisheriges Jahreshoch bei 12.876 Punkten. Die technischen Indikatoren hätten den misslungenen Angriff quittiert, weshalb nun sowohl der Stochastik als auch der MACD Verkaufssignale auszuprägen drohten. Die erste Haltemarke für den US-Aktienindex macht die Analystin beim jüngsten Verlaufstief bei 12.386 Punkten aus. Ein Rutschen unter diese horizontale Unterstützung sollte möglichst vermieden werden. „Denn sonst ist ein kleines Doppeltop abgeschlossen, was als Startschuss für größere Kursverluste gewertet werden kann“, sagt Meier voraus. Von einem Doppeltop spricht man, wenn ein Kurs zweimal an einem Topwert scheitert.

Euro Stoxx 50 tut sich schwer


Wurm

Die Aussichten für den Euro Stoxx 50 beurteilt Sophia Wurm als problembehaftet. „Die Diskussionen um die Zahlungsfähigkeit einiger Euro-Peripherieländer macht dem europäischen Barometer zu schaffen“, erklärt die Analystin der Commerzbank. Deshalb durchlaufe der Index seit dem Frühjahr diesen Jahres eine mittelfristige Korrektur um mehr als 10 Prozent ausgehend von einem Zwischentop. Nachdem der Index die langfristige Unterstützungszone ab 2.600 Zählern getestet hat, habe er sich zuletzt wieder etwas erholen können. „Das deutet insgesamt zunächst auf einen Verbleib im langfristigen Seitwärtspendel“, vermutet die Analystin. In diesem befinde sich der Euro Stoxx 50 aus technischer Sicht seit dem vierten Quartal 2009 und bewege zwischen den Unterstützungszonen bei 2.440 bzw. 2.500 sowie 2.600 bzw. 2620 Zählern

Weniger Optimisten

Anleger zeigen sich für den Bluechip-Index in dieser Woche weniger optimistisch als in der Woche zuvor. 7 Prozent der Anleger in DAX-Aktien haben sich von ihren Long-Positionen getrennt, 4 Prozent sind short gegangen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Sentimenterhebung bei etwa 300 aktiven Investoren. Damit sind noch 36 Prozent insgesamt bullish und deswegen long, 30 Prozent bearish und short, 34 Prozent erwarten keine nennenswerte Veränderung und warten deshalb an der Seitenlinie. Der Bull/Bear-Index für DAX-Werte sinkt auf 53,3 Prozent. Beim TecDAX verlieren die Bullen 6 Prozent und die Bären gewinnen 3 Prozent. Insgesamt sinkt der Bull/Bear-Index der Technologiewerte auf 50,7 Prozent und ist damit nur noch haarscharf im optimistischen Bereich.

Für den Bull/Bear-Index werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Eine Analyse der heutigen Erhebung seitens Cognitrend können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 27. Juli 2011/Iris Merker