Markttechnik: Kurzfristige Rückschläge möglich

23. März 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Nervosität hält an. Wie bereits in der vergangenen Woche leiden die Aktienmärkte unter der unsicheren Lage im japanischen Atomkraftwerk in Fukushima. „Angesichts der anhaltenden Bedrohung durch einen Super-GAU bleibt die Stimmung an der Börse nervös“, kommentiert ein Börsianer, nachdem es zur Wochenmitte erneut zu massiven Verzögerungen bei den Rettungsarbeiten an dem havarierten Kraftwerk gekommen ist. Auch Charttechniker sehen auf kurze Sicht wenige Chancen für eine deutliche Erholung an den Aktienmärkten. Der mittelfristige übergeordnete Aufwärtstrend sei aber dennoch intakt, heißt es.

Warten auf gute Nachrichten aus Japan

Geyer
Geyer

Nach Ansicht von Christoph Geyer, technischer Analyst der Commerzbank, dürfte sich der deutsche Aktienmarkt mit einer Erholung vorerst schwer tun – zumindest solange es keine Entwarnung von Seiten der japanischen Atommeiler gebe. Auf mittlere Sicht zeigt sich der Experte aber optimistisch.

Negativ wertet Geyer in der aktuellen Situation unter anderem die sehr hohen Umsätze im Rahmen der Abwärtsbewegung. Die Erholung vom vergangenen Donnerstag habe im Gegensatz dazu nur geringe Umsätze aufgewiesen. „Auffällig war auch der Verfall bei Optionen und Futures am vergangenen Freitag. Dieser volatile Tag brachte zwar recht hohe Umsätze mit sich, diese wurden aber hauptsächlich zum Handelsende, als der DAX bereits wieder nachgab generiert und lagen über denen zum Zeitpunkt der Verfallsaktivitäten“, erklärt der Techniker.

Zudem sei der DAX im Zuge der Aufwärtsbewegung vom Wochenauftakt in den Bereich der Widerstandslinie von 6.850 Punkten gekommen. „Da hier auch wichtige Fibonacci-Widerstände zu finden sind, wird ein Weiterlaufen zunächst schwer fallen. Ein erneuter Rutsch in den Bereich der Tiefstwerte von vergangener Woche sollte ebenso einkalkuliert werden, wie das Testen der nächsten Unterstützungslinie bei rund 6.350 Punkten.“

Für Entspannung könnten nach Ansicht von Geyer unterdessen positive Nachrichten von den Atomkraftwerken in Japan sorgen. Nach einem erneuten Rücksetzer und anschließender Stabilisierung, sei sogar eine gute Chance für eine Frühjahres-Rallye gegeben.

Glättungslinie verhindert Schlimmeres

Henke
Henke

Auch Christian Henke geht davon aus, dass die mittelfristige Hausse beim DAX weiter intakt ist. Lediglich auf kurze Sicht sei mit erneuten Rücksetzern zu rechnen, prognostiziert der technische Analyst der WestLB.

Infolge der Naturkatastrophe in Japan seien sämtliche Kursdämme gebrochen worden. „Mit Lineal und Bleistift war zu diesem Zeitpunkt nicht viel auszurichten. Wichtige Unterstützungen in der Region um 7.080/7.040 Punkte sowie bei 6.900 und 6.800 Punkten wurden auf einen Strich überrannt.“ Allerdings hätten die Bären die Rechnung nicht mit der steigenden 200-Tage-Durchschnittslinie gemacht: „Zum wiederholten Male konnte die Glättungslinie Schlimmeres verhindern“, beobachtet Henke. Zwar sei die Durchschnittslinie bei 6.582 Punkten am 15. März im Handelsverlauf unterschritten worden, der DAX habe aber am Ende des Tages darüber geschlossen und sich in den darauf folgenden Handelstagen nach oben entfernt. Nach Einschätzung des Analysten ist der mittelfristige Aufwärtstrend damit weiterhin intakt.

Kurzfristig könne der deutsche Leitindex zwar erneut die ehemaligen Unterstützungen anstreben, die Glättungslinie bei aktuell 6.597 Punkten sowie ein Fibonacci-Niveau bei 6.590 Punkten sicherten den Index aber nach unten ab. Zudem liege eine stabile horizontale Schiebezone bei 6.400 Punkten.

Bären auf dem Vormarsch

Die Anlegerstimmung hat sich im Vergleich zur Vorwoche eingetrübt. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest die aktuelle Sentimenterhebung der Börse Frankfurt bei 300 aktiven Investoren. 8 Prozent der bislang optimistisch eingestellten Investoren sind in dieser Woche aus deutschen Bluechips ausgestiegen. Immerhin 4 Prozent von ihnen sind direkt wieder short gegangen. Der Bull/Bear-Index für den DAX sinkt in dieser Woche damit von 65,6 auf 58,9 Prozent. Bei den Technologiewerten verliert das Bullenlager immerhin 3 Prozent.

Der Bull/Bear-Index misst das Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei www.boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 23. März 2011/Karoline Kopp