Markttechnik: Steilvorlage für den DAX

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23. April 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Bullen haben das Ruder mal wieder herumgerissen. Nachdem vor einer Woche noch ein Bruch des übergeordneten Aufwärtstrends zu befürchten war, notiert der DAX trotz feiertagsbedingter Handelspause schon wieder rund 400 Punkte höher. Damit knüpft das Börsenbarometer an das Hin und Her der vergangenen Monate an. Denn obwohl so manche Tagesschwankung einigen Börsianern den Atem stocken lassen dürfte, ist seit Jahresbeginn eigentlich nicht viel passiert. Seit dem gestrigen Dienstag liegt der DAX ein halbes Prozent im Plus. Investoren fragen sich deshalb vor allem eins: Was kommt nach der seit Monaten nicht verlassenen Spanne zwischen 9.000 und 9.700 Punkten – neue Allzeithochs oder ein neuer Abwärtstrend?

Karen Szola, technische Analystin von Euro am Sonntag, hält ersteres aktuell für wahrscheinlicher und argumentiert: „Aus mittel- und langfristiger Sicht ist das Bild beim DAX klar bullish geprägt, der übergeordnete Trend zeigt gen Norden. Zwischenzeitliche, auch heftigere, Konsolidierungen liegen in der Natur der Sache und sollten nicht mit einem Crash verwechselt werden, denn dafür ist das Sentiment noch immer viel zu schlecht.“

Bestmarken wieder in Sicht

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Szola

Aktuell steuere der DAX jedoch erst einmal auf den massiven Widerstandsbereich um 9.600/9.700 Punkte zu, der sich durch die Abwärtstrendlinie seit dem Allzeithoch bei 9.794 Zählern, einer Horizontalen sowie dem April-Bewegungshoch bei 9.721 Punkten speise. „Da die technischen Indikatoren, wie beispielsweise der Oszillator Slow Stochastik, aber schon ein gutes Stück nach oben gelaufen sind und demnächst die oberen Extremzonen erreichen werden, wird zunächst die Kraft für ein nachhaltiges Ausbrechen über das beschriebene Bollwerk fehlen“, vermutet Szola und erwartet für die kommende Woche daher eine Verschnaufpause.

In deren Anschluss könne sich der deutsche Leitindex dann aber an die alte Bestmarke wagen. „Wird das im Januar markierte Allzeithoch bei 9.794 Zählern geknackt, wäre die Bahn endlich frei, zur vielbeachteten 10.000er-Marke vorzustoßen. Mittelfristig winkt sogar Potenzial bis auf 10.600 Punkte“, zeigt sich Szola zuversichtlich und leitet dieses Ziel aus dem ehemaligen Oktober-Aufwärtstrendkanal ab. Denn in den werde der DAX mit einem Anstieg über die 10.000er-Barriere wieder zurückkehren.

Ungemütlich wird die Lage nach Ansicht von Szola erst, wenn die starke Unterstützung um 8.900/9.000 Zähler fällt. Dort bewegen sich der einjährige Aufwärtstrend sowie die 200-Tage-Linie bei aktuell 8.997 Punkten. „Käme es auf diesem Niveau zu einem Durchbruch, sollte der bei gut 8.700 Zähler verlaufende 17-monatige Aufwärtstrend – also seit November 2012  – eine weitere Bären-Attacke vereiteln“, erwartet die Charttechnikerin.

Am Mittwochmittag notiert das deutsche Börsenbarometer ein viertel Prozent im Minus bei 9.577 Punkten. Vor einer Woche waren es noch rund 9.240 Punkte.

10.000 Punkte treten wieder auf den Plan

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Schneider

Optimistisch gibt sich nach den jüngsten Kursgewinnen auch Steffen Schneider von der WGZ Bank. Aus Sicht des technischen Analysten hat sich das vor Ostern noch „sehr destruktive Bild“ mittlerweile deutlich verbessert, so dass in den kommenden Wochen neue Allzeithochs durchaus wieder möglich sein könnten. Voraussetzung sei jedoch, dass der DAX das erarbeitete Kursniveau in den kommenden Handelstagen halten oder sogar nochmals steigern könne. Als Datum für ein neues Hoch ließe sich aus Sicht von Schneider dann der 6. Mai berechnen, als nächstes Kursziel die Marke von 10.000 Punkten. „Im weiteren Jahresverlauf und einigen Querelen zwischen Bullen und Bären wären unter diesem Blickwinkel dann sogar 11.000 Zähler möglich“, erwartet der Techniker.

Verschnaufpause überwunden?

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Scherer

Jörg Scherer von der HSBC spricht mit Blick auf die Kursgewinne vom gestrigen Dienstag von einer „Steilvorlage“ für weitere Kursavancen. Der fulminante Start in die Nachosterwoche habe für eine so genannte „Inselumkehr“ gesorgt – das Signal, das die Verschnaufpause seit Anfang April überwunden sei. „Auf dem Weg zu den Hochs bei gut 9.700 Punkten steckt eine weitere Kurslücke mit einer oberen Gapkante bei 9.628 Punkten ein wichtiges Zwischenziel ab. Jenseits dieses Niveaus rückt dann sogar wieder das bisherige Allzeithoch bei 9.794 Punkten ins Blickfeld“, erwartet der Charttechniker. Um die beschriebene Steilvorlage nicht zu verpassen, sollte der DAX aus Sicht von Scherer zukünftig nicht mehr unter das Haltebündel bei 9.440/14 Punkten zurückfallen.

Marktstimmung: Schaukelbörse, Schaukelstimmung

Kaum hat sich der Markt etwas erholt, rutschen die Erwartungen der Anleger wieder ein ganzen Stück nach unten. Wie das Ergebnis der heutigen Befragung von rund 300 aktiven Anlegern zeigt, sind 8 Prozent der befragten institutionellen Investoren wieder aus dem Aktienmarkt raus gegangen und 4 Prozent haben sich auf die Short-Seite gestellt. 40 Prozent rechnen noch mit steigenden Preisen, 34 Prozent mit fallenden.

Der Sentiment-Index liegt nun bei +6 Punkten ggü. +18 Punkten in der Vorwoche. Der DAX hat im betrachteten Zeitraum 340 Punkte zugelegt. Was dieses Ergebnis aus verhaltensorientierter Sicht bedeutenden könnte, lesen Sie ab 17 Uhr auf boerse-frankfurt.de/sentiment. Aus technischen Gründen konnten die privaten Anleger heute nicht befragt werden.

von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG

© 23. April 2014