Markttechnik: Zu früh für Optimismus

30. März 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Kurse steigen wieder. So hat der DAX innerhalb einer Woche um gut 200 Punkte zugelegt und springt zum heutigen Handelsstart wieder über die Marke von 7.000 Zählern. „Am Markt ist die Erwartung eingepreist, dass die atomare Katastrophe in Japan beherrschbar bleibt“, kommentiert ein Analyst die jüngste Kursentwicklung. Charttechniker mahnen jedoch zur Vorsicht: Es bestünden zwar Chancen für eine weitere Erholung, Entwarnung könne aber noch nicht gegeben werden, lautet der Tenor.

Noch keine Entwarnung

Deppermann
Deppermann

Nach Ansicht von Klaus Deppermann könnte die technische Lage der Aktienmärkte aktuell kaum wiedersprüchlicher sein. Zwar geht der technische Analyst der BHF-Bank bislang davon aus, dass sich die jüngste Korrektur noch weiter fortsetzen wird. Nach den Kursanstiegen der vergangenen Tage habe sich die technische Lage aber wieder verbessert, so dass durchaus Chancen für eine Trendwende bestünden. „Da sich einige US-Indizes aktuell schon wieder in der Nähe der Jahreshochs befinden, lassen die mittelfristigen zyklischen Indikatoren zwei Interpretationen zu. Die positive Variante wäre ein verfrühtes Eintreten des unteren Wendepunkts, die negative eine Zyklus-Inversion“, erklärt Deppermann. Eine Zyklus-Inversion bedeute, dass Ende März nicht wie erwartet ein unterer Wendepunkt, sondern ein zweiter niedrigerer Hochpunkt am Aktienmarkt ausgebildet werde.

Welche der beiden Varianten die Richtige ist, bleibt aus Sicht des Analysten noch abzuwarten. Deppermann fügt aber hinzu, dass eine Fortsetzung des jüngsten Anstiegs in der ersten April-Woche die positive Variante deutlich wahrscheinlicher machen würde. „Wenn der DAX das Indexniveau von 7.100 Punkten auf Schlusskursbasis überschreitet, dann deutet dies auf eine weitere Erholung hin.“

Technische Lage verbessert

Schmidt
Schmidt

Auch nach Einschätzung von Christian Schmidt hat sich das Chartbild für den DAX zuletzt wieder aufgehellt. Entwarnung will aber auch der technische Analyst der Helaba noch nicht geben. „Auf das Impulstief bei 6.483 Zählern folgte eine deutliche Erholung, die den deutschen Leitindex zunächst idealtypisch an das 50 Prozent-Retracement bei 6.960 Zählern heranbrachte. Diese Marke war und ist für den weiteren Verlauf von immenser Bedeutung, da hier zudem ein sogenanntes Gann-Level zu finden ist – eine Übereinstimmung der Marken unterschiedlicher Methoden. Dort entsteht ein Cluster, dessen Signifikanz besonders hoch ist“, weiß der Techniker. Dieser Cluster sollte nach Einschätzung von Schmidt mit dem heutigen Kursanstieg überwunden werden. Zudem falle die 55-Tage-Linie nicht mehr und sei in die Waagerechte übergegangen. Auch der dynamisch eingestellte Directional Movement Index, kurz DMI, der wie die 55-Tage-Linie zu den trendfolgenden Indikatoren zählt, steuere auf ein kurzfristiges Kaufsignal zu.

Aus Sicht von Schmidt stehen die Chancen damit gut, dass der nächste Widerstand bei 7.073 Punkten einem Test unterzogen wird. Spätestens dann werde sich jedoch zeigen müssen, ob der Index über ausreichend Kraft verfüge, die laufende Bewegung noch auszuweiten. „Zweifel sind angebracht, da unter anderem unterdurchschnittliche Umsätze in der Anstiegsbewegung zur Vorsicht mahnen“, fügt Schmidt hinzu.

Kursgewinne nachhaltig?

Stefan Salomon sieht aktuell das Tief vom Dienstag bei rund 6.850 Punkten als wichtigen Unterstützungsbereich. „Solange der DAX auf Schlusskursbasis nicht unter das gestrige Tief fällt, ist von einem stabilen Markt auszugehen“, meint der freie technische Analyst (www.candlestick.de). Fraglich ist nach Einschätzung von Salomon allerdings, ob die derzeitige Aufwärtsbewegung nachhaltig bleibt. Es sei nicht auszuschließen, ob im Falle weiterer negativer Nachrichten aus Japan eine erneute Verkaufspanik eintrete, so der Techniker.

Gemischte Gefühle

Die Anlegerstimmung fällt in dieser Woche gemischt aus. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Sentimenterhebung der Börse Frankfurt bei 300 aktiven Investoren. 7 Prozent der bislang neutral eingestellten DAX-Investoren haben in dieser Woche ihre Haltung aufgegeben – ein klares Bild ergibt sich daraus aber trotzdem nicht: 3 Prozent von ihnen sind ins Bullenlager gewechselt und 4 Prozent short gegangen. Für den Bull/Bear-Index beim DAX bedeutet dies einen leichten Rückgang von 58,9 auf 58,3 Prozent. Bei den Technologiewerten überwiegt unterdessen der Optimismus. Hier verliert das Bärenlager 4 Prozent. Immerhin 3 Prozent davon sind direkt wieder in den TecDAX eingestiegen.

Der Bull/Bear-Index misst das Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei www.boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 30. März 2011/Karoline Kopp