Peeters: "Die Chance, die in der IPO-Flaute liegt"


Peeters

6. Oktober 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Das abgelaufene dritte Quartal gehörte auf dem Börsenparkett zu den schlechtesten Dreimonatsperioden in den vergangenen Jahrzehnten. Der deutliche Einbruch der meisten Aktienindizes, getrieben von der Angst vor einer neuen Finanzkrise und den Vorboten eines möglichen konjunkturellen Abschwungs, hat an den Märkten für eine drastische Verschlechterung der Lage und natürlich auch der Stimmung unter den Investoren gesorgt. Zwischenzeitlichen kurzen Erholungen an den Märkten folgten meist sehr schnell neue „kalte Duschen“ in Form von neuerlichen Einbrüchen.

In solch einem Umfeld beherrschen Vorsicht und Zurückhaltung das Agieren der Anleger. Kassenquoten sind hoch, Investitionen werden mehrfach abgewogen und Risiken werden vermieden, wann immer es auch nur geht. Risikoaversion dominiert bei institutionellen Anlegern gleich in doppelter Hinsicht: Zum einen haben die Anleger Angst, Verluste zu erleiden, zum anderen achten sie bereits beim Kauf darauf, möglichst wenig „angreifbare“ Investments zu tätigen. Schließlich verwalten professionelle Anleger die Gelder Dritter und geraten in solch volatilen Tagen schnell in die Situation, den Geldgebern Verluste erklären zu müssen. Entsprechend arm an Risiken sind die entsprechenden Investitionen.

Unter dieser Risikoaversion leiden manche Branchen stärker als andere. Darüber hinaus leiden jedoch auch Unternehmen mit einer kürzeren Historie auf dem Parkett und somit vor allem (potentielle) Börsenneulinge. Eine Zeichnung einer Neuemission ist per se eine Investition in etwas Unbekanntes und Ungewisses. In stürmischen Zeiten wie diesen fällt Anlegern die Entscheidung recht leicht, praktisch alle Neuzugänge auf dem Parkett zu ignorieren.

Entsprechend desaströs falle die jüngsten Statistiken zum Markt für Neuemissionen, neudeutsch IPOs, aus. In Deutschland herrscht hier schon seit geraumer Zeit eine drastische Flaute, in vielen anderen Märkten sieht es mittlerweile kaum besser aus. Einer aktuelle Statistik der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Ernst & Young zufolge ging die Zahl der IPOs weltweit im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um rund ein Drittel auf 284 zurück. Dabei gab es 22 Verschiebungen und 49 Absagen. Das Emissionsvolumen fiel im  dritten Quartal gar um 60 Prozent.

Dass sich dieser Trend schnell umkehrt, ist so leicht nicht zu erwarten. Selbst eine Stabilisierung der Aktienmärkte wird nicht zu einer unmittelbaren Belebung des IPO-Marktes führen. Zu groß ist die eingangs geschilderte Scheu vor etwas Unbekannten samt der dazugehörigen Risiken. Darüber hinaus sind Börsengänge langwierige Projekte, deren Scheitern ein teures Unterfangen bedeuten kann. Entsprechend bedacht sind die Verantwortlichen, nicht zu schnell und somit zu früh auf einen stabilen Markt zu wetten.

Was für Konsequenzen ergeben sich für (Privat-)Anleger? Zum Einen sollten sie die weitere Entwicklung des IPO-Marktes im Auge behalten. Schließlich erhalten sie dort authentische Einblicke in die Investitionsbereitschaft und Risikofreude der wichtigen Investoren. Darüber hinaus können in einer ersten Phase der Stabilisierung interessante Chancen liegen. Denn die ersten „Eisbrecher-IPOs“ werden mit ordentlichen Preisdiscounts einher gehen. Diese können sich mutige Anleger dann entsprechend zu Nutze machen.

© 6. Oktober 2011/Roger Peeters

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der „Platow Börse“ und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm ‚Finde die richtige Aktie – ein Profi zeigt seine Methoden‘ im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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