Peeters: "Wann und weshalb starten die Märkte durch?"


Peeters

9. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). An allen großen Finanzplätzen dominieren die Bären. Auch wenn es in der Wochenmitte zu einer durchaus nennenswerten Gegenbewegung an den Aktienmärkten gekommen ist, die etwa beim deutschen Leitindex DAX zu einem Tagesplus von 4 Prozent geführt hat, herrschen an den Börsen weiterhin die Molltöne vor. Zu groß ist die Angst vor einem wirtschaftlichen Abschwung auch im Musterland der vergangenen Jahre, Deutschland. Zu sehr lastet über allem die Sorge vor einer Fortsetzung der Finanzkrise sowie einem Zusammenbruch der Finanzen eines der zahlreichen hoch verschuldeten Staaten.

Mit einem Blick in die Geschichtsbücher, der Analyse von vielen kritischen Zahlen (insbesondere hinsichtlich der Schuldensituation) sowie dem Blick auf dem Kalender (vor uns liegen der traditionell schwache September sowie der hochvolatile Oktober), lassen sich schnell viele Szenarien ausmalen, nach denen die Märkte nun erst Recht in die Knie gehen werden. Diese Nervosität ob des bereits geschehenen Einbruchs sowie die Angst vor dem, was da noch kommen kann, hat eine lähmende Wirkung auf Investoren.

Da die wenigen noch boomenden Assets wie beispielsweise das weiter haussierende Gold auch nur begrenzt verfügbar sind (was wiederum deren Hausse weiter anfeuert), häuft sich immer mehr Kapital in den als „sichere Häfen“ wahrgenommenen Anlageformen an. Zu nennen sind hier die Staatsanleihen großer Schuldner wie den USA oder Deutschland sowie schlichte Tagesgeldkonten. Cash scheint für die riesigen Anlegergruppen King zu sein und nichts anderes als eine in Kauf genommene faktische Negativverzinsung (nach Inflation) zeigt deutlicher, dass die Investoren noch kein Ende der Abwärtsbewegung erkennen.

Diese Vorsicht ist nachvollziehbar, auch aus technischer Sicht. Denn die Chartbilder sehen tatsächlich in den günstigeren Fällen angeschlagen, mitunter jedoch katastrophal aus. Das alleine mahnt sicher viele potenzielle Investoren zur Vorsicht. Somit bleibt zu konstatieren, dass es zurzeit nicht wenige kritische Punkte an den Märkten gibt: Die angesprochene Technik, einen Käuferstreik, der sich in Riesen-Cash-Beständen entlädt, fundamentale Risiken wie die Schuldenberge in der westlichen Welt oder auch schlicht die Saisonalität mit den schwachen Wochen vor uns.

Bleibt im Umkehrschluss die Frage, was denn für eine Wende spricht. Nun, durchaus auch die gerade genannten Fakten, lediglich anders interpretiert. Etwa die Technik, denn die steilen Abstürze sorgen für große Gaps nach einer Trendumkehr. Durchaus auch die hohen Cash-Bestände, denn sie zeigen das Potenzial künftiger Käufer. Gleiches gilt für den Käuferstreik, denn pessimistische Stimmungen sind eine gute Grundlage für anziehende Märkte. Die fundamentalen Risiken sind gegeben, aber die Bekämpfung der Probleme birgt oft einen Impuls für die Märkte. Auch die Saisonalität lässt sich anders lesen, schließlich sind die schwächsten Wochen des Jahres ja fast schon vorbei.

Fazit: Es mangelt durchaus nicht an Grundlagen für zumindest eine deutliche Gegenbewegung. Diese kann sehr wohl auch schnell eintreten und hat nicht zuletzt auf Grund der Vielzahl von Anlegern, die den Märkten bereits den Rücken gekehrt haben, auch Potenzial. Was jedoch fehlt ist der sprichwörtliche zündende Funke. Dieser kann sowohl in Form eines fundamentalen Befreiungsschlags als auch in Form eines abschließenden Ausverkaufs eintreten. Man darf gespannt sein, welche der beiden Möglichkeiten die Märkte in diesem Herbst 2011 prägen wird.

© 9. September 2011/Roger Peeters

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der „Platow Börse“ und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm ‚Finde die richtige Aktie – ein Profi zeigt seine Methoden‘ im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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