Peeters: Was ist Apple ohne Steve Jobs wert?


Peeters

26. August 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Was ist der in den vergangenen Jahren ungeheuer erfolgreiche Computerkonzern Apple ohne seinen Gründer und langjährigen Frontmann Steve Jobs eigentlich wert? Diese Frage haben sich Investoren in den vergangenen Jahren immer wieder gestellt und seit Donnerstag früh haben sie auch eine recht belastbare Antwort. Gemessen an der Marktkapitalisierung ist Apple ohne Jobs um einige Milliarden US-Dollar niedriger gepreist als mit ihm. Was als absolute Zahl noch recht hoch klingt, verläuft sich objektiv angesichts der gigantischen Marktkapitalisierung der Gruppe. Anders gesagt: Es scheint, dass die Börse den Verlust des zurück getretenen Machers gelassen aufnimmt.

Das war kein Selbstläufer. Zwar ist das nun eingetretene Szenario angesichts des doch wohl eher unsteten gesundheitlichen Befindens von Jobs immer wieder angedacht bzw. erwartet worden, doch liegt erst jetzt Gewissheit vor. Und bis zu seiner letzten Amtshandlung hat Jobs deutlich ausgestrahlt, dass er die Zügel in der Hand hält, was bei einem erfolgreichen Konzern wie Apple fast schon zwangsläufig zu hoher Anerkennung von außen führt.

Eine solche Popularität und Bewunderung gegenüber den Firmenlenkern ist ganz objektiv gesehen Segen und Fluch zugleich für ein börsennotiertes Unternehmen. Denn zum Einen kann eine Firma mit einem charismatischen Lenker, der gut bei potenziellen Geldgebern ankommt, schlichtweg besser punkten, also einen vergleichsweise höheren Marktwert erzielen. Andererseits entsteht so auch eine Abhängigkeit von Firmen, welche mitunter zig Tausende Menschen beschäftigen, von einzelnen Personen.

Doch ist dieses Spannungsverhältnis kein Produkt der heutigen Zeit. Seit jeher schon messen etwa große institutionelle Investoren dem persönlichen Eindruck von Vorständen, den sie in Hintergrundgesprächen gewonnen haben, einen hohen Wert bei. Wer auf Roadshows stark performt, Dynamik und Handlungswillen ausstrahlt und sich selbst klare Ziele vorgibt und diese einhält, kann oftmals auch kleinere und mittlere Schwachstellen im Zahlenwerk oder im Geschäftsmodell übertünchen. Das geht jedoch nur so lange gut, wie der Lenker selbst am Steuer sitzt. Dieser Goodwill ist nicht ohne weiteres übertragbar. Potenzielle Nachfolger fangen dann oft wieder nahe Null an.

Diese „Personalisierung“ hat sich in heutigen Zeiten durchaus verstärkt. Denn bekamen früher nur ausgewählte Großanleger einen Vorstandschef präsentiert, sorgen Internet, TV oder Smartphones heutzutage dafür, dass auch breite Anlegermassen sich zumindest indirekt ein gutes Bild vom Mann oder der Frau an der Konzernspitze machen können. Dies kann bei entsprechender Popularität durchaus dazu führen, dass es einen spürbaren Bonus im Marktwert gibt, der sich jedoch schnell verflüchtigen kann.

Unternehmen sollten dies jederzeit bedenken und stets darauf achten, ihre Führungskompetenz in der Breite darzulegen. Im Fall Apple ist dies schlussendlich wohl erfolgreicher gelungen als zuletzt gemutmaßt wurde. Doch auch Anleger sollten angesichts dieser Abhängigkeit mit Ruhe und Vorsicht agieren und Aktien nicht nur deshalb kaufen, weil der Vorstand sie überzeugt. Denn sollte dieser aufhören, geht mit ihm auch oftmals ein Stück des Börsenwerts.

© 26. August 2011/Roger Peeters

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der „Platow Börse“ und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm ‚Finde die richtige Aktie – ein Profi zeigt seine Methoden‘ im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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