Peeters: "Wo ist der Rettungsanker für die Märkte?"


Peeters

23. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Andauernd groß bleiben die Sorgen an den Kapitalmärkten. Selbst „Helikopter-Ben“, wie der Chef der US-amerikanischen Notenbank, Ben Bernanke, süffisant genannt wird, konnte auf der mit Spannung erwarteten zweitägigen Sitzung des Präsidiums der wohl mächtigsten Notenbank der Welt keinen positiven Einfluss auf die Märkte ausstrahlen. Die getätigten Ankündigungen, etwa über eine Umschichtung von kurz- in langfristige Anleihen, konnten nicht zuletzt auf Grund der im Vorfeld zu hohen Erwartungshaltung keine positiven Impulse an den Märkten geben.

Viel stärker rückten pessimistische Aussagen zur Konjunktur in den Mittelpunkt. Weiterhin sind weltweit die Sorgen vor einer „Finanzkrise reloaded“ gewachsen. Stetig neue Gerüchte über versteckte Risiken in diversen Bankbilanzen schlagen ebenso ins Kontor wie Abstufungen durch Rating-Agenturen, die es zuletzt für Kreditinstitute etwa in Italien oder den USA zu Hauf gab.

Das Verheerende an den Problemen im Finanzsektor ist die „Ansteckungsgefahr“. Wie bereits in der Finanzkrise gesehen, können sich „toxische“ Papiere schnell verbreiten, weil jedes Institut mit Problemen wiederum zu einem Problem der Partner wird, von denen es selbst Geld geliehen hat. Ein externer Impuls, etwa ein Haircut bei Griechenland-Anleihen, würde sich in der Konsequenz somit durch viele Bankbilanzen ziehen.

Die Gretchenfrage für die Konjunktur ist die, ob und wie schnell sich die Probleme des Finanzsektors auch auf die Realwirtschaft ausbreiten. Dass der Finanzsektor Probleme hat und viele Staatsfinanzen marode sind, ist Fakt. Dass aber die vor allem in Deutschland gut laufende Konjunktur steil in den Abgrund stürzt ist wiederum Spekulation.

Womit wir wieder an der Börse sind: Kursbewegungen an den Märkten werden momentan sehr stark durch Makro-Faktoren oder auch durch die Angst vor einer weiteren Verschlechterung des „Big Pictures“ geprägt. Der Konsens ist immer stärker der, dass es rundum schlechter wird. Die Angst scheint umfassend: Am Donnerstag wurden auch Rohstoffe und Gold verkauft, Aktien und die meisten Anleihen ohnehin.

Bei so viel Angst und Panik sind ohne Frage auch Chancen gegeben, wobei es sehr schwer fällt eine logische Preisuntergrenze etwa für den DAX auszuloten. Gemessen am Buchwert sollte diese nicht mehr so weit entfernt sein. Gemessen an den Gewinnen überwiegen die Fragezeichen immer mehr, zumal es Spekulation ist, ob wir 2012 einen umfassenden Einbruch bei den Unternehmensgewinnen sehen oder ob es vielleicht doch nicht so schlimm kommt.

Einige Aufschlüsse werden hier jedoch die Zahlen zum dritten Quartal geben. Denn wo das Geschäft spürbar an Dynamik verliert, werden die Unternehmen jetzt ihre Anteilseigner warnen. Sicher wird die negative Stimmung auch viele Firmenlenker vorsichtig agieren lassen, doch sprechen Bilanzen und Auftragsbücher eine ehrlichere Sprache als etwa Stimmungsumfrage unter aufgeregten Börsianern.

Deshalb sollten Anleger sich unter dem Strich drauf freuen, wenn in wenigen Wochen die Quartalssaison beginnt. Zwar ist es vermessen, hier eine Flut an prosperierenden Ausblicken zu erwarten, doch sind starke Unternehmenszahlen momentan wohl das, was am Ehesten die Baisse stoppen kann. Wenigstens sollte mit den Zahlen mehr Transparenz in den Markt kommen, was wiederum die Unsicherheit ein Stück weit drosselt. Das wäre schon mal ein Anfang.

© 23. September 2011/Roger Peeters

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der „Platow Börse“ und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm ‚Finde die richtige Aktie – ein Profi zeigt seine Methoden‘ im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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