Rohstoffe: Anleger erwarten steigende Erdgas- und Silberpreise

26. Oktober 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die anhaltende Diskussion über ethische Aspekte des Handels mit Agrar-Rohstoffen erreicht nun auch Anleger. „Erste Käufer interessieren sich gezielt für marktbreite ETCs, die landwirtschaftliche Rohstoffe ausschließen“, berichtet Florian Perini. Zuletzt hat die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch das Thema in den Vordergrund gerückt und in einer PR-Aktion mit dem Credo „Hände weg vom Acker, Mann“ Josef Ackermann aufgefordert, die Beteiligung der  Deutschen Bank an der Spekulation mit Nahrungsmitteln zu stoppen. Medien zufolge hat Ackermann mit der Ankündigung einer gründlichen Überprüfung des Themas und gegebenenfalls entsprechenden Konsequenzen reagiert.

„Auch auf Druck des französischen Präsidenten Sarkozy ist die EU in dieser Angelegenheit im vergangenen Jahr bereits aktiv geworden“, weiß Perini. Mit dem nun vorliegenden Richtlinienentwurf soll die Spekulation von Lebensmitteln eindämmt und teilweise ganz unterbunden werden“, bemerkt der Händler von Flow Traders. Eingebunden würden die Regeln nach Verabschiedung in die bestehende europäische Finanzmarktregulierung MiFID, kurz für „Markets in Financial Instruments Directive“.

Die Politik gibt den Ton an

Das Hauptaugenmerk richteten Rohstoffanleger derzeit indes auf das politische Parkett rund um den EU-Gipfel und die Rettung des Euros. „Die Risikoneigung der Rohstoffinvestoren verändert sich beinahe täglich, abhängig von der politischen Nachrichtenlage“, beobachtet ETF Securities. Auch sei die Reaktion auf den Rückgang des Wirtschaftswachstums Chinas auf 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr überzogen ausgefallen. Das strukturelle Wachstum in den Schwellenländern werde vermutlich mittelfristig die Rohstoffnachfrage treiben. „Auf kurze Sicht kann die sich anbahnende Abkühlung der europäischen Konjunktur die Risikobereitschaft beim Anleger reduzieren“, beschreibt der größte europäische Anbieter von verbrieften Rohstoffen, so genannten ETCs.

Abwärtsrisiken für Ölpreise bestehen


Weinberg

Den Höhenflug beim Ölpreis zum vierten Tag in Folge begründet Eugen Weinberg mit der Erwartungshaltung an die Ergebnisse des am heutigen Mittwoch anstehenden EU-Gipfels. Der Ölpreis für ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete am Morgen 111,25 US-Dollar, ein Fass der US-Rohölsorte WTI stieg mit 93,42 US-Dollar auf den höchsten Wert seit Anfang August. Diese Vorschusslorbeeren für einen schlüssigen Fahrplan aus der Eurokrise hält der Rohstoffspezialist der Commerzbank für überzogen. „Auch deshalb bestehen für den Preis des schwarzen Goldes Abwärtsrisiken“, gibt Weinberg zu bedenken.

Preisstützend wirke die Verringerung der Lagerbestände in den USA um 25 Prozent seit dem Rekordniveau aus dem Frühjahr. Zudem könnte der Wirbelsturm Rina, der nach aktuellen Berechnungen zum Ende der Woche den Golf von Mexiko erreichen werde, zu vorübergehenden Produktionsausfällen führen. Der Preis der Sorte Brent werde dagegen von der Abschwächung der Nachfragedynamik in Asien zurückgehalten. Auch in Japan, dem weltweit drittgrößten Ölverbrauchsland, seien die Ölimporte im September um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahr habe such China im dritten Quartal 1,6 Prozent weniger Öl eingeführt und importiere zudem weniger Ölprodukte.

Öl-ETCs werden abgestoßen

Im Handel signalisieren Anleger in der dritten Woche in Folge bearishe Erwartungen an den Ölpreis. ETF Securities berichtet von Rückflüssen auf Wochensicht im Wert von insgesamt 15,8 Millionen US-Dollar beim ETFS Crude Oil (WKN A0KRJX) und beim ETFS Leveraged Oil (WKN A0V9YX). Acht Millionen US-Dollar stärker präsentiere sich zudem der ETFS Short Crude Oil (WKN A0V9XY), mit dem Investoren an fallenden Kursen partizipieren.

Winter hebt Erwartungen für Erdgas

Mit Preissteigerungen rechnen Anleger aber scheinbar bei Erdgas. Von einem Kaufüberhang berichtet Florian Perini etwa bei den Erdgas-ETCs ETFS Natural Gas (WKN A0KRJ3) und ETFS Leveraged Natural Gas (WKN A0V9Y3). Seit drei Wochen gebe es Zuflüsse in die verbrieften Erdgas-Engagements im Wert von insgesamt 21,7 Millionen US-Dollar, wie ETF Securities berichtet. Die Erdgaspreise wären zuletzt gefallen, nun steht aber der Winter vor der Tür. „Anleger positionieren sich für die zu erwartenden wetterbedingten Preisschübe“, vermuten die Analysten.

Silber strahlt

Der Rutsch des Silberpreises von über 21 Prozent im vergangenen Monat löst bei Anlegern gegenwärtig Kauflust aus. ETF Securities berichtet von erhöhter Nachfrage etwa beim ETFS Silver (WKN A0KRJ5) und beim ETFS Physical Silver (WKN A0N62F). Unterm Strich seien Silber-ETCs um 50 Millionen US-Dollar in den vergangenen drei Wochen auf insgesamt 1,6 Milliarden US-Dollar gewachsen. „Der Preis des Edelmetalls scheint sich um die 31 US-Dollar pro Feinunze einzupendeln“, erkennt ETF Securities.

Gold verblasst

Wenig Interesse zeigten Anleger in der vergangenen Handelswoche an Gold, für das ETF Securities Abflüsse von 15,8 Millionen US-Dollar registriert. Investoren trennten sich tendenziell etwa vom ETFS Physical Gold (WKN A0N62G), vom ETFS Physical Swiss Gold Securities (WKN A1DCTL) und vom ETFS Gold (WKN A0KRJZ). Unmittelbar vor dem EU-Gipfel hat der Goldpreis dennoch deutlich zugelegt und ist zwischenzeitlich über die Marke von 1.700 US-Dollar auf den höchsten Stand seit etwa fünf Wochen geklettert. „Das Edelmetall gewann mehr als 3 Prozent, nachdem das für heute geplante Treffen der EU-Finanzminister kurzfristig abgesagt wurde“, erklärt Weinberg den schnellen Anstieg. Fälschlicherweise sei dies von einigen Marktteilnehmern in einer ersten Reaktion auch als Absage des gesamten EU-Gipfels gewertet worden. „Erst im späteren Handelsverlauf legte sich die Aufregung wieder.“

© 26. Oktober 2011/Iris Merker