Rohstoffe: Anleger setzen auf Gold

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18. November 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach den Terroranschlägen in Frankreich scheinen Anleger uneins hinsichtlich der Auswirkungen auf die Rohstoffmärkte. „Bei Gold hat es einen neuen Tiefstwert gegeben und Silber steht kurz davor, unter das Tief vom August zu fallen“, beobachtet Christoph Geyer von der Commerzbank. Damit bleibe eine nachhaltige Flucht in Edelmetalle bislang aus.

„Die Folgen für die Edelmetallmärkte werden sicher erst langsam erkennbar“, meint Volker Skowsky von Heraeus. Noch stünde nach den US-Arbeitsmarktzahlen und der Währungsschwäche in Europa die immer wahrscheinlicher werdende erste US-Leitzinserhöhung seit knapp zehn Jahren im Vordergrund.

„Überangebot, US-Zinswende und El Niño bleiben die drei großen Sorgenkinder der Rohstoffmärkte“, fasst Ole Hansen von der Saxo Bank zusammen. Während Letzterer einige wenige Agrarrohstoffe gestützt habe, hätten die anderen den Bloomberg Rohstoffindex auf ein neues 16-Jahres-Tief gedrückt.

Gold fiel wieder auf die Tiefstände aus dem dritten Quartal zurück und notiert mit 1.070 US-Dollar pro Feinunze auf Monatssicht rund 100 US-Dollar leichter. „Gold wird in den kommenden Wochen weiter sensibel auf Daten und Schlagzeilen zur US-Zinswende reagieren“, prognostiziert Hansen. Bis Klarheit bezüglich der Fed-Sitzung am 16. Dezember herrsche, sieht der Analyst kaum Kaufanreize für Anleger. Für Skowsky ist ein Rückgang des Goldpreises bis auf 1.040 US-Dollar im Vorfeld der Zinsentscheidung vorstellbar, auch wenn die Zinswende inzwischen weitestgehend eingepreist sei.

Anleger greifen zu Gold-ETCs

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Hansen

So mancher Anleger erkennt im nachgebenden Goldpreis offenbar eine gute Gelegenheit zum Einstieg. ETF Securities verbucht die neunte Woche in Folge Zuflüsse bei Produkten wie ETFS Physical Gold (WKN A0N62G), ETFS Gold (WKN A0KRJZ) und ETFS Leveraged Gold (WKN A0V9YZ). Martin Arnold von ETF Securities sieht in den Währungsbewegungen zwischen US-Dollar und Euro den Hauptgrund für die gestiegene Nachfrage. Denn auf Eurobasis könne sich die Gold-Performance mit einem Plus von 3,6 Prozent seit Jahresbeginn durchaus sehen lassen.

„Investoren nutzten die Euroschwäche und positionierten sich in Gold ETCs“, beschreibt auch Marcel Sattler. Käufe stünden zudem bei Silberprodukten wie ETFS Physical Silver (WKN A0N62F) im Vordergrund. Für den Händler der ICF Bank könnten sich die in Aussicht gestellten zusätzlichen geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank für in Euro engagierte Goldanleger positiv auswirken.

Bei Öl scheiden sich die Geister

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Sattler

Kunden der ICF Bank erwarten tendenziell steigende Ölpreise, wie Sattler meldet. Besonders häufig zum Zuge kämen Ölprodukte wie ETFS Brent 1 month (WKN A0KRKM), ETFS Daily Euro Hedged Brent Crude (WKN A1NZLM) und ETFS Brent Crude (WKN A1N49P).

Ein gemischtes Bild vom Handel mit Ölprodukten zeichnet ETF Securities. WTI-ETCs (WKN A0KRJX, A0V9YX), die von steigenden Notierungen profitieren, hätten in der vergangenen Woche unterm Strich Anlegergelder in Höhe von 46,4 Millionen US-Dollar erhalten. Brent-Werte (WKN A1N49P) seien 10,9 Millionen US-Dollar schwerer. In den vergangenen fünf Wochen addierten sich die Nettozuflüsse bei Long-Ölprodukten damit auf 174,3 Millionen US-Dollar. Gleichzeitig setzten Investoren mit dem Kauf des ETFS Short Crude Oil (WKN A0V9XY) auf weiter nachgebende Kurse. Mit einem Plus in Höhe von 13,5 Millionen US-Dollar habe das Produkt den höchsten Stand seit 2011 markiert.

Lagerbestände bleiben prall gefüllt

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Weinberg

Zu den Auswirkungen der Terroranschläge auf den Ölmarkt lassen sich nach Ansicht von Eugen Weinberg keine eindeutigen Aussagen treffen. „Die verstärkten Luftangriffe Frankreichs gegen Stellungen des IS in Syrien erhöhen sicherlich die geopolitischen Risiken“, urteilt der Rohstoffanalyst der Commerzbank. Weinberg hält es aber für unwahrscheinlich, dass dadurch die Ölproduktion in den Nachbarländern beeinträchtigt wird. „Die Internationale Energieagentur IEA sieht den Ölmarkt reichlich versorgt.“

Trotz eines Nachfrageanstiegs um fast zwei Millionen Barrel pro Tag seien die Ölvorräte in den OECD-Ländern Ende September auf ein Rekordniveau von fast drei Milliarden Barrel gestiegen. „Die IEA spricht angesichts der hohen Lagerbestände von einem beispiellosen Puffer gegen geopolitische Schocks und unerwartete Angebotsausfälle.“ Zwar rechneten Experten mit einem höheren Ölbedarf im kommenden Jahr. „Bis dahin dürften die Lagerbestände allerdings weiter steigen und merklich höheren Preisen zunächst entgegenstehen“, urteilt Weinberg.

Die Saxo Bank erwartet für Brent nachgebende Notierungen bis in die Nähe des August-Tiefs von 42,23 US-Dollar und sieht WTI auf einem Niveau von etwa 40 US-Dollar pro Barrel. Im vergangenen Monat verlor das Nordseeöl Brent von knapp 49 auf 44,42 US-Dollar pro Barrel. WTI gab von 46,55 auf 42,34 US-Dollar nach. „Sollte das Überangebot auf den globalen Ölmärkten auch in 2016 bestehen bleiben, dürfte sich eine Preiserholung weiter verzögern.“

Die Breite überzeugt

Generell stehen nach Angaben Sattlers marktbreite Investments wie der Euro Hedged All Commodities Basket (WKN A1NZLK) bei Anlegern hoch im Kurs und in Summe auf den Einkaufslisten. Bei ETF Securities verzeichnen Rohstoff-Körbe wie der ETFS All Commodities (WKN A0KRKC) auf Monatssicht ein leichtes Plus in Höhe von 0,9 Millionen US-Dollar.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG, © 18. November 2015