Rohstoffe: Gold mit neuem Rekordhoch

20. April 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Wachstumsdämpfung durch Ölpreisschock und der Katastrophe in Japan, restriktive Fiskalpolitik selbst in den USA und eine auch in den westlichen Industrieländern weniger expansive Geldpolitik trüben das makroökonomische Umfeld für Rohstoffe insgesamt.

Größere Abwärtsrisiken entdeckt zumindest die Hessische Landesbank, kurz Helaba, im Zusammenspiel von Zinserhöhungen und dem möglichen Ende der Politik des lockeren Geldes in den USA. Bereits gebremst durch die hohen Preise sei die Realnachfrage nach Öl. „Deshalb sind die Lagervorräte derzeit gut gefüllt und die OPEC rechnet bereits mit einer Überversorgung mit Öl“, berichtet Helaba Analyst Heinrich Peters. Eine schwächere Nachfrage nach Rohstoffen insgesamt unterschreibt auch die Investmentbank Goldman Sachs, die eine Umkehr des Aufwärtstrends bei den Preisen vieler Rohstoffe vorhersagt.

Edelmetalle sind davon der Commerzbank zufolge nicht betroffen. Insbesondere für Gold bestehe weiterhin ein intaktes Umfeld. Trotz bereits hohem Preisniveau begünstigten Faktoren wie der Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar, Inflationsrisiken und der Zweifel am Schuldenmanagement der Industrieländer eine Fortführung der positiven Entwicklung bei Edelmetallen.

Zumindest aktuell bestätigt wird dies im ETC-Handel. „Hauptthemen sind Gold und Silber“, meldet Bernardus Roelofs von Flow Traders. Obwohl überwiegend Käufer unterwegs seien, gebe es aber auch Anleger, die ihre Gewinne sicherten.

Gold knackt die 1.500 Dollar-Marke

Weinberg
Weinberg

Sicherheit und Schutz vor Inflation sollen Gold und Silber auch in Zukunft bieten. Das zumindest glauben Commerzbank und Helaba. In einer aktuellen Analyse gehen die Rohstoffanalysten der Commerzbank von einem weiterhin positiven Umfeld für die Entwicklung der beiden Edelmetalle aus. Vor allem in Euro gerechnet gebe es noch Potenzial nach oben.Zum einen befinde sich der US-Dollar in einer Schwächephase, so dass die Kurssteigerungen der vergangenen Wochen in der europäischen Währung kaum sichtbar gewesen seien. „Denn während Gold die 1.500 US-Dollar Marke pro Feinunze knackte, bewegte sich die Preisspanne in Euro in den vergangenen zwei Monaten stabil zwischen 1.000 und 1.050 Euro pro Feinunze“, analysiert Eugen Weinberg. Das Kräfteverhältnis dieser beiden Währungen könnte sich auch wieder verschieben.

Unterstützungsfaktor Nummer zwei seien die Inflationsrisiken. Zukünftig weiter steigenden Teuerungsraten und derzeit nur bedingt Erfolg versprechende Bemühungen der Zentralbanken, die Geldpolitik zu straffen zementierten die Rolle von Gold als sicheren Hafen. „Auch werden vermutlich erste Zinserhöhungen der US-Zentralbank zu moderat ausfallen, um an der Attraktivität von Gold zu kratzen“, glaubt Weinberg.

Gute Aussichten für das edle Metall unterstreicht die Helaba. Das Streben nach einer wertstabilen Anlage bliebe insbesondere durch die anhaltenden Inflationsgefahren vermutlich hoch. „Auch die Erholung der Schmucknachfrage sorgt für Auftrieb“, erkennt Peters. Die psychologisch wichtige Marke von 1.500 US-Dollar je Feinunze sieht der Helaba Analyst schnell nachhaltig überschritten. Zum Jahresende prognostiziert er einen Preis von 1.600 US-Dollar pro Feinunze Gold.

Gold-ETCs mit Rekordzuflüssen

Roelofs
Roelofs

So meldet auch ETF Securities überwiegend Zuflüsse bei physischen Exchange Traded Commodities. In acht der zehn vergangenen Wochen sei dies der Fall gewesen, geht aus dem aktuellen Wochenbericht des größten europäischen Anbieters von ETCs hervor. Allein in der Vorwoche seien mit physischem Gold hinterlegte Wertpapiere im Wert von über 100 Millionen US-Dollar zusätzlich bei Anlegern im Portfolio gelandet. Das stelle den größten Zufluss auf Wochenbasis seit 34 Monaten dar. Potenzielle Verluste bei Risikoanlagen wie Aktien identifizieren die Rohstoffexperten von ETF Securities als Hauptursache für das wieder steigende Interesse an der Sicherheitswährung Gold.

Insgesamt registrieren Flow Traders und ETF Securities reges Interesse an Gold-ETCs. Gesucht sei etwa der ETFS Physical Swiss Gold Securities (WKN A1DCTL). Mehr Zu- als Abflüsse habe auch der Gold Bullion Securities (WKN A0LP78) und die physischen Werte ETFS Physical Gold (WKN A0N62G) und db Physical Gold ETC Securities (WKN A1E0HR). Investoren legen sich zudem den ETFS Physical Silver (WKN A0N62F) und ETFS Silver (WKN A0KRJ5) in Depot.

Einen Kaufüberhang gebe es ebenfalls für den mit physischem Palladium hinterlegten ETFS Physical Palladium (WKN A0N62E) und ETFS Physical Platinum (WKN A0N62D). Letzerer ist mit physischem Platin hinterlegt. „Bei Abflüssen, die es für Goldwerte auch gibt, überwiegt der Wunsch Gewinne mitzunehmen“, beobachtet Berardus Roelofs.

Basismetalle gefragt

Bei den Basismetallen gehen die Ansichten der Helaba Analysten und der Anleger offenbar derzeit auseinander. Ein Anstieg der Nachfrage für Industriemetalle würde vor allem durch die restriktive Geldpolitik Chinas erst einmal unwahrscheinlich, glaubt Heinrich Peters. „Denn für das Regime in Peking hat die Inflationsbekämpfung offensichtlich höchste Priorität.“ Er halte eine Wette auf das baldige Ende der straffen Geldpolitik für gewagt, weshalb ein Anheben der Nachfrage nach Industriemetallen aus seiner Sicht auf sich warten lassen würde.

Anders beurteilen dies offenbar viele Anleger. Rekordzuflüsse in Höhe von insgesamt 59 Millionen US-Dollar verzeichnet ETF Securities in dieser Woche bei Industriemetallen. Besonders gefragt seien etwa der ETFS Industrial Metals (WKN A0KARKG) und der gehebelte ETFS Leveraged Industrial Metals (WKN A0V9YM). Tendenziell einen Abgabeüberhang registriert Flow Traders dagegen für den breiter aufgestellten ETFS All Commodities (WKN A0KRKC).

© 20. April 2011/Iris Merker