Rohstoffe: Industriemetalle mit Preisdruck nach oben

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12. Dezember 2012. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Goldeuphorie hat sich etwas gelegt, zumindest in Europa. Mit der Beruhigung in der Eurokrise sinkt auch die Nachfrage nach der Fluchtwährung, der Preis tritt auf der Stelle. Zugelegt haben hingegen die in diesem Jahr zunächst deutlich billiger gewordenen Industriemetalle. Die chinesische Wirtschaft scheint nämlich wieder Fahrt aufzunehmen, die jüngsten Zahlen fielen überraschend gut aus.

„Verbesserte Konjunkturdaten aus China haben Industriemetallen in den letzten Wochen zu einer starken Preissteigerung verholfen, wohingegen Energiewerte zu den schwächsten Rohstoffen gehörten“, erklärt Ole Hansen von der Saxo Bank. Ursache für die schwache Wochen-Entwicklung von Brent, Heizöl, Gasöl und Benzin seien die vollen Lager.“

Nach einem für die Rohstoffe insgesamt eher seitwärts gerichtetem Jahr 2012 – der Rohstoffindex S&P GSCI befindet sich etwa auf dem Niveau von Anfang Januar – prognostizieren viele Analysten für das kommende Jahr wieder anziehende Preise: „Die Konjunktur wird sich besser entwickeln als bislang erwartet“, meint etwa Eugen Weinberg von der Commerzbank. Für China sieht er spätestens ab dem zweiten Quartal 2013 wieder hohe Wachstumsraten. „Das größte Potenzial haben die Industriemetalle, vor allem Kupfer.“

US-Amerikaner setzen weiter auf Gold

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Wenger

Die Feinunze Gold geht heute zu 1.714 US-Dollar über den Tisch, seit zwei Monaten bewegt sich der Preis damit in der Spanne zwischen rund 1.700 und 1.750 US-Dollar. Wie Bernhard Wenger von ETF Securities erläutert, gehen die Ansichten von Amerikanern und Europäern zum Thema Gold im Moment auseinander: Wegen der anhaltenden Haushaltsdebatten werde jenseits des Atlantiks weiter zu Gold als „sicherem Hafen“ gegriffen. „Europäische Investoren schauen hingegen offenbar mehr auf die erwartete Erholung der US-Wirtschaft 2013 und höhere Realzinsen.“ Sie trennten sich vom Gold und setzten stattdessen lieber auf Industriemetalle.

Unter dem Strich waren laut ETF Securities in Gold-ETCs Abflüsse zu verzeichnen, Flow Traders zufolge gab es aber Handel in beide Richtungen. Besonders umsatzstark präsentierten sich an der Börse Frankfurt mit Xetra-Gold (WKN A0S9GB), dem db Physical Gold Euro Hedged (WKN A1EK0G), der nicht währungsgesicherten Version db Physical Gold (WKN A1E0HR), dem ETFS Physical Gold (WKN A0N62G) und dem Gold Bullion Securities (WKN A0LP78) die üblichen Spitzenreiter.

Zentralbankkäufe stützen Goldkurs

„Die mehrfach durch Spekulation ausgelösten Verkaufswellen – und entsprechend fallende Kurse – wurden von Kaufinteresse auf tieferem Niveau gedämpft“, meint Sonia Hellwig von Heraeus. Sie weist außerdem auf die außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Goldmünzen bei der amerikanischen Münzprägeanstalt US-Mint im November sowie Käufe seitens der koreanischen Zentralbank hin. „Dies setzt den Trend der letzten Jahre fort, in denen die Zentralbanken – vor allem in Asien – verstärkt zu Käufern von Gold wurden.“

Die konjunkturelle Belebung sollte zwar keine Auswirkung auf den Goldpreis haben, wie Weinberg bemerkt. Wegen der erwarteten Inflation und Käufen seitens der Zentralbanken werde die Nachfrage aber durchaus hoch bleiben. „Einen starken Anstieg wird es vorerst nicht geben, aber auch keine Schwächephase.“

Platin vor Preisschub?

Andere Edelmetallprodukte wie Silber- und Platin-ETCs (WKN A0N62F, A0N62D) fanden sich ebenfalls auf den Verkaufslisten, wie ETF Securities registriert hat. Nach Einschätzung von Wenger könnte Platin allerdings vor einer Preiserhöhung stehen: „Der südafrikanische Energieversorger Eskom hat die Platinminen vor Angebotsengpässen bei der Stromversorgung gewarnt. Bei der letzten Warnung dieser Art im Jahr 2008 stieg der Platinpreis innerhalb von nur fünf Monaten um 62 Prozent auf das Allzeithoch von 2.250 US-Dollar je Unze.“ Davon ist der aktuelle Preis bei 1.640 US-Dollar allerdings weit entfernt. In diesem Jahr bewegte sich die Notierung zwischen Spitzenwerten von 1.725 und Tiefstpreisen von 1.385 US-Dollar.

Kupfer holt auf

À propos Kupfer: Während vor einem Monat 7.579 US-Dollar für eine Tonne gezahlt wurden, sind es jetzt 8.147 US-Dollar. Kupfer-ETCs (WKN A0KRJU, A1K3AZ) erlebten ETF Securities zufolge den stärksten Zufluss seit September. Das Industriemetall könnte sich Analysten zufolge noch weiter verteuern: „In diesem Jahr waren Industriemetalle die Rohstoffe mit der schwächsten Entwicklung, im kommenden Jahr werden sie die mit der stärksten sein“, meint Weinberg.

Gemischte Aussichten für Öl

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Weinberg

Wenig Bewegung gibt es derzeit im Öl: Seit Anfang August notiert der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent um 110 US-Dollar, aktuell sind es 107 US-Dollar. Das ist deutlich unter dem Jahreshöchstkurs bei 127 US-Dollar von Anfang März, aber auch klar über dem im Juni markierten Jahrestief von unter 90 US-Dollar.

„Auch im kommenden Jahr wird es Aufschläge aufgrund geopolitischer Risiken geben“, meint Weinberg. Trotz der Jubelmeldungen über die neue Energiemacht USA bleibt die Lage dem Analysten zufolge fragil. „Die OPEC ist nach wie vor bestimmender Faktor für den Energiepreis.“ Am heutigen Mittwoch kommt die Organisation erdölexportierender Länder OPEC in Wien zusammen, um über die Fördermengen zu beraten. Mit Veränderungen wird allerdings nicht gerechnet. In Brent-ETCs (WKN A0KRKM) wurden ETF Securities zufolge zuletzt beide Seiten gespielt, Flow Traders meldet eher Abgaben im ETFS Brent, im ETFS WTI Crude Oil (WKN A0KRJX) und im ETFS Leveraged WTI Crude Oil (WKN A0V9YX).

Kein Interesse an Rohstoff-ETFs

Breit streuende Rohstoff-ETFs wurden im Übrigen eher abgestoßen, wie Florian Perini von Flow Traders festgestellt hat (WKN A0JC8F, A0H072, A0EAZC, DBX1LC).

© 12. Dezember 2012/Anna-Maria Borse