Rohstoffe: Mit Industriemetallen auf der Gewinnerseite

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7. Mai 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Konsolidierung lautet aktuell die Devise an den internationalen Rohstoffmärkten. „Zum ersten Mal seit sechs Wochen haben Rohstoffe Kursverluste erlitten. Gründe dafür sind schwache Produktionszahlen aus China, steigende Öllagerbestände und verbesserte Wetterbedingungen für Nutzpflanzen in den USA“, fasst Ole Hansen, Rohstoffexperte bei der Saxo Bank, die Entwicklung der vergangenen Woche zusammen. Der DJ-UBS-Rohstoffindex verbuchte Verluste in fast allen Sektoren und ist um 1,3 Prozent gefallen.

Martin Siegel, Edelmetallexperte und Geschäftsführer der Stabilitas GmbH, deklariert den gesamten April als „Monat der Konsolidierung“ an den Rohstoffmärkten. Das zeigt sich nicht zuletzt in einer Seitwärtsbewegung beim Gold. Denn nach einem schwachen März hat sich der Preis für das gelbe Edelmetall um 1.300 US-Dollar je Feinunze stabilisiert. „Nach der Aufwärtsbewegung im Januar und Februar und dem Einbruch im März befindet sich Gold in einer Phase der Stabilisierung“, kommentiert Siegel. Am Mittwochmittag notiert die Feinunze bei rund 1.312 US-Dollar, verglichen mit 1.293 Dollar vor zwei Wochen.

Nach wie vor schwebe jedoch das Damoklesschwert der Goldman-Sachs-Prognose von 1.050 US-Dollar pro Feinunze über dem Goldmarkt, die sich unter anderem damit begründe, dass der Preis fallen werde, wenn sich die Ukraine-Krise wieder entspannt.

Abflüsse aus Gold-ETCs

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Wenger

Einen größeren Einfluss auf den Goldkurs haben nach Einschätzung von Siegel jedoch die Mittelabflüsse aus den großen ETCs, wie etwa beim weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares (WKN A0Q27V), dessen Bestände zuletzt auf ein Fünfjahrestief gefallen sind. Auch Bernhardt Wenger von ETF Securities verbucht für die vergangene Woche Abflüsse aus Gold-ETCs von rund 32 Millionen US-Dollar.

Nach Einschätzung von Heinrich Peters, Rohstoffanalyst der Helaba, ist der Bärenmarkt bei Gold noch nicht abgeschlossen. Bislang sei noch keine Kapitulation eingetreten und auch die fundamentalen Bewertungsrelationen sprächen noch nicht für einen tragfähigen Boden. Zudem wirkten die zyklischen Faktoren weiter eher preisdämpfend. „Geldmengenentwicklung und Inflationserwartungen lassen Gold gegenwärtig im Westen kaum als Anlagealternative erscheinen. Andererseits gibt es strukturelle Goldnachfrage aus China aufgrund der dort wachsenden Mittelschicht und des Notenbankinteresses. Auch mit Blick auf das Währungsgeschehen haben aber die westlichen Zentralbanken immer noch den entscheidenden Einfluss auf den Goldpreis“, schätzt Peters den Markt ein.

Gold-Abwärtstrend intakt

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Staud

Und auch aus charttechnischer Sicht fällt der Ausblick für Gold aktuell pessimistisch aus. Bei der Analyse des überlagernden Trends führt laut Wieland Staud, technischer Analyst und Geschäftsführer von Staud Research, an der Erkenntnis kein Weg vorbei, dass „erstens der langfristige Aufwärtstrend schon seit geraumer Zeit gebrochen ist und zweitens die aus einem solchen Trendbruch zu erwartenden Preisabschläge und Kursmuster noch nicht erreicht bzw. ausgebildet wurden.“

Entscheidend sei auch immer, wie ein Kurs auf welche Nachrichten reagiert. „Und da gilt es unverändert zu vermerken, dass der Goldpreis die aktuelle Krise, genauso wie die diversen anderen in den vergangenen beiden Jahren, mehr oder weniger komplett ignoriert hat. Wenn aber eine echte Krise Gold nicht in Schwung bringt – was dann?“, gibt der Charttechniker zu bedenken und geht langfristig von Kursen um 1.000 US-Dollar je Unze aus.

Anlegerliebling Palladium

Industriemetalle und die industriell genutzten Edelmetalle Platin und Palladium stehen bei Investoren hingegen weiter deutlich höher im Kurs. „Der ETFS Physical Palladium (WKN A0N62E), der das Weißmetall physisch hinterlegt, verzeichnete vergangene Woche mit knapp 80 Millionen US-Dollar Rekordmittelzuflüsse. Seit Auflage des Produkts 2007 haben Investoren noch nie innerhalb einer Woche ähnlich stark in den ETC investiert, der heute ein Vermögen von fast einer Milliarde US-Dollar verwaltet“, zeigt sich Wenger beeindruckt.

Insbesondere bei Platin und Palladium deutet nach Einschätzung von ETF Securities vieles auf einen weiteren Kursanstieg hin, da die anhaltenden Arbeitskonflikte in Südafrika und auch Sanktionen gegen Russland, das neben Südafrika mit mehr als 40 Prozent das wichtigste Förderland für Palladium ist, das Angebot weiter verknappen könnten. Gleichzeitig deuten laut Wenger die im April um 8 Prozent gestiegenen Autoverkäufe in den USA auf eine weiterhin starke Nachfrage nach Platin und Palladium hin. „Rohstoffexperten, wie die Beratung GFMS, erwarten daher für Palladium in diesem Jahr ein höheres Defizit als im Vorjahr. Bei Platin rechnen sie damit, dass auf den Überschuss aus dem vergangenen Jahr ein Defizit folgt“, merkt der Experte an.

Siegel sieht Palladium aktuell „als Liebling der Anleger“. Seit Jahresanfang hat das Edelmetall um rund 14 Prozent zugelegt und offenbar ist kein Ende der Rallye in Sicht. „Es gibt gleich drei Gründe für die starke Entwicklung von Palladium. Erstens wird das ohnehin schon kleine Angebot durch die Streiks in Südafrika noch weiter verringert. Zweitens profitiert das Metall von der Ukraine-Krise. Russland ist der weltgrößte Palladiumhändler und sollten sich die Spannungen verschärfen, dürfte das den Preis weiter nach oben treiben. Drittens haben zwei neue Palladium-ETFs aus Südafrika in den vergangenen beiden Wochen rund 12 Prozent der Jahresproduktion aufgekauft und damit das Angebot weiter verknappt“, weiß Siegel.

Nickel bleibt im Aufwärtstrend

Von einer zunehmend knapper werdenden Angebotssituation profitiert weiterhin auch der Preis für Nickel, das hauptsächlich als Legierungsmetall zur Stahlveredelung genutzt wird. So rangiert der ETFS Nickel (WKN A0KRJ4) auf der Umsatzliste der Börse Frankfurt für die vergangenen zwei Wochen direkt hinter Gold und Silber. In den vergangenen vier Wochen hat der ETC um mehr als 11 Prozent an Wert gewonnen. Grund ist das Exportverbot für Roherze in Indonesien: Seit Jahresbeginn 2014 dürfen in Indonesien unverarbeitete Metallerze nur noch in klar geregelten Ausnahmefällen ausgeführt werden. Da die großen westlichen Minenkonzerne in dem wichtigen Förderland aber bisher keine Hüttenwerke besitzen und Erze zur Schmelze praktisch nicht mehr ausführen dürfen, wird das Angebot am Weltmarkt knapper. Seit Beginn des Jahres ist der Preis für Nickel bereits um über 30 Prozent auf rund 18.600 US-Dollar je Tonne gestiegen.

Auch in Kupfer- und Aluminium-ETCs haben Investoren laut ETF Securities zuletzt ihre Positionen um 26 bzw. 20 Millionen US-Dollar ausgebaut. „Offenbar sehen Anleger die jüngsten Kursrückgänge im Gefolge des Einkaufsmanagerindexes für China, der nur leicht schwächer als erwartet ausfiel, als übertrieben an. Unser Research erwartet, dass sich die Sorgen vor einem Überangebot bei den Industriemetallen weiter abschwächen und die Kurse das Potential für weitere positive Überraschungen in diesem Jahr haben“, erläutert Wenger.

Öl tendiert abwärts

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Hansen

Der Ölpreis ist seit dem Hoch Ende April zuletzt unter Druck geraten. Grund ist aus Sicht von Hansen nicht zuletzt das Rekordhoch bei US-Öllagerbeständen. Die Sorte WTI ist zum ersten Mal seit drei Wochen unter den Kurs von 100 US-Dollar pro Barrel gefallen, während Benzin ein Vier-Wochen-Tief erreichte. „Der Spread von der Sorte Brent zu WTI hat sich auf 8,8 US-Dollar pro Barrel ausgeweitet. Brent wird weiterhin von der Ukraine-Krise und den geschlossenen Häfen in Libyen getrieben“, kommentiert Hansen.

Nach Einschätzung der Helaba stehen aber auch für die heimische Nordseesorte die Zeichen aktuell auf Talfahrt. Peters geht davon aus, dass der Markt die geopolitischen Risiken überschätzt, während das Rohölangebot wächst. „Diverse Anbieter der OPEC drehen den Hahn weiter auf. Nicht nur Irak und Libyen, sondern auch der Iran werden mit größeren Mengen als in den vergangenen zwölf Monaten an den Weltmarkt kommen. Die Saudis dürften gleichzeitig ihr Angebot eher hoch halten, um den Russen keine üppigen Preise zu gestatten“, prognostiziert der Analyst. Sobald der Westen und Russland ein Ukraine-Abkommen erzielten, dürften die Brent-Notierungen wieder in Richtung 100 US-Dollar pro Barrel sinken. Das wachsende Angebot spreche jenseits kurzfristiger politischer Prämien für eine Dämpfung der Energiepreise – zumindest auf mittlere Sicht. Vom Hoch bei über 110 US-Dollar Ende April hat der Brent-Preis mittlerweile auf rund 107 US-Dollar je Barrel nachgegeben. Der WTI-Preis ist von 103 auf 99 US-Dollar gesunken.

von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG
© 7. Mai 2014