Rohstoffe: Ratlose Anleger

goldmuenze+schokolade2+188x80.jpg

sengfelder+joerg+120x125.jpg
Sengfelder

31. Juli 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Preisschwäche an den Rohstoffmärkten hat sich auch im ersten Monat des dritten Quartals fortgesetzt. Lediglich für den Goldpreis ging es wieder etwas nach oben. „Von einer echten Erholung kann man nach dem Preisrückgang zuvor aber nicht sprechen“, kommentiert Eugen Weinberg von der Commerzbank.

Nach Ansicht von Heinrich Peters von der Helaba wird der Weltkonjunktur wohl auch im zweiten Halbjahr der nötige Schwung fehlen, um Rohstoffen nachhaltig positive Impulse zu geben. „Vor allem in den noch zu Jahresbeginn als Wachstumsträger gehandelten Ländern haben sich die Perspektiven weiter eingetrübt.“ Zwar könnten geldpolitischen Maßnahmen in China und ein nicht ganz so schneller Abschied von der ultralockeren Geldpolitik in den USA noch stabilisierend auf Rohstoffnotierungen wirken. „Tatsache bleibt aber, dass zumindest bei Energie und Metallen auf absehbare Zeit ein wachsendes Angebot auf eine eher verhaltene Nachfrage treffen wird.“

Im ETC-Handel geht es derzeit eher ruhig zu. „Es ist nicht viel los“, berichtet Jörg Sengfelder von Flow Traders. Ihm zufolge gab es nur in Gold- und Öl-ETCs einen eindeutigen Trend, und zwar einen Kaufüberhang – allerdings bei niedrigen Umsätzen. „Die Investoren sind  an den Rohstoffmärkten weiter in Warteposition“, meint auch Isabella Schmid von ETF Securities. Anleger machten sich Sorgen um das Wachstum in China und die wirtschaftliche Erholung der USA. Schmid zufolge konzentrierte sich das Interesse auf Rohstoffe, die sonst im Schatten von Gold, Öl, Kupfer und Co. stehen – etwa auf Zink.

Gold: Image angekratzt

peters+heinrich+120x125.jpg
Peters

Der Preisrutsch bei Gold scheint – zumindest vorerst – ein Ende gefunden zu haben: Die Feinunze wird am heutigen Mittwoch zu 1.333 US-Dollar gehandelt, vor vier Wochen war die Notierung noch unter 1.200 US-Dollar und damit den tiefsten Stand seit knapp drei Jahren gefallen. Seit Anfang des Jahres ergibt sich allerdings immer noch ein Minus von knapp 20 Prozent.

Für die vergangene Woche meldet ETF Securities unter dem Strich Abflüsse aus Gold-ETCs, etwa aus dem ETFS Physical Gold (WKN A0N62G) und dem Gold Bullion Securities (WKN A0LP78) – allerdings auf niedrigem Niveau. Laut Sengfelder positionierten sich Anleger hingegen überwiegend. Auf den Umsatzlisten der Börse Frankfurt für die vergangenen zwei Wochen stehen Edelmetallverbriefungen weiter ganz oben, konkret Xetra Gold (WKN A0S9GB), der db Physical Gold Euro Hedged (WKN A1EK0G), der ETFS Physical Silver (WKN A0N62F), der ETFS Euro Daily Hedged Physical Gold (WKN A1RX99) und der ETFS Physical Gold.

weinberg+eugen+120x125.jpg
Weinberg

„Die US-Notenbank ist zuletzt verbal zwar deutlich zurückgerudert, damit hat sie auch Edelmetallen psychologischen Rückhalt gegeben. Wirklich neuen Rückenwind wird sie aber wohl nicht erzeugen“, bemerkt Peters mit Blick auf die Äußerungen von Fed-Chef Bernanke, dass eine straffere Geldpolitik nun doch nicht so schnell zu erwarten sei. „Edelmetalle haben weltweit inzwischen grundsätzlich an Attraktivität verloren, da das Inflationsszenario auf unbestimmte Zeit verschoben zu sein scheint.“ Nach Ansicht von Weinberg hängt die weitere Entwicklung des Goldpreises vor allem an der US-Notenbank. „Nur wenn die hohe Liquidität noch eine Weile erhalten bleibt, könnte der Goldpreis wieder anziehen.“

Chinas Wachstumsschwäche drückt Preise

Wie Schmid meldet, investierten Anleger vergangene Woche 14 Millionen US-Dollar in den ETFS Zinc (WKN A0KRKA) – mehr als jemals zuvor innerhalb einer Woche. „Da der Silberpreis stark gefallen ist, könnte auch die Förderung von Zink einbrechen, denn das Industriemetall wird als Nebenprodukt von Silber abgebaut.“ Andere Industriemetalle wie Nickel und Aluminium wurden hingegen abgegeben, wie die Statistiken von ETF Securities zeigen. „China wird vom Sprinter zum Langstreckenläufer, das wird auch weiter auf Industriemetallen lasten“, bemerkt Weinberg. Das Land habe zuletzt nichts unternommen, um das Wachstums zu stärken. „Nun hat die Regierung auch noch angekündigt, dass bei 1.400 Unternehmen Überkapazitäten abgebaut werden müssen.“ Das BIP-Wachstum von 7 Prozent in diesem Jahr sei zwar auf den ersten Blick nicht schlecht. „Es ist aber der niedrigste Wert seit 1990.“

Auch Peters zufolge könnten Industriemetalle weiter unter Druck geraten. „Die großen Metallverarbeiter China, USA, Deutschland, Japan und Südkorea weisen auf Sicht alle keine große Dynamik im verarbeitenden Gewerbe auf.“ China und Deutschland drohten entgegen früheren Erwartungen sogar etwas länger abzutauchen.

WTI-Höhenflug überzogen?

Wieder etwas verbilligt hat sich Öl der Nordseesorte Brent. Der Preis war seit Ende Juni bis Mitte dieses Monats von 100 auf 109 US-Dollar geklettert, am heutigen Mittwoch wird das Barrel zu 106 US-Dollar gehandelt. Auch WTI-Öl ist wieder günstiger zu haben, nachdem die Notierung zuvor stark angezogen hatte, erstmals seit langer Zeit lagen Brent- und WTI-Preise wieder gleichauf. „WTI hatte sich in weniger als zwei Monaten um 20 Prozent verteuert“, berichtet Weinberg. Er spricht allerdings von „starkem spekulativen Interesse“. „Das war eine Übertreibung, der Preis wird wieder fallen.“

ETC-Investoren haben ETF Securities zufolge ihre Positionen in US-Öl (WKN A0KRJX) bereits leicht reduziert, ebenso in Brent-Öl (WKN A0KRKM). Sengfelder meldet hingegen Käufe, besonders gut weggegangen sei ein gehebeltes Produkt, der ETFS Leveraged WTI Crude Oil (WKN A0V9YX).

© 31. Juli 2013/Anna-Maria Borse