Rohstoffe: Silberpreiseinbruch als Signalgeber?

4. Mai 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Glanz ist weg: Nachdem der Preis für eine Feinunze Silber in der vergangenen Woche noch auf fast 50 US-Dollar und damit den höchsten Stand aller Zeiten gestiegen war, geht es seit Montag rasant nach unten. Heute Mittag werden weniger als 42 US-Dollar für das Edelmetall gezahlt. Der Auslöser für den Preiseinbruch: Die New Yorker Warenterminbörse Comex hat ihre Sicherheitsanforderungen für Silberkontrakte verschärft. Viele Analysten sehen nun die ohnehin erwartete Korrektur gekommen. „Der steile Aufwärtstrend des Silberpreises scheint erst einmal beendet zu sein“, kommentiert etwa die Commerzbank. Marco Salaorno von der Société Générale verweist auf das historisch niedrige Gold-Silber-Verhältnis, das sich jetzt wieder normalisieren könnte. Das Verhältnis sagt aus, wie viele Einheiten Silber man benötigt, um eine Einheit Gold zu kaufen. Bei Preisen von 50 US-Dollar für Silber und 1.540 für Gold betrug das Verhältnis vergangenen Freitag nur noch 31. Das war Marktbeobachtern zufolge der tiefste Wert seit Anfang der 80er Jahre.„Silber wird häufig auch als Signalgeber für andere Edelmetalle gesehen“, erklärt Salaorno außerdem. Das bedeute zumindest, dass es in Zukunft „etwas langsamer vorangehen könnte“, wie er vorsichtig formuliert.

Silber nicht mehr Kassenschlager

Schönbrodt
Schönbrodt

ETC-Händler berichten jedenfalls einhellig von umfangreichen Verkäufen. Flow Traders meldet Abgaben beim ETFS Physical Silver und beim ETFS Leveraged Silver (WLN A0N62F, A0V9Y5). Der ETFS Physical Silver verbilligte sich etwa von 32,02 US-Dollar am vergangenen Freitag auf 27,84 heute, immerhin ein Rückgang um rund 13 Prozent. Auch die DekaBank sieht eine eindeutige Trendumkehr: Während die Edelmetall-ETCs in der vergangenen Woche noch ganz weit oben auf den Einkaufslisten gestanden hätten, werde jetzt in großem Stil abgegeben. „Diese Woche sehen wir fast nur eine Richtung“, beschreibt Marc Schönbrodt die Lage. Allerdings gibt es durchaus auch Anleger, die die niedrigeren Preise als Einstiegsgelegenheit nutzen, wie Salaorno und auch Schönbrodt festgestellt haben. „Das sind aber nur wenige“, ergänzt der DekaBank-Händler.

Gold ebenfalls schwächer

Der Goldpreis war Ende der vergangenen Woche ebenfalls auf ein neues Rekordhoch geklettert und schwächelt seitdem – wenn auch nicht so stark wie Silber. Heute muss man noch 1.536 US-Dollar für eine Feinunze zahlen.Die ETC-Anleger machen auch hier Kasse: Flow Traders meldet Abgaben beim ETFS Physical Gold, beim Gold Bullion Securities und beim DB Physical Gold Euro Hedged (WKN A0N62G, A0LP78, A1EK0G).

Funkstille bei Öl-Produkten

Angesichts der massiven Preisbewegungen speziell beim Silber fristen andere ETCs derzeit eher ein Schattendasein. „Silber überlagert alles“, meint etwa Marco Salaorno. Tendenziell stehen aber auch andere ETCs auf den Abgabelisten. Auch für Rohstoff-ETFs meldet Flow Traders einen Verkaufsüberhang, etwa beim Lyxor Commodities CRB (WKN A0JC8F), beim db x-trackers DB Commodity Booster DJ-UBSCI (WKN DBX0CZ) und beim iShares Dow Jones-UBS Commodity Swap (WKN A0H072).

Roelofs
Roelofs

Der Ölpreis geriet zuletzt ebenfalls unter Druck, belastet durch die Meldung vom Tod bin Ladens am Montag und – ganz aktuell – eine Leitzinserhöhung in Indien. Der Preisanstieg seit Jahresanfang für Öl der Sorte Brent beträgt aber immer noch knapp 30 Prozent. Im ETC-Handel spielt das allerdings keine große Rolle: „Von Öl hört man nicht viel“, kommentiert Bernardus Roelofs von Flow Traders. Dabei sind die Faktoren, die den Preis im laufenden Jahr nach oben getrieben haben, immer noch da, wie die Saxo Bank bemerkt: „Die Unruhen in Nordafrika und dem Mittleren Osten haben sich nicht abgeschwächt, libysches Öl wird auf Monate hinaus nicht auf den Markt fließen.“ Dazu komme die US-Dollar-Schwäche und die anhaltend hohe Nachfrage aus China, die etwa im März um 10,6 Prozent über dem Vorjahreswert gelegen habe.

Zucker-ETC als Verlustbringer

Hohe Umsätze mit Agrar-ETCs gibt es den Händlern zufolge derzeit zwar nicht, der Markt bleibt aufgrund der starken Preisschwankungen aber spannend. Flow Traders berichtet von Zuflüssen beim ETFS Live Cattle (WKN A0KRJ2) und Abflüssen beim ETFS Cotton (WKN A0KRJW). Der Baumwollpreis hatte im März ein Rekordhoch erreicht, dann aber den Rückwärtsgang eingelegt. „China, der größte Baumwollimporteur, hat mehr und mehr Aufträge storniert“, erklärt die Saxo Bank, das habe Druck aus dem Markt genommen. Ebenfalls in die Knie ging der Zuckerpreis. Die Saxo Bank verweist zur Begründung auf die erwartete sehr gute Ernte in Thailand, dem zweitgrößten Zuckerexporteur der Welt nach Brasilien. Das Preishoch vom Februar sei jedenfalls schon weit in die Ferne gerückt. Der ETFS Sugar (WKN A0KRJ8) verzeichnet auf Sicht von drei Monaten mittlerweile ein Minus von 31 Prozent.

Dagegen stieg der Kaffeepreis an. Für hochwertigen Arabica-Kaffee müssten mittlerweile über 3 US-Dollar je Pfund bezahlt werden, bemerkt die Saxo Bank, das sei der höchste Stand seit 34 Jahren. „Die Lagerbestände sind auf einem 50-Jahres-Tief“, erklären die Analysten und nennen als Grund die hohe Nachfrage nach guten Kaffeesorten sowie das niedrige Angebot aus Kolumbien und anderen wichtigen Kaffee produzierenden Ländern. Der ETFS Coffee (WKN A0KRJT) legte innerhalb der vergangenen sechs Monate um 38 Prozent zu.

© 4. Mai 2011/Anna-Maria Borse