Die Woche
Roth
10. Oktober 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Börsen stehen im Zeichen der US Haushaltskrise. Das Verhalten der US-Politiker, das von vielen Beobachtern einem großen Kindergarten gleich gestellt wird, hat aber sehr ernste Auswirkungen. Die Rentenmärkte treten auf der Stelle, während die Aktienmärkte und der US-Dollar unter dem andauernden Streit in den USA um Staatshaushalt und Schuldenobergrenze leiden. Die US-Wirtschaft wurde bisher noch nicht richtig in Mitleidenschaft gezogen, aber mit dem Auslaufen der Frist könnte sich das schnell ändern. Sollte bis zum 17. Oktober keine Einigung in Washington erzielt werden, könnte im ersten Schritt ein dramatischer Kursverfall die Folge sein. Weitere negative Verwerfungen könnten, je nach Dauer der Krise, folgen.
Mit einem Verlust des deutschen Leitindex DAX von 0,7 Prozent hält sich die Reaktion der Investoren in der abgelaufenen Handelswoche noch in Grenzen, weil chinesische und europäische Konjunkturindikatoren positiv überraschten. Schwerwiegender jedoch als der aktuelle Haushaltsstreit ist das Ringen im US-Kongress um die Schuldenobergrenze. Sollte eine Anhebung des Schuldenlimits in den nächsten zwei bis drei Wochen nicht beschlossen werden, drohen der US-Wirtschaft schwerwiegende Folgen. Damit dürften die Kapitalmärkte in der Berichtswoche im Wesentlichen von der Politik dominiert werden – auch wenn mit den Einzelhandelsumsätzen und dann hoffentlich auch verspätet dem Arbeitsmarktbericht wichtige Konjunkturindikatoren anstehen. Insgesamt dürfte die Datenlage nicht ausreichen, um die Anleger aus dem politischen Bann zu entlassen. Sogar die Geldpolitik bleibt im Fokus: Dem Protokoll der letzten geldpolitischen Sitzung der Fed dürfte zu entnehmen sein, inwieweit der Haushaltsstreit die Notenbanker bewogen hat, ihre Anleihekäufe unvermindert fortzusetzen. Womöglich könnten Renten in der Berichtswoche von Spekulationen profitieren, dass das „tapern“ in das nächste Jahr verschoben wird.
Ein zunehmendes politisches Momentum scheint allmählich auch in die Eurozone einzuziehen. Zunächst einmal sorgen Irland und Portugal für positive Nachrichten. Im Falle Portugals teilten EU und der IWF mit, dass das Land auf gutem Weg sei, seine Sparziele zu erreichen und 2014 den Euro-Rettungsschirm verlassen könne. Doch ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt Portugal wieder an den Kapitalmarkt zurückkehren kann, ist mit vielen Unsicherheiten behaftet. Wir rechnen eher damit, dass das Land eine Anschlussfinanzierung erhalten wird.
Auch Italien ist trotz der beendeten Regierungskrise noch nicht aus dem Schneider. Zwar hat sich die Risikoprämie für italienische Anleihen dank des Vertrauensvotums für Ministerpräsident Letta wieder entspannt, dennoch bleibt die Verzinsung spanischer Staatsanleihen unter der Italiens. Dies ist ein deutliches Signal, dass Italien Gefahr läuft strukturell weiter zurückzufallen und den Reformanschluss an Europa zu verlieren. Gut, dass die EZB sich auf ihrer jüngsten Pressekonferenz alle Optionen offen gehalten hat, zumal auch eine Zinssenkung auf dieser Sitzung diskutiert worden ist. Sowohl für Europa als auch für die USA gilt: Der Ball bleibt bei der Fiskalpolitik, aber die Geldpolitik steht bereit.
Die Berichtssaison startet in dieser Woche traditionell mit Alcoa. Die Erwartungen für die Zahlen des dritten Quartals wurden bereits im Vorfeld deutlich von durchschnittlich 6,3 auf 3,5 Prozent gesenkt. Damit haben die Zahlen eine gute Chance positiv zu überraschen. Besonders vom Finanzsektor werden durchschnittlich 9,3 Prozent mehr erwartet als im Vergleichszeitraum. Das lässt auf Unterstützung in der Haushaltskrise hoffen.
Der Trend
Die US-Haushaltskrise beschäftigt die Börsen weltweit. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre – mit den zerrütteten innenpolitischen Verhältnissen in den USA – wird es wohl noch bis zum Showdown am 17. Oktober andauern, bis es dort zu einer Lösung und der Anhebung der Schuldenobergrenze kommt. Das wird die Börse, weiterhin belasten. Bremsende Wirkung könnten mikroökonomische Daten entfalten. Die US-Berichtssaison startet in dieser Woche und die Erwartungen wurden bereits derart gesenkt, das wir durch aus Luft nach oben dabei haben. Da wir von einer Einigung in Washington ausgehen, heißt das, dass wir empfehlen in der Korrektur einkaufen zu gehen.
Das bedeutet, dass Konjunktur Trumpf bleibt. Sowohl in den USA als auch in Asien nimmt die Wirtschaft Fahrt auf. Arbeitslosigkeit sinkt, Wachstum zieht an. Auch in der Eurozone hofft man auf verbesserte Arbeitsmarktdaten. Das wird die Börsen über Wasser halten. Erst wird sich die Lage weiter zu spitzen, bevor es nach einer Einigung zum Jahres Ende wieder voll Dampf voraus geht. Die Geldpolitik sollte aber weiter als Damoklesschwert wahrgenommen werden.
Bei seitlicher Abwärtsbewegung wird sich der DAX zwischen 8.480 und 8.750 Punkten bewegen.
von Oliver Roth, Close Brothers Seydler Bank AG.
© 10. Oktober 2013
* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de
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