Roth: Standort Bestimmung

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Roth

1. Februar  2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Treibstoff der gegenwärtigen Hausse sind niedrige Zinsen und konjunktureller Gleichmut bei abflauender Schuldenkrise. Seit Beginn der Finanzkrise 2007 haben die führenden Notenbanken ihre Geldpolitik-Maßnahmen ausgeweitet, was zu einer Aufblähung ihrer Bilanzsummen führte. Fed und EZB bekanntermaßen. Während die Fed weiter Anleihen erwirbt, geht die EZB – derzeit – einen anderen Weg. Ihre Bilanzsumme wird wohl demnächst durch die Kündigung von Drei-Jahres-Tendern seitens der Geschäftsbanken sogar schrumpfen. Die eher vorsichtige japanische Notenbank geriet durch ihr langes Zögern ins Hintertreffen, der Yen wertete darum auf. Unter der neuen Regierung veränderte die Bank of Japan ihre Strategie drastisch und öffnete nun die Schleusen radikal durch ein massives Aufkaufprogramm. Das führte zum schwächeren Yen und das wird der Exportwirtschaft des Landes nutzen. Zusammenfassend kann man davon ausgehen, das Geld billig bleibt.

Was fehlt sind fundamentale Impulse, die die Kapitalmärkte antreiben könnten. Sowohl die europäischen wie auch amerikanischen Einkaufsmanager Indizes deuten bestenfalls auf eine sehr überschaubare Dynamik in 2013 hin. Der Arbeitsmarkt wird sich unter diesen Bedingungen wohl kaum weiter entspannen können. Obwohl sich die Konjunkturperspektiven in den USA günstiger als im Euroraum darstellen, profitiert der Euro auf breiter Front. Was wiederum den europäischen Börsen nutzt. Die wirtschaftliche Entwicklung wird voraussichtlich nicht als „booster“ für weitere Kursanstiege dienen, aber möglicherweise diese auch nicht ausbremsen. Denn sowohl in den USA als auch in Asien scheint sich die Konjunktur auf niedrigem Niveau zu stabilisieren. Das reicht, um die Rezession in der Europa steckt auszugleichen.

Die Schuldenkrise hat seit dem „Draghi Put„ mächtig an Bedrohungspotential  verloren. Die Drohung der EZB den Euro unlimitiert zu verteidigen hat damit das große Ziel erreicht. Doch solange die politischen Reformen ausbleiben, schwebt das Damokles Schwert weiterhin über Europa. Vorerst herrscht Ruhe an der Schuldenfront, aber das kann sich ohne bald einsetzende Reformen der EU und seiner Volkswirtschaften schnell wieder ändern. Auch in den USA muss zeitnah eine Antwort auf die Frage gefunden werden, wie und wann das riesen Defizit reduziert werden kann. Noch herrscht die Ruhe vor dem Sturm.

Trend

In den nächsten Wochen könnte die Risikofreude der Marktakteure einen Dämpfer erfahren. Zu viele Risiken stehen derzeit im Fokus der Anleger. Wie die US-Haushaltskrise mit ihrem zu erwartenden Showdown Ende Februar und der schleppenden Konjunktur, denn zu unsicher sind die Konjunkturaussichten was auch sämtliche Frühindikatoren implizieren. So bergen die Zahlen sowohl beim Arbeitsmarktbericht als auch bei den Frühindikatoren Enttäuschungspotential. Die Seitwärtsbewegung im DAX wird demnach noch weiter anhalten. Zwischen 7.500 und 8.045 wird der DAX vorerst noch seitwärts verlaufen. Erst gegen Ende Februar könnte der Ausbruch aus diesem Korridor gelingen. Sowohl in die eine wie auch in die andere Richtung. Das Allzeithoch des DAX bei 8.151 Punkten kann unabhängig davon bereits in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres fallen. Das billige treibt, die lahmende Konjunktur bremst. Doch mit jedem gewonnen Punkt im DAX steigt auch das Rückschlagspotential.

© 1. Februar 2013/Oliver Roth

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de

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