Roth: "Standortbestimmung"

Zickzack-Ben

roth+oliver+120x125.jpg
Roth

26. September 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Börsenstar der letzten Wochen war Fed-Chef Ben Bernanke. Nach einem Zickzack-Kurs beließ er die Zinspolitik unverändert und erfreute damit die Börsen, die ein wahres Kursfeuerwerk abhielten. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der Kater kommt nun etwas später auf die Partygäste zu.

Trend

In der vergangenen Woche wurden viele Anleger bereits zu Beginn der Handelswoche auf dem falschen Fuß erwischt, als der DAX wieder deutlich zulegen konnte. Der Grund war die stabile Seitwärtsbewegung im Vorfeld der Sitzung der Fed. Und tatsächlich beließ es entschied die Fed bei den 85 Milliarden US-Dollar und das ließ die Börsenparty weiterlaufen. Das führt zu einem deutlich ruhigen Marktumfeld. Und die Entscheidung der Fed kann bereits zur nächsten Sitzung der Notenbanker schon anders lauten. Deshalb wenden sich die Börsen zwar vorerst den verbesserten Konjunkturindikatoren zu, aber die Geldpolitik bleibt uns im Nacken. In den nächsten Tagen wird der DAX in einer Range wird zwischen 8.550 und 8.770 Punkten liegen.

Analyse

US-Notenbankpräsident Ben Bernanke sorgte für einen Paukenschlag. Die Märkte feierten diese überraschende Nachricht: Der DAX kletterte auf ein neues Rekordhoch, die Anleihekurse erholten sich merklich – in den USA deutlicher als bei uns, der US-Dollar verlor, der Goldpreis stieg. Schwellenländerwährungen, die in den Vormonaten auch unter der erwarteten Liquiditätsdrosselung der Fed litten, setzten ihre Erholung fort. Angesichts einer sich eher wieder verbessernden Konjunktur in den großen Wirtschaftsräumen, moderater Inflationsraten und einer nun weiterhin sehr expansiven Geldpolitik rund um den Globus können eigentlich die Finanzmärkte rosarot sehen, zumal auch das geopolitische Störfeuer auszubleiben scheint.

Tatsächlich spricht in der kürzeren Frist wenig für eine größere Stimmungseintrübung. Der geldpolitische Rückenwind für die US-Währung bleibt wider Erwarten vorerst aus, der Euro/US-Dollar-Kurs dürfte zunächst um 1,35 pendeln. Der japanische Yen leidet unter der höheren Risikoneigung an den Finanzmärkten. Hinsichtlich der Federal Reserve gilt allerdings: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Das konjunkturelle Bild spricht dafür, dass die US-Notenbank, wenn nicht im Dezember, dann Anfang 2014 ihr Kaufprogramm herunterfährt. Mit einer Verspätung dürfte der US-Dollar wieder die Oberhand gewinnen und die Rentenmärkte auf beiden Seiten des Atlantiks erneut unter Druck geraten.

Der Euro-Dollar-Kurs nähert sich seinem Jahreshoch – Fed-Präsident Bernanke sei Dank. Das deutlich höhere Wirtschaftswachstum in den USA im Vergleich zur Eurozone manifestiert sich auch weiterhin nicht in einer restriktiveren bzw. weniger expansiveren US-Geldpolitik. Damit fehlt dem Greenback vorerst ein entscheidender Impuls. Die Eurozone hat die schlimmsten Probleme hinter sich gelassen. Von einer Normalisierung der Lage und entsprechend der Geldpolitik ist die Eurozone noch weit entfernt. Die US-Notenbank dagegen dürfte viel früher den Fuß vom Gas heben. Trotz des Rückschlags zeigen die Zinserwartungen einen Vorteil für die US-Währung. Der US-Dollar wird daher vermutlich zulegen können – aber erst 2014.

Europa sollte aber nicht ganz außer Acht gelassen werden. Der positive Trend der Vormonate wird vermutlich, wenn auch verhalten, fortgesetzt. Die europäische Schuldenkrise sollte zunächst nicht wieder in den Vordergrund rücken. Die Konjunktur zieht auch in Europa langsam an. Es ist zu erwarten, dass auch die Börsen kurzfristig weiter anziehen und neue Hochs erklimmen, bevor die Geldpolitik dazwischen grätscht.

von Oliver Roth, Close Brothers Seydler Bank AG.
© 26. September 2013

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.