Roths Standortbestimmung: "Das Zittern ist spürbar"

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23. April 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ein „Grexit“ oder „Graccident“ ist nicht und in keiner Weise an den Börsen eingepreist. Wer das glaubt, wird sich wundern wenn dies geschieht. An den Finanzmärkten wie aktuell einerseits auf Sicht gefahren und nur das bereits erkennbare wird bewertet. Anderseits wird auch davon ausgegangen, dass die EU Politik die Griechen auch weiterhin nicht fallen lassen werden. Und schlussendlich Hilfe gewährt wird. Doch hier ist das Ausmaß der Verärgerung in der Eurozone von den Finanzmärkten nicht voll erfasst. Ein Ausstieg oder Rauswurf wird immer wahrscheinlicher. Das würde sich trotz des EZB-Kaufprogramms zumindest temporär massiv bemerkbar an den Börsen machen. Dem gegenüber belegt die jüngste Eurostärke, dass am Währungsraum insgesamt aber keine Zweifel bestehen.

In knapp 6 Monaten legte der Deutsche Aktienindex über 40 Prozent zu. Eine Verschnaufpause, ist ihm da nicht übel zu nehmen. Letzte Woche erfolgte dann ein Rückschlag. Eine eigentlich überfällige und notwendige Korrektur? Diese sieht aber anders aus. Die letzte Handelswoche zeigte aber, dass die Aktienmärkte nicht nur eine Richtung kennen. Die Nervosität der Anleger steigt und deutet das wahre Rückschlagspotential an. Innerhalb kürzester Zeit verlor der Dax 4,5 Prozent. Auch seine US-Pendants kommen nicht mehr so recht voran. Allmählich scheint dem Boom die Luft auszugehen. Die Anzeichen mehren sich dass es bald zu einer größeren Korrektur kommen könnte. Anleger halten mit Neuengagements zurück, die angelaufene Unternehmensberichterstattung in den USA verlieh keinen zusätzlichen Schwung.

Das derzeit größte Risiko Auslöser ist und bleibt das griechische Schuldendrama. Bundesanleihen haben deshalb Zulauf, trotz Negativzinsen, und gelten noch als sicherer Anlagehafen.

Das griechische Schuldendrama geht in die nächste Runde. Sorgen um einen plötzlichen Zahlungsausfall Griechenlands wurden durch Aussagen von IWF-Chefin Lagarde sowie Bundesfinanzminister Schäuble geschürt. Die Fronten verhärten sich weiter. Neues Geld der Eurozone nur gegen Reformen Griechenlands. Einer Fristverlängerung für die Rückzahlung der nächsten Kreditrate an den IWF wurde genauso eine Absage erteilt, wie frischen Krediten. Die griechische Regierung wiederum sieht in den geforderten Reformen keine gangbare Lösung. Damit ist man kein Schritt weiter. Die Zeit wird langsam aber sicher knapp. Das macht die kommenden Tage und Wochen spannend an der Börse.

Die Aussichten

Die Anlage-Ampel steht auf Rot. Der mittelfristige Aufwärtstrend bleibt weiter erhalten, aber die Anzeichen einer deutlichen Korrektur werden stärker. Griechenland bleibt das Thema im Hintergrund. Wenn es knallt werden wir deutliche Abschläge sehen.

Aktien bleiben „in“. Die Kursspanne bleibt im Dax 11.700 bis 12.050 Punkte.

© 23. April 2015/Oliver Roth*

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der ODDO SEYDLER Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen von Oddo & Cie Paris. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de

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