Wochenausblick: Fortsetzung der Zitterpartie

haendler+in+schranke+188x80.jpg

15. Juni 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Wegen des immer noch ungelösten Schuldenstreits mit Athen bleibt die Anspannung groß. „Jede Nachricht zu Griechenland wird auf die Goldwaage gelegt“, kommentiert Christian Schmidt von der Helaba. Am Wochenende scheiterte ein Vermittlungsversuch von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, nun warten alle auf den Donnerstag, dann kommen die 19 Euro-Finanzminister zusammen.

Außerdem blickt man am Markt gen USA: Eine Zinserhöhung wird es beim US-Notenbanktreffen am Mittwoch nach Ansicht der meisten Analysten zwar noch nicht geben, es werden aber Hinweise darauf erwartet. Der DAX, der sich in der Vorwoche bei heftigen Ausschlägen nach unten und oben unter dem Strich kaum verändert hat, notiert am Montagmorgen bei 11.073 Punkten 11.196 Punkten zum Wochenschluss am Freitag etwa ein Prozent im Minus.

Lieber Grexit als Brexit

halver+robert+120x125.jpg
Halver

Robert Halver von der Baader Bank ist davon überzeugt, dass die Eurozone einen Grexit aushalten kann. „Zunächst würde es sicher nicht einfach: Der Sommer 2015 an den europäischen Finanzmärkten würde sicherlich volatil, es käme auch zu erheblichen Kurskonsolidierungen an den Renten- und Aktienmärkten.“ Doch dieser Preis sollte bezahlt werden. Im Herbst würden sich die Finanzmärkte dann „mit tatkräftiger Hilfe der EZB“ wie nach einem reinigenden Gewitter wieder abkühlen. „Die Märkte hätten dann begriffen, dass es nicht um die Rettung Griechenlands in der Eurozone ging, sondern um die Rettung der Eurozone vor der griechischen Finanzunkultur.“ Viel schlimmer als ein Grexit sei ein Brexit, ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU.

Aufwärts ab drittem Quartal

Die fundamentalen Rahmenbedingungen stimmen allerdings weiterhin, wie die DekaBank in ihrem Monatsausblick Juni/Juli schreibt. „Die sich aktuell abzeichnende Stimmungsbereinigung wird den Boden für eine neue Aufwärtsbewegung legen.“ Vor diesem Hintergrund rechnen die Analysten in den kommenden Wochen mit einem Auslaufen der Abwärtsbewegung. „Für das dritte und insbesondere das vierte Quartal erwarten wir dann wieder spürbar anziehende Aktienmarktnotierungen, wenn sich die Aufregung um die erste US-Leitzinserhöhung und um Griechenland etwas gelegt hat.“ Die Bank prognostiziert für den DAX in sechs Monaten 12.000, in zwölf 12.500 Punkte.

Starke Verunsicherung

schmidt+christian+120x125.jpg
Schmidt

Charttechnisch sieht es nach Ansicht von Christian Schmidt nicht gut aus: Dem DAX sei es am Freitag nicht gelungen, die Widerstände im Bereich von 11.368 und 11.407 Zählern zurückzuerobern, vielmehr sei er exakt an erstgenannter Marke abgeprallt. „Dadurch wurde die Bedeutung dieses Widerstands nochmals unterstrichen.“ Die langen oberen und unteren Schatten an der Tageskerze verdeutlichten aber auch die derzeit herrschende Verunsicherung der Marktteilnehmer. „Grundsätzlich lautet die primäre Annahme, dass ein laufender Trend eine größere Wahrscheinlichkeit für eine Fortsetzung hat“, bemerkt Schmidt. Insofern überwögen die Risiken auf der Unterseite. Mit einer weiteren Beschleunigung des Abwärtsimpulses sei vor allem bei einem Schlusskurs unterhalb von 11.115 Punkten zu rechnen.

Korrektur, kein Trendwechsel

„Der langfristige Aufwärtstrend ist unverändert intakt“, erklärt unterdessen Wieland Staud von Staud Research. Nach dem starken Anstieg seit November befinde sich der DAX nun in einer Korrekturphase, die sich auch noch über den Sommer hinziehen und mit einigen Rückschlägen aufwarten könne. „Ein Trendwechsel ist das aber nicht.“ Die Korrekturphase werde innerhalb der kommenden sechs Monate zu Ende gehen. „Dann wird der DAX wieder steigen.“

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten

Montag, 15. Juni

15.15 Uhr. USA: Industrieproduktion Mai. Wie die Commerzbank anmerkt, bremsten zuletzt unter anderem der starke US-Dollar und die Zurückhaltung im Ölsektor das Geschäft. Immerhin habe der ISM-Index im Mai erstmals seit Oktober 2014 zugelegt. Auch die Industrieproduktion werde wohl positive Nachrichten bringen, der erwartete Anstieg um 0,3 Prozent gegenüber dem April komme vor allem aus dem verarbeitenden Gewerbe.

Dienstag, 16. Juni

11.00 Uhr. Deutschland: ZEW-Konjunkturerwartungen Juni. Die DekaBank geht davon aus, dass die ZEW-Konjunkturerwartungen zum dritten Mal in Folge sinken. Ohne Zweifel laufe die Konjunktur; dass die Finanzmarktanalysten dennoch skeptischer auf die Gegenwart und die Zukunft blickten, habe unter anderem mit Griechenland zu tun. Auch das Hin und Her um die US-Zinswende sei wohl eher stimmungsdämpfend.

Mittwoch, 17. Juni

20.00 Uhr. USA: Zinsentscheid der US-Notenbank. Laut DekaBank hat die Fed gemessen an der Arbeitslosenquote und der Inflationsrate keinen unmittelbaren Handlungsdruck. Die Notenbank habe aber in den vergangenen Monaten stets betont, ein breites Spektrum an Makrodaten zu betrachten. Die Lohndynamik sei zu stark und die Inflationsentwicklung zu nah am Inflationsziel der Fed. Die Analysten gehen allerdings davon aus, dass sich die Fed für die Leitzinswende nochmals Zeit nehmen wird.

Freitag, 19. Juni

Hexensabbat: Verfallstag für Futures und Optionen auf Aktien und Aktien-Indizes. Der als Hexensabbat bekannter dreifacher kann mit erhöhten Schwankungen an den Märkten einhergehen. Gegen 13.00 wird der Abrechnungspreis für die Index-Produkte festgelegt.

Alle relevanten Termine sowie die aktuellen Daten kurz nach ihrer Veröffentlichung finden Sie auf boerse-frankfurt.de/termine.

Möchten Sie den Wochenausblick kostenlos per E-Mail erhalten, dann melden Sie sich an auf boerse-frankfurt.de/newsletter.

Von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG © 15. Juni 2015