29. September 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es ist eine Woche der großen Börsengänge: Am Mittwoch werden die Aktien des Online-Modehändlers Zalando zum ersten Mal gehandelt, am Donnerstag folgt die Start up-Schmiede Rocket Internet. In der deutschen Internetbranche sind dies die größten IPOs seit den Zeiten der New Economy um die Jahrtausendwende.
Nach dem erfolgreichen Börsengang des chinesischen Inernetunternehmens Alibaba scheint das Umfeld zwar gut, von Euphorie kann aber keine Rede sein. Wie Claudia Windt von der Helaba erklärt, suchten Anleger in der vergangenen Woche wieder nach Sicherheit: „Negative Konjunkturnachrichten aus China verdeutlichten einmal mehr den fragilen Zustand der Weltwirtschaft, die Konjunkturindikatoren aus Deutschland mit dem ifo-Geschäftsklima wie auch aus dem Euroraum mit den Einkaufsmanagerindizes sind weiter rückläufig.“ Außerdem seien die geopolitischen Krisenherde in Syrien und der Ukraine wieder in den Fokus gerückt. Der DAX reagierte jedenfalls mit Wochenverlusten von fast 3 Prozent und schloss bei 9.490,55 Punkten, am Montagmorgen notiert das Börsenbarometer bei 9.493 Zählern nahezu unverändert.
Technik: Hohe Abwärtsrisiken
Geyer
Für Christoph Geyer von der Commerzbank kam der Rückschlag nicht unerwartet: „Das jüngste Top wurde von den Indikatoren nicht mehr unterstützt.“ Das Verkaufssignal beim MACD- und die Divergenz beim Stochastik-Indikator hätten bereits angezeigt, dass es schwer werde, die Tops vom Sommer erneut zu erreichen. „Auch wenn die Woche mit einer Erholungsbewegung starten dürfte, hat sich die Lage deutlich eingetrübt“, erklärt der Charttechniker. Die Wahrscheinlichkeit einer Ausweitung der Abwärtsbewegung habe sich in der vergangenen Woche deutlich erhöht.
Laut Dirk Oppermann von der DZ Bank bleibt der kurzfristige Abwärtstrend vom Freitag vorletzter Woche intakt. „Gelingt auch mit der günstigen Vorgabe des Späthandels an der Wall Street nicht die zügige Rückeroberung der 200-Tage Linie, trübt sich das charttechnische Gesamtbild deutlicher ein.“ Der DAX könne dann bis in den unteren Bereich der übergeordnet intakten Seitwärtshandelsspanne von 8.900 Punkten fallen.
Auch Ralf Umlauf von der Helaba zufolge ist die Indikatorenlage mit dem bestätigten Verkaufssignal des MACD als „belastend“ einzustufen. „Insbesondere gilt es, die massive Unterstützungszone im Bereich von 9.480 Zählern weiter im Auge zu behalten.“ Werde diese Marke nachhaltig unterschritten, müsse im weiteren Verlauf mit einem Test der Retracements bei 9.400, 9.338 und 9.282 Zählern gerechnet werden.
Dividendenrendite, Geldpolitik und schwacher Euro stützen
Fundamental argumentierende Analysten sehen weniger schwarz: Nach Einschätzung von Andreas Hürkamp von der Commerzbank wird das schwache Wachstum im Euroraum den DAX auch im Oktober belasten. „Doch die attraktive DAX-Dividendenrendite von 3 Prozent und Hoffnungen auf weitere monetäre Maßnahmen der EZB sollten eine deutliche Abwärtskorrektur verhindern.“
Wie Heinz-Gerd Sonnenschein von der Postbank erläutert, wird zudem mit einem schwächeren Euro eine wichtige Voraussetzung für eine konjunkturelle Erholung geschaffen. „Dies sollte sich in kräftig steigenden Unternehmensgewinnen und -umsätzen niederschlagen.“ Nach Einschätzung des Analysten dürften einige Unternehmen schon bei der Vorlage ihrer Bilanz zum dritten Quartal auf den positiven Effekt eines abwertenden Euro hinweisen. „Dies kann kurzfristig den Abwärtsrevisionstrend bei den Gewinnerwartungen stoppen und Kurspotenzial eröffnen.“ Auf Sicht von drei Monaten sieht die Bank den DAX bei 10.400 bis 10.600 Punkten, auf Sicht von zwölf Monaten bei 10.700 bis 10.900 Zählern.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Dienstag, 30. September
11.00 Uhr. EU: Verbraucherpreise September. Die Verbraucherpreise in der Eurozone werden laut Deka Bank weiterhin durch die schwache Preisentwicklung am Energiemarkt beeinflusst. Für den September erwarten die Analysten einen moderaten Anstieg um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Konsensschätzungen liegen bei 0,3 Prozent.
Mittwoch, 1. Oktober
9.00 Uhr. Börsengang des Online-Händlers Zalando an der Börse Frankfurt (Prime Standard)
Donnerstag, 2. Oktober
9.00 Uhr. Börsengang von Rocket Internet an der Börse Frankfurt (Entry Standard)
13.45 Uhr. EU: EZB-Zinsentscheid mit anschließender Pressekonferenz. Am Markt wird davon ausgegangen, dass die EZB lediglich Details zum ABS/Covered Bond-Kaufprogramm bekannt geben wird. Problematisch bleiben der Commerzbank zufolge aber die weiter fallenden Inflationserwartungen. „Der Druck auf die Notenbank, noch mehr zu tun, bleibt also hoch.“ Auch daher werde die EZB am Ende – vermutlich im ersten Halbjahr 2015 – auch Staatsanleihen kaufen.
Freitag, 3. Oktober
Deutschland: Tag der Deutschen Einheit. An der Börse Frankfurt wird nicht gehandelt.
14.30 Uhr. USA: Arbeitsmarktbericht September. Nach Ansicht der DekaBank bremsten im August mehrere Sonderfaktoren, die im September wieder weggefallen seien. Die Analysten prognostizieren eine Arbeitslosenquote von 6 Prozent nach 6,1 Prozent im Vormonat.
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von Anna-Maria Borse,
Deutsche Börse AG, © 29. September 2014