Wochenausblick: Verkehrte Welten

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12. Oktober 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es sind weiter die Erwartungen hinsichtlich einer US-Leitzinsanhebung, die an den Märkten die Richtung vorgeben. Vergangene Woche reagierten Anleger positiv auf die Veröffentlichung des Protokolls der US-Notenbanksitzung vom September. Klare Hinweise auf den Termin einer Leitzinserhöhung fehlten zwar, interpretiert wurde das Protokoll aber dahingehend, dass mit einer Zinswende nicht allzu bald zu rechnen sei.

Damit bestärkte sich der Trend aus der Vorwoche, ausgelöst durch den  enttäuschenden US-Arbeitsmarktbericht für September. „Auch weitere schwache Konjunkturdaten aus den USA wie die Auftragseingänge, die ISM-Dienstleistungen und die Exporte, aus Europa und hier insbesondere aus Deutschland – Auftragseingänge, Industrieproduktion, Exporte – sowie Japan sprachen eher für eine konjunkturstützende Geldpolitik als für eine Straffung“, konkretisiert Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank.

Der Dow Jones legte auf Wochensicht um 3,7 Prozent zu, der DAX sogar um 5,7 Prozent. Am Montagmorgen liegt das deutsche Börsenbarometer bei 10.128 Zählern.

Für Rückenwind sorgen zum Wochenauftakt außerdem stark gestiegene Kurse an Chinas Festlandsbörsen. Hier gibt es erneut Spekulationen um staatliche Konjunkturhilfen. Zudem kommt der bestandene Stresstest der deutschen Atomkonzerne gut an: Die vier großen Versorger können nach Einschätzung der Bundesregierung die Milliardenkosten des Atomausstiegs durchaus bewältigen.

Endspurt im Schlussquartal

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Schmidt

„Der DAX hat das ‚Tal der Tränen’ in der vergangenen Woche hinter sich gelassen“, bemerkt die LBBW. In den kommenden Wochen werde sich der Erholungstrend fortsetzen. „Für einen freundlichen Jahresausklang sprechen Saisonalität und Sentiment.“ Außerdem seien die Erwartungen an die Berichtssaison zum dritten Quartal sehr verhalten und eröffneten Chancen auf positive Überraschungen. „Zwar belastet der VW-Skandal den fairen Wert des DAX. Der Markt ist unseres Erachtens insgesamt jedoch zu pessimistisch.“

„Die Aktienmärkte dürften ihren positiven Trend weiter fortsetzen“, meint Schickentanz. Zumindest werde die Agenda in dieser Woche, die eher Daten aus der zweiten Reihe liefere, nur wenig konträre Impulse geben. Neben diesen Konjunkturdaten werde sich die Berichtssaison stärker in den Vordergrund spielen. „Nach dem Columbus Day am Montag berichten in den USA 14 S&P 100-Konzerne.“ Die traditionell mit den Zahlen des Aluminiumkonzerns Alcoa vergangene Woche begonnene Berichtssaison über das dritte Quartal sorgte für lange Gesichter: Alcoa meldete rückläufige Umsatz- und Gewinnzahlen.

Schwieriges technisches Bild

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Kremser

Aus technischer Sicht haben laut Christian Schmidt von der Helaba die Risiken für einen Rücksetzer wieder zugenommen. Der Charttechniker verweist unter anderem auf die Handelsumsätze, die wiederholt unterhalb des Zehntage-Durchschnitts gelegen hätten. Verschiedene Indikatoren zeigten zudem bereits Richtung Süden. „Größeres Potenzial auf der Unterseite entsteht aber erst mit einem deutlichen Rutsch unter die Support-Zone von 10.039/9.956 Punkten“, erläutert Schmidt. Auf der Oberseite fänden sich Widerstände bei 10.102, 10.171 und 10.235 Zählern.

Armin Kremser von der DZ Bank zufolge hängt der DAX unverändert an seiner im kurzfristigen Kontext wichtigen charttechnischen Widerstandszone um 10.070/80 Punkten fest. „Kurzfristig ist das wichtigste deutsche Börsenbarometer weiterhin als ‚überkauft’ zu bezeichnen“, erläutert der technische Analyst. Ein weiteres charttechnisches Anstiegspotenzial bis zum letzten mittelfristigen Reaktionshoch vom 9. September bei 10.515 Punkten eröffne sich erst beim nachhaltigen Anstieg über diese Widerstandszone.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine

Dienstag, 13. Oktober

11.00 Uhr. Deutschland: ZEW-Konjunkturlage/-erwartungen Oktober. Die DekaBank rechnet mit einer Eintrübung der ZEW-Konjunkturerwartungen, auch die Beurteilung der gegenwärtigen Konjunkturlage werde aufgrund der Sorgen um Schwellenländer schlechter ausfallen als im Vormonat.

Mittwoch, 14. Oktober

3.30 Uhr. China: Verbraucherpreise September. Nach dem Anstieg auf 2 Prozent (annualisiert) im August erwartet die DekaBank für den September einen Rückgang auf 1,8 Prozent. In Kombination mit schwachen Wirtschaftsdaten und seit mittlerweile dreieinhalb Jahren sinkenden Erzeugerpreisen werde das Bild einer Wirtschaft, die mit Überkapazitäten kämpfe und Nachfrageimpulse benötige, bestätigt werden.

14.30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsatz September. Die Commerzbank geht davon aus, dass der (nominale) Einzelhandelsumsatz im September im Vormonatsvergleich nur stagniert hat (Konsens 0,2 Prozent). Das liege ausschließlich am niedrigeren Benzinpreis, der den Umsatz der Tankstellen gedrückt habe.

Donnerstag, 15. Oktober

14.30 Uhr. USA: Verbraucherpreise September. Der spürbar niedrigere Benzinpreis macht sich auch bei der Inflation bemerkbar, erklärt die Commerzbank. Im September seien die Verbraucherpreise deshalb um 0,2 Prozent niedriger gewesen als im August. Ohne die volatilen Preise für Energie und Nahrungsmittel zeichne sich aber ein Anstieg um 0,2  Prozent ab.

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 12. Oktober 2015