Wochenausblick: Verschnaufpause oder Rückwärtsgang?

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27. Mai 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ist die Rallye schon vorbei? Nach der wochenlangen Rekordjagd an den internationalen Aktienbörsen ist die Unsicherheit mit den Kursrücksetzern am vergangenen Donnerstag wieder gestiegen. „Der Kurseinbruch des Nikkei in der vergangenen Woche um mehr als sieben Prozent ist ein Warnsignal. Angesichts der überreichlichen Liquidität und niedriger Zinsen herrscht Anlagenotstand und Performancedruck. Das sollte aber nicht dazu verleiten, unkalkulierbare Risiken einzugehen – schon gar nicht an den Aktienmärkten“, warnen Cyrus de la Rubia und Stefan Gäde von der HSH Nordbank.

Mittlerweile stellten sich immer mehr Marktteilnehmer mit Blick auf die atemberaubenden Gewinne der vergangenen Monate die Frage, ob die Kursniveaus fundamental zu rechtfertigen sind. „Aktien sind eine Wette auf die Zukunft. Aber rosig sieht die eigentlich nicht aus. Die Eurozone war im ersten Quartal dieses Jahres noch voll im Griff der Rezession und vorlaufende Indikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes liegen mehrheitlich unterhalb der Expansionsschwelle“, argumentieren die HSH-Analysten.

Am Montagmorgen gewinnt der DAX 0,49 Prozent auf 8.345 Punkte, für den Euro Stoxx 50 geht es um 0,69 Prozent auf 2.783 Punkte aufwärts. Zum Vergleich: Mitte vergangener Woche war das deutsche Börsenbarometer noch auf ein Rekordniveau von knapp 8.560 Zählern geklettert

Wachstumsperspektiven eher überschaubar

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Reinwand

Markus Reinwand von der Helaba geht davon aus, dass die jüngsten, zum Teil deutlichen Tagesverluste der Auftakt einer längst überfälligen Korrektur sein könnten. Schließlich seien die Notierungen gerade bei japanischen, aber auch bei US-amerikanischen Titeln seit sechs Monaten ohne sichtbare Verschnaufpause gestiegen. „Zuletzt hatten viele Marktteilnehmer diesen Trend einfach fortgeschrieben. Dabei ist die Situation für Aktien längst nicht mehr so komfortabel wie noch vor einigen Monaten“, erklärt der Analyst. Aktien seien damals noch unterbewertet gewesen und wenn die Konjunkturdaten enttäuschten, habe die Aussicht auf weitere unkonventionelle Lockerungsmaßnahmen der großen Notenbanken für den notwendigen Schwung gesorgt.

„Inzwischen wird in den USA angesichts günstigerer Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten ein früherer Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm diskutiert. Damit Aktien trotzdem weiter zulegen, müssten die Konjunkturdaten so stark ausfallen, dass die Perspektive auf steigende Unternehmensgewinne die schwindende geldpolitische Fantasie überkompensieren könnte“, fasst Reinwand zusammen. Aktuell sprächen die Konjunkturindikatoren der Industrie- und großen Schwellenländer jedoch für eher überschaubare Wachstumsperspektiven.

Gesunde Korrektur

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Halver

Aus Sicht der Landesbank Berlin (LBB) sollte die jüngste Korrektur allerdings nicht überbewertet werden, da es nicht zu panikartigen Bewegungen gekommen sei: „Der Dow Jones korrigierte an zwei Tagen weniger als 1 Prozent, die Umsätze verblieben im Normalbereich der vergangenen Monate und der DAX hatte im Vorfeld eine zwölftägige Gewinnserie mit der Verbesserung des Allzeithochs auf über 8.500 Punkte aufs Parkett gelegt“, fassen die Analysten des Instituts zusammen. Zudem seien die Kurse von Bundesanleihen zurückgekommen, was nicht für eine Flucht der Anleger in den sicheren Hafen spreche. „Auch der beachtliche Kurssturz des Nikkei erscheint vor dem Hintergrund der markanten Rallye der zurückliegenden Monate sogar als technisch gesunde Reaktion – zumal der Index im laufenden Monat immer noch einen Zuwachs von mehr als 5 Prozent aufweist.“

Zuversichtlich zeigt sich auch Robert Halver von der Baader Bank: „Deutsche Aktien haben ihr Kurspotenzial noch nicht ausgeschöpft. Zwar befindet sich der DAX auf hohem Niveau. Inflationsbereinigt auf Basis Februar 1991 ist er jedoch noch gut 18 Prozent von seinem Allzeithoch vom März 2000 entfernt“, erläutert der Marktstratege. Zudem berücksichtige der DAX als Performance-Index Dividendenzahlungen. „Ohne Dividenden ist der reine Kursindex von seinen Hochständen der Jahre 1997, 2000 und 2007 noch teilweise weit entfernt. Der DAX-Kursindex – also der reine Aktienkursindex ohne Dividenden – liegt rund 1.700 Basispunkte unter seinem Allzeithoch vom März 2000“, weiß Halver.

Technik weiter intakt

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Staud

Das Chartbild hat sich zwar kurzfristig etwas verschlechtert, mittelfristig hat die Aussicht auf weiter steigende Notierungen aber Bestand. So sieht das zumindest Wieland Staud, technischer Analyst und Geschäftsführer von Staud Research, der an seinem Jahreskursziel für den DAX von 9.000 Punkten festhält. Zwar sei der auf Wochenbasis hervorgegangene „Shooting Star“ – ein vorübergehendes Warn- bzw. Umkehrsignal – nicht zu ignorieren und spreche für eine Konsolidierung. „Die übergeordnet guten Perspektiven sehen wir durch die vorübergehende Auszeit aber nicht gefährdet. Vielmehr versprechen die zwischen 8.150 und 8.075 Punkten gelegenen soliden Haltelinien überschaubare Risikoverhältnisse“, argumentiert der Techniker. Erst ein nachhaltiger Fall unter diese Kursniveaus würde die in den zurückliegenden Tagen erarbeiteten Chancen gefährden. Kurzfristiges Aufwärtspotenzial eröffnen laut Staud Research Kurse über 8.550 Punkten.

Wichtige Konjunktur- und Unternehmensdaten

Die Konjunkturagenda ist in dieser Woche dünn bestückt. In den USA stehen die privaten Haushalte im Mittelpunkt des Interesses. Aus Europa kommen Daten zum Arbeitsmarkt und zur Entwicklung der Preise.

Montag 27. Mai

  • USA/Großbritannien: Feiertagsbedingt bleiben die Börsen in Großbritannien und den USA geschlossen

Dienstag 28. Mai

  • 16.00 Uhr. USA: Index des Verbrauchervertrauens. Aus Sicht der DekaBank dürfte sich das Verbrauchervertrauen angesichts einer fallenden Arbeitslosenquote, steigender Aktienkurse und kräftig zunehmender Immobilienpreise weiter verbessern und in der Nähe des bisherigen zyklischen Hochs liegen. Gleichwohl liegt der Indikator damit immer noch gut 20 Punkte unterhalb seines Durchschnittswerts in Aufschwungphasen.

Mittwoch, 29. Mai

  • 09.55 Uhr. Deutschland: Arbeitsmarktdaten Mai. Für den Monat Mai sollte die Anzahl der saisonbereinigten registrierten Arbeitslosen erstmals nach drei Monaten wieder zurückgegangen sein, erwarten die Analysten der DekaBank. Treiber sei das Baugewerbe, das einen größeren Produktionsstau abzuarbeiten habe. Die Bank rechnet dadurch mit einem Rückgang der nicht-saisonbereinigten Arbeitslosigkeit unter die Dreimillionen-Marke. Die Arbeitslosenquote wird auf 6,8 Prozent geschätzt (saisonbereinigt: unverändert 6,9 Prozent).

Donnerstag, 30. Mai

  • 14.30 Uhr. USA: BIP erstes Quartal (2. Veröffentlichung). Die Analysten der Helaba rechnen mit einem Zuwachs auf dem Niveau des Schlussquartals 2012 von 2,5 Prozent.

Freitag, 31. Mai

  • 11.00 Uhr. EU: Arbeitsmarktdaten April. Die Helaba erwartet eine Stagnation der Arbeitslosenquote auf Vormonatsniveau bei 12,1 Prozent. „Aufgrund der Rezession in wichtigen EU-Ländern ist die Arbeitslosigkeit im Währungsverbund kontinuierlich gestiegen. Trotz einer Stagnation im April dürfte die Spitze allerdings erst im Laufe des kommenden Jahres erreicht werden. Erste positive Impulse könnten vom Anlaufen der Tourismussaison in Südeuropa ausgehen“, lautet die Prognose des Instituts.
  • 11.00 Uhr. EU: Verbraucherpreise Eurozone Mai (Vorabschätzung). Nachdem die Inflation im April saisonal bedingt auf den tiefsten Stand seit drei Jahren gefallen war, erwartet die Deka Bank für Mai einen Anstieg. „Trotz leicht gesunkener Benzinpreise dürfte die Inflationsrate wieder auf 1,4 Prozent klettern. Sie ist damit aber immer noch niedrig und wird dafür sorgen, dass die Diskussion um eine weitere geldpolitische Lockerung der EZB anhält“, prognostizieren die Analysten.
  • 14.30 Uhr. USA: Persönliche Ausgaben und Einkommen April. Nach Einschätzung der DekaBank sollten die Daten zeigen, „dass die Konsumaktivität preisbereinigt weiterhin recht kräftig ist.“ Die Lohnentwicklung bleibe indes schwach, heißt es.
  • 15.45 Uhr. USA: Index Einkaufsmanager Chicago Mai. Im Einklang mit dem Konsens erwartet die Helaba einen Zuwachs auf 50 Punkte, nach 49 im Vormonat.

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 © 27. Mai 2013/Karoline Kopp