Zertifikate-Trends: Setzen auf Seitwärtsbewegung

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28. Mai 2014. Frankfurt (Börse Frankfurt). Der DAX steigt und steigt, viele Anleger positionieren sich allerdings für eine Seitwärtsbewegung oder allenfalls einen kleinen Anstieg, wie Anouch Wilhelms von der Commerzbank festgestellt hat. „Wir beobachten eine gestiegene Nachfrage nach Bonus- und Discount-Zertifikaten.“ Dabei reichten vielen Investoren Renditen im Bereich von 3 bis 7 Prozent.

„Es sind viele kurzfristig orientierte Anleger unterwegs“, meint Simon Görich von der Baader Bank. „Der Kapitaleinsatz wird gering gehalten, bis man weiß, wohin die Reise geht.“ „Derzeit ist Trading angesagt“, erklärt auch Benjamin Krüger von BNP Paribas. Häufigster Basiswert sei der DAX. „Das ist angesichts des Rekordhochs ja auch nicht verwunderlich.“

Besonders beliebt sind Krüger zufolge Aktienanleihen, aber auch Discount-Zertifikate. Bei Aktienanleihen hat der Emittent am Ende der Laufzeit das Recht, den Nominalbetrag zu 100 Prozent zurückzuzahlen oder Aktien zu liefern, sie eignen sich speziell in stagnierenden oder leicht steigenden Märkten. Auch Discount-Zertifikate funktionieren besonders gut in Seitwärtsbewegungen. Anleger erhalten sie zu einem Preis unter dem aktuellen Kurs des Basiswertes, im Gegenzug wird der mögliche Gewinn nach oben durch den sogenannten Cap begrenzt.

Gerne mit Hebel

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Wilhelms

Laut Wilhelms erfreut sich ein Bonus-Zertifikat auf den Euro Stoxx 50 (WKN CR0H28) hoher Nachfrage. Markus Königer von ICF Kursmakler meldet ebenfalls hohes Interesse an einem Bonus-Zertifikat auf den Euro Stoxx 50 (WKN PA101N). Das Letztere ermöglicht die Partizipation an steigenden Kursen und bietet eine zusätzliche Absicherung, wenn der Index die Barriere von 2.800 bis zum Ende der Laufzeit nicht berührt oder unterschreitet. In gehebelten DAX-Produkten wird laut Wilhelms ebenfalls gerne zugegriffen, etwa beim vierfach gehebelten Zertifikat auf den deutschen Aktienindex (WKN CZ24ZM).

Auch auf den Umsatzlisten der Börse Frankfurt für die vergangenen vier Wochen tummeln sich Anlage- und Hebelprodukte ganz oben: Auf dem ersten Platz steht diesmal ein mit Faktor Acht (WKN DB8DAX) gehebeltes Zertifikat auf den DAX, gefolgt von einem DAX-Indextracker (WKN 709335), einem vierfach gehebelten Zertifikat auf den deutschen Aktienindex (WKN DE4LEV) und einem Discount-Zertifikat auf den Euro Stoxx 50 (WKN DX6MC9).

Etwas ruhigerer Handel

Das Handelsaufkommen im Mai ist nach Einschätzung von Wilhelms höher als im April. „Es ist aber nicht so hoch wie in den Top-Monaten Januar bis März.“ Der April war von Zurückhaltung bei privaten Anlegern geprägt, wie der Deutsche Derivate Verband meldet: Der Handel mit Anlagezertifikaten und Hebelprodukten ging an den Börsen in Stuttgart und Frankfurt um 16,3 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro zurück. Anlageprodukte machten dem Verband zufolge 49,2 Prozent des Handelsvolumens aus, Hebelprodukte 50,8 Prozent.

Deutsche Bluechips und US-Tech-Werte

Von den Einzelwerten waren an der Börse Frankfurt in den vergangenen vier Wochen besonders die Deutsche Bank, BASF, Allianz, Apple, Daimler, Commerzbank und Eon beliebt. „Bei uns dreht sich alles um deutsche Aktien“, meint Wilhelms und nennt als Beispiel ein Discount-Zertifikat auf VW (WKN CZ1L8X). Krüger zufolge sind aber auch US-Werte en vogue. „Gemeint sind die großen US-Technologiewerte wie Apple, Facebook und Ebay, aber auch die etwas kleineren wie Netflix, Tripadvisor und Qualcomm.“ Viele US-Technologiewerte verloren im März und April deutlich an Wert, haben sich in den vergangenen Wochen aber wieder erholt.

Königer meldet reges Kaufinteresse an einem Turbo-Call auf Infineon (WKN VZ15AQ), mit dem Anleger überproportional von der Entwicklung des Halbleiterherstellers profitieren können. „Generell ist Infineon als Basiswert sehr gefragt.“ Auch Turbo-Optionsscheine auf Bayer (WKN VZ4GA1) sowie auf das Windenergieunternehmen Nordex und den Online-Zahlungsdienstleister Wirecard gehen dem Händler zufolge gut weg. Görich nennt den Autozulieferer Dürr und den IT-Konzern Hewlett-Packard als beliebte Basiswerte.

Preisanstieg bei Palladium lockt

Gold ist derzeit hingegen kein großes Thema. „Wir sehen schon eher Zertifikate auf Platin oder Palladium“, meldet Krüger. Der Palladium-Preis ist zuletzt auf ein Dreijahreshoch gestiegen, Hintergrund sind Streiks in südafrikanischen Minen, aber auch der Ukraine-Konflikt. Russland steht für mehr als 40 Prozent des weltweiten Palladiumangebots.

Viele Anleger mit langem Atem

Im Zertifikate-Markt sind im Übrigen längst nicht nur kurzfristig orientierte Investoren unterwegs: Mehr als jeder zweite Privatanleger investiert mittel- bis langfristig, hat der Deutsche Derivate Verband mittels einer Online-Umfrage herausgefunden, an der sich 2.402 Personen beteiligten: 30 Prozent der Teilnehmer hielten strukturierte Wertpapiere mehrere Jahre und nutzten Zertifikate somit zum langfristigen Vermögensaufbau, heißt es. Gut jeder Vierte habe eine Haltedauer von mehreren Monaten bis zu einem Jahr angegeben, 28 Prozent wenige Wochen oder ein paar Tage. Nur 14 Prozent der Befragten führten ihre jeweiligen Kauf- und Verkaufstransaktionen innerhalb eines Handelstages durch.

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 28. Mai 2014