Zertifikate-Trends: Viel Bewegung, viel Umsatz

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28. Januar 2015. Frankfurt (Börse Frankfurt). Über ein Mangel an Themen können sich Zertifikate-Händler derzeit nicht beschweren: der DAX im Höhenrausch, der Euro immer billiger, der Schweizer Franken freigegeben, der Ölpreis auf Talfahrt und wieder anziehende Goldnotierungen – und das alles bei hoher Volatilität. Für Anleger mit klarer Marktmeinung sind das gute Zeiten, ebenso wie für die Händler. „Insgesamt war der Januar ein sehr erfreulicher Monat mit sehr hohen Umsätzen“, berichtet Atakan Sahin von der ICF Bank. „Die Umsätze sind enorm angestiegen“, meint auch Andre Weinmann von der Baader Bank. Letztlich hänge alles mit QE, also dem Staatsanleihekaufprogramm der EZB zusammen, kommentiert Christian Glaser von der BNP Paribas. Die Erwartungen des Marktes an die Zentralbanker seien erfüllt oder sogar übererfüllt worden. „Viele Zertifikate-Anleger lagen mit ihrer Einschätzung eines steigenden DAX und sich abschwächenden Euro auch genau richtig.“

DAX: Bullen und Bären

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Sahin

Durch den rasanten Anstieg des deutschen Börsenbarometers von zwischenzeitlich unter 9.400 Punkten Anfang Januar auf über 10.800 am Montag dieser Woche stand der Index klar im Mittelpunkt des Interesses. „Wir haben extrem hohen DAX-Flow gesehen“, erklärt Weinmann. Lange sei auf einen weiter steigenden Index gesetzt worden. „Jetzt werden zumindest Long-Positionen aufgelöst, eine Trendwende ist das aber noch nicht.“ Auch Glaser zufolge bleibt die Grundstimmung positiv, auch wenn einige jetzt short gingen.

 „Das Gros der Anleger traut dem DAX momentan nicht noch höhere Indexstände zu“, meint hingegen Sahin. Nach Gewinnmitnahmen versuchten viele Zertifikate-Käufer nun, an einem fallenden DAX zu partizipieren, etwa mit einem zehnfach gehebelten Short Faktor-Zertifikat auf den DAX von Vontobel (WKN VZ8S10). Dessen Wertentwicklung orientiert sich an der Entwicklung des DAX, die dem Anleger sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Kursen zu 1.000 Prozent angerechnet wird.

Am liebsten stark gehebelt

Stark gehebelte Produkte stehen in der Gunst der Anleger generell weiterhin weit oben, wie die Umsatzstatistik der Börse Frankfurt für die vergangenen vier Wochen zeigt: Auf dem zweiten Platz findet sich zwar wieder ein klassischer DAX-Tracker (WKN 709335), abgesehen davon sind es aber mehrfach gehebelte Produkte mit besonders viel Zuspruch, etwa achtmal, sechsmal und viermal gehebelte Faktor-Zertifikate der Deutschen Bank auf den DAX (WKN DX8DAX, DX6DAX, DE4LEV) sowie ein zehnfach gehebeltes Faktor-Zertifikat von der Commerzbank auf den DAX-Future (WKN CR468T). Beliebt war auch ein Reverse Bonus-Zertifikat mit Cap auf den DAX (WKN VZ3SS5), mit dem Anleger auf eine negative Entwicklung setzen. Es bietet eine zusätzliche Chance, wenn der Index bis zum 18. Dezember dieses Jahres die Barriere von 12.000 Punkten nicht berührt oder überschreitet.

 Beliebtestes Underlying der vergangenen 30 Tage war mit Abstand der DAX, gefolgt vom Euro Stoxx 50, dem Wechselkurspaar Euro/US-Dollar, Öl der Sorte Brent, dem DAX-Future und Gold. Erst dann folgen Einzelaktien.

Einzelwerte: Mit Berichtssaison wächst Interesse

Lediglich Allianz, Daimler und BASF schafften es diesmal unter die Top Ten der gefragtesten Basiswerte. Jetzt sorgt die Berichtssaison aber für viele Nachrichten, am heutigen Mittwoch dreht sich Weinmann zufolge zum Beispiel viel um Apple. Der Konzern hat, dank iPhone 6, im vergangenen Quartal den bisher höchsten Gewinn aller Zeiten eingefahren, wie gestern bekannt wurde. „Anleger gehen weiter long“, berichtet der Händler. Glaser hat eine durchaus rege Nachfrage nach Zertifikaten auf DAX-Werte bemerkt, die von der Euroschwäche profitieren. „Das betrifft etwa BMW und Daimler.“ Daneben werde auch auf eine Wende bei Ölgesellschaften wie BP, Royal Dutch Shell oder Total gesetzt.

Bodenbildung bei Öl?

Die meisten Anleger sehen nämlich das Ende des Ölpreisverfalls gekommen, wie die Händler einhellig feststellen. Laut Weinmann fangen Anleger jetzt an, auf sich erholende Kurse zu setzen. Nach einem Rückgang um mehr als die Hälfte seit dem vergangenen Sommer hat sich der Preis für die Ölsorte Brent in den vergangenen zwei Wochen etwas unterhalb von 50 US-Dollar stabilisiert. Am Mittwochmittag liegt der Brent-Preis knapp unter 49 US-Dollar, die Notierung für die US-Sorte WTI bei 45,22 US-Dollar.

„Viele gehen davon aus, dass die Talsohle beim Öl erreicht ist, und positionieren sich mittelfristig Long“, erklärt Sahin. Zugegriffen werde daher etwa bei einem mit Faktor 4 gehebelten Long-Zertifikat auf Brent Crude (WKN DZF43L). Mit diesem wird Anlegern die Preisentwicklung der Nordseesorte Brent zu 400 Prozent angerechnet. Glaser zufolge ist ein Ölpreis-Tracker, das Open End Zertifikat auf RICI En. Brent Crude Oil  (WKN AA1HXV) sehr beliebt. „Das ist emotional eine schöne Sache: Steigt der Ölpreis, verdient man mit dem Zertifikat, sinkt er, spart man Geld beim Tanken.“

Weitere Euro-Abschwächung erwartet

Ganz klar ist im Übrigen die Einschätzung des Euro/US-Dollar-Wechselkurses: „Da wird eindeutig auf eine weitere Abschwächung des Euro spekuliert“, urteilt Sahin. „Die Short-Seite wird stark gespielt“, meint auch Glaser. Aktuell wird der Euro zu 1,1365 US-Dollar gehandelt, im Tief waren es 1,11, vergangenen Mai aber noch fast 1,40 US-Dollar.

Der Schweizer Franken und Aktien aus dem Alpenland bewegen nach der überraschenden Freigabe des Wechselkurses durch die Schweizerische Nationalbank ebenfalls die Gemüter. „Hier geht man davon aus, das Schlimmste schon gesehen zu haben“, meint Sahin. Anleger kauften daher zum Beispiel ein Bonus-Zertifikat auf Nestlé von Leonteq Securities (WKN LTQ0AP). Das ermöglicht die Partizipation an steigenden Kursen, bietet aber auch bei leicht fallenden Kursen einen Sicherheitspuffer.

Goldpreis fängt sich

Gold ist ebenfalls wieder Thema. „Wir stellen allerdings fest, dass Edelmetalle längst nicht mehr so interessieren wie in früheren Krisen“, kommentiert Glaser mit Blick auf die aktuelle Situation in Griechenland, wo die Linkspartei Syriza an die Macht gekommen ist. Dabei ist Gold, nach enttäuschenden zwei Jahren, ein guter Start in das neue Jahr geglückt, die Notierung kletterte von 1.183 US-Dollar je Feinunze per Ende Dezember auf aktuell 1.287 US-Dollar. Auch Weinmann zufolge halten sich Anleger zurück: „Es wird abgewartet.“ Sahin meldet Käufe in einem Gold Call-Optionsschein mit Basis 1.400 US-Dollar (WKN DZV90N).

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG

© 28. Januar 2015