Aktienfonds Nordamerika. Nur wenige Fondslenker sind so erfahren wie John Carey. Seit 1986 managt der promovierte Historiker von Boston aus den Pioneer U.S. Pioneer Fund.
€uro fragte den gebürtigen Kalifornier, wie er über US-Präsident Barack Obama denkt und worin er jetzt anlegt.
€uro: Mr. Carey, Sie erleben nicht Ihre erste Finanz- und Wirtschaftskrise. Was ist diesmal anders?
John Carey: Wir schauen vor allem auf die Unternehmen. Mittlerweile müssen wir aber auch die Politik beachten. Die Obama-Administration greift stark in die Wirtschaft ein. Leider oft zu hastig, so dass die Gesetze mehr schaden als nützen.
€uro: Im November wählen die US-Bürger das Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren. Die Republikaner dürften zulegen.
Carey: Aber sie gewinnen nicht genug Sitze, um beide Häuser zu kontrollieren. Aber genug, um die Obama-Administration zu ärgern.
€uro: Mit welchen Folgen?
Carey: Weniger staatliche Eingriffe. Aber die Steuern werden steigen.
€uro: So könnte das Budgetdefizit sinken.
Carey: Die Obama-Regierung müsste dazu vor allem die Ausgaben reduzieren. Das sehe ich aber nicht. Die Gesundheitsreform wird teuer und den Verteidigungsetat kann sie kaum kürzen. Besonders wenn die Krisen im Iran und Korea eskalieren.
€uro: Inwiefern leiden die Unternehmen darunter?
Carey: Nur bedingt. Sie sind stetig produktiver geworden, vor allem seit 2008. Zudem gab es seit 20 Jahren keine gesünderen Bilanzen.
€uro: Trotz Finanzkrise?
Carey: Die Lage war nie so schlecht, wie viele gedacht haben. Bis auf Banken und Immobilien haben alle Branchen weiter Geld verdient.
€uro: Das heißt für Ihren Fonds?
Carey: Wir kaufen nur günstige Qualitäts-Blue-Chips, meist für drei bis fünf Jahre.
€uro: Zählen Banken dazu?
Carey: Wir haben ihren Anteil erhöht, sind darin aber weiter untergewichtet. Wir bevorzugen Unternehmen, die sich selbst finanzieren können und nicht von staatlicher Hilfe abhängen.
€uro: Aber Bankaktien waren seit März 2009 sehr erfolgreich.
Carey: Aktien geringer Qualität haben seit 1980 achtmal eine Kursrally erlebt, darunter jene im vergangenen Jahr. Aber diese Rallys hielten nie lange an. Auch jetzt werden diese Titel wieder auf dem Boden der Realität landen, weil Anlegerzu hohe Gewinne eingepreist haben. Das gilt für etliche Banken, aber auch für viele Zykliker und Rohstoffwerte. Ihre KGVs liegen zum Teil bei 25 bis 30.
€uro: Sie glauben an Qualitätswerte. Warum?
Carey: Wir mögen stabile Erträge, hohe Dividenden, geringe Schulden und gute Produkte, die ihren Markt dominieren – langfristig zahlt sich dies immer aus.
€uro: Und kurzfristig?
Carey: Qualitätswerte sind meist teurer als Titel geringer Qualität. Jetzt sind sie günstiger – und das, obwohl sie risikoärmer sind.
€uro: Haben Sie ein Beispiel?
Carey: Johnson & Johnson wird derzeit mit einem 12er-KGV bewertetund das Pharmageschäft ist sehr kalkulierbar.
€uro: Ihr Ausblick für Aktien?
Carey: Manchmal sind Anleger ängstlich, dann wieder euphorisch. Daher schwanken Aktienkurse stärker als ihre Fundamentaldaten. Ich kann diese Emotionen nicht vorhersagen