22. November 2001. FRANKFURT (finanzen.net). Bis Mittwoch läuft in Frankfurt das Deutsche Eigenkapitalforum. Exklusiv wird analysiert, bei welchen Small- und Midcaps es richtig gut läuft und von welchen Aktien Anleger besser die Finger lassen. Wir stellen fest: Der einstige Neue-Markt-Star Edel ist wieder da.
Edel
Spannend wurde es zum Abschluss des ersten Tages noch einmal bei der Präsentation von Edel. Der Kurs hatte Ende vergangener Woche nach exzellenten Zahlen für das am 30. September abgelaufene Geschäftsjahr 2010/11 bereits kräftig angezogen und behauptete sich auch am Montag in einem miserablen Marktumfeld sehr gut.
Das Hamburger Unternehmen – einst einer der Klassiker am Neuen Markt – hatte in den vergangenen Jahren eher zurückhaltende Investor-Relations-Arbeit betrieben (Vorstandchef Michael Haentjes: „Nennen wir es solide“), aber nicht groß auf die Sahne gehauen. Deshalb war die Aktie vom Radar vieler Investoren verschwunden. Dass soll sich nun ändern. Zwar will, Haentjes, der mit knapp 64 Prozent auch die Aktienmehrheit hält, keineswegs eine Show abziehen oder übertriebene Erwartungen wecken, in Zukunft aber wieder häufiger den Dialog mit den Investoren suchen. Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren vom Musikspezialisten zum Mediendienstleister gewandelt. Die Produktion von Tonträgern wie CDs und LPs (diese erleben gerade eine Renaissance) zählt zwar weiter zum Kerngeschäft. Inzwischen kamen jedoch auch Videos/DVDs und über die Tochter Kontor New Media auch Musik-Downloads sowie ein Buchverlag hinzu: Mit der Übernahme des Zabert Sandmann Verlags sieht Haentjes das Unternehmen optimal aufgestellt: Unter anderem verlegt man Kochbücher von Stargastronomen wie Alfons Schuhbeck oder Johann Lafer. Somit verfügt das Unternehmen über ein stabiles Kerngeschäft, das seine Marge durch fortlaufende Entschuldung kontinuierlich verbessern kann. Den zusätzlichen Schuss Wachstumsfantasie steuert das Musik-Downloadgeschäft bei.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielte der Konzern ein Umsatzplus von sechs Prozent auf 137,4 Millionen. Das Nettoergebnis stieg um 50 Prozent auf 4,2 Millionen Euro. Der Vorstand hat die Ausschüttung einer Dividende von zehn Cent je Anteilsschein vorgeschlagen, was einer Rendite von etwa fünf Prozent entspricht. Ob die Präsentation auf dem Eigenkapitalforum (EKF) die Investoren restlos überzeugen konnte, wird sich wohl erst morgen im Kurs zeigen, denn der Vortrag begann erst um 18 Uhr.
IBS
Am späten Montagnachmittag (17.15 Uhr) präsentierte auf dem EKF die Softwarefirma IBS. €uro am Sonntag traf sich bereits vorab am Rande der Finanzveranstaltung im Frankfurter Messe-Center mit Firmenchef Klaus-Jürgen Schröder. Der Vorstand gab uns eine kurze Vorschau auf seine nahende Präsentation und eine Einschätzung zum operativen Geschäft. Das entwickelt sich laut Schröder nach wie vor zufriedenstellend. Im dritten Quartal setzte sich der positive Trend beim Auftragseingang fort, das Ordervolumen legte um fünf Prozent zu. „Aktuell sehen wir keine Hinweise für eine Abschwächung unseres operativen Geschäfts“, sagte der Firmenlenker.
Im dritten Quartal legte der Umsatz um 29 Prozent auf 6,5 Millionen Euro zu, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um 15 Prozent auf fast 0,6 Millionen Euro. Am Jahresende erwartet Schröder ein Umsatzplus von 17 Prozent auf 25 Millionen Euro, die Ebit-Marge soll zwischen zehn und zwölf Prozent landen. Einen konkreten Ausblick auf das kommende Geschäftsjahr wagt der IBS-Chef zwar noch nicht, doch auch 2012 dürfte IBS seiner Meinung weiter wachsen.
Wachstumsfantasie verspricht der Ausbau des internationalen Geschäfts, zum Beispiel in China. Aber auch neue Softwareprodukte, wie etwa das Echtzeit-Ortungssystem LIS, das IBS jüngst beim Automobilkonzern BMW einführte und das dem Unternehmen allein durch den bayrischen Autobauer ab 2012 jährlich rund fünf Millionen Euro zusätzlichen Umsatz bescheren wird. Gut möglich, dass IBS diese System auch bei anderen Automobilkonzernen einführen wird. „Wir befinden uns dafür in konkreten Verhandlungen mit mehreren Unternehmen“, sagt Schröder und stellte auf dem Eigenkapitalforum weitere Vertragsabschlüsse für 2012 in Aussicht.
Zu den immer wieder aufkeimenden Übernahmespekulationen, Siemens wolle sich die kleine Softwarefirma früher oder später einverleiben, wollte sich Schröder indes nicht näher äußern. „Siemens ist ein guter Kunde von uns, mit dem gerne zusammenarbeiten, nicht mehr und nicht weniger.“ Gespräche über eine noch engere Kooperation oder gar eine Übernahme durch die Münchner seien laut Schröder in jüngster Zeit nicht geführt worden. Eine Übernahme durch Siemens ist unserer Meinung dennoch nicht unwahrscheinlich. Schon vor einigen Jahren wollte der bayrische DAX-Konzern die Gesellschaft aus Höhr-Grenzhausen übernehmen und bot damals fünf Euro je Aktie. Der Zukauf scheiterte damals an der erwünschten Mehrheit von 70 Prozent. Firmenchef Schröder, der etwas mehr als die Hälfte aller Aktien hält, wollte das Angebot zwar annehmen, andere Investoren wehrte sich indes gegen die Offerte und spekulierten auf eine preisliche Nachbesserung, die dann aber aus blieb.
YOC
Die Aktie des Mobile-Marketing-Spezialisten YOC kann sich heute nicht gegen den allgemeinen Abwärtstrend an den Börsen stemmen. Am Montagmittag präsentierte zwar Firmenchef Dirk Kraus sein Unternehmen auf dem Eigenkapitalforum. Echte Euphorie kam danach bei den zahlreichen Investoren, die seiner Präsentation lauschten, offensichtlich trotzdem nicht auf. Aktuell notiert der Titel mit über vier Prozent im Minus. Die Aktie setzt damit den scharfen Abwärtstrend der vergangenen Wochen fort. Zu tief steckt vielen Anlegern wohl noch die Enttäuschung über die vor zwei Wochen präsentierten Quartalszahlen in den Knochen.
In den ersten neun Monaten 2011 rutsche YOC bei einem Umsatz von 23 Millionen Euro mit 2,5 Millionen Euro in die Verlustzone. „Dass wir rote Zahlen ausweisen mussten, war eine neue Erfahrung für uns und unsere Aktionäre“, sagte Kraus auf dem EKF. Die Gründe für die Verluste waren Abschreibungen von fast fünf Millionen Euro und ein schwacher Auftragseingang sowie zu lange Umsetzungszeiten bei der Neueinführung von Produkten wie dem Smart Web App und eine daraus resultierende verzögerte Umsatzrealisierung des Mobile Technology Segmentes. Der Kernbereich Media, der mittlerweile 60 Prozent des Gesamtgeschäftes abdeckt, wachse laut Kraus bei einem beschleunigten Umsatzanstieg allerdings weiterhin überproportional zum Markt.
Auch das internationale Geschäft entwickle sich nach Meinung des Vorstands positiv. Durch die Übernahme der französischen Tochtergesellschaft MobilADdict SAS und die erfolgreichen Media-Units in Deutschland, Spanien, Österreich und Großbritannien, konnte die Wettbewerbsposition in Europa weiter gestärkt werden. Der Umsatz des internationalen Geschäfts stieg zuletzt um über 80 Prozent auf fast elf Millionen Euro. Damit erzielt YOC mittlerweile gut die Hälfte der Erlöse im Ausland. Im Vorjahr lag der Anteil erst bei 26 Prozent. Um die laut eigenen Angaben marktführende Position in Europa zu erweitern, will sich die Firma in Zukunft gezielt auf die Kerngeschäfte Mobile Technology und Media fokussieren und das Unternehmen in diesen Bereichen langfristig zu einem global führenden Unternehmen auszubauen. Firmenchef Dirk Kraus will seine Firma „mit voller Kraft“ vorantreiben, die Probleme im Mobile Technology Segment lösen und das boomende Media Segment weiter forcieren. Im Geschäftsjahr 2011 erwartet Kraus bei einem Gesamtumsatz von bis zu 32 Millionen Euro aber nach wie vor Verluste. Das Ergebnis von Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) wird auf annähernd drei Millionen Euro geschätzt.
Orad
Traditionell stark präsentiert sich zum Eigenkapitalforum die Aktie von Orad Hi-Tec Systems. So auch in diesem Jahr. In einem extrem schwachen Marktumfeld legt der Wert aktuell um etwa 3,5 Prozent zu. Die Präsentation zur Mittagszeit konnte die Investoren offensichtlich überzeugen. Das Unternehmen, das zu den weltweit führenden Anbietern von TV-Grafik- und Videolösungen zählt, hat den Umsatz in den ersten 9 Monaten 2011 um 22 Prozent auf 25,7 Millionen US-Dollar gesteigert. Das Nettoergebnis übertraf mit 2,3 Millionen US-Dollar den Vorjahreswert von (2,0 Millionen) US-Dollar um 15 Prozent. Trotz einer Dividendenausschüttung von fünf Millionen Dollar und dem Zukauf des Zukaufs der Firma IBIS liegen in der Kasse immer noch solide 13,4 Millionen Dollar Cash. IBIS ist ein Spezialist für Media Asset Management (das Verwalten von Medieninhalten wie Videoclips, Filmbeiträgen oder Grafiken ohne Kassetten- bzw. CD-Archiv). Nach dem besten Quartal der Firmengeschichte erwartet Vorstandschef Avi Sharir ein gutes Jahresendgeschäft.
Mit neuen Großaufträgen – unter anderem von CCTV (China) und TV Globo (Brasilien) geht er zudem voller Zuversicht ins neue Jahr. 2012 stehen neben den Olympischen Spielen und der Fußball-EM auch US-Wahlen an. Bereits ein Jahr vorher mache sich das in starker Nachfrage der Sender nach TV-Grafiken bemerkbar. Die Aktie macht mit nur 26 Millionen Euro Börsenwert einen stark unterbewerteten Eindruck. Problem: In den vergangenen Jahren hielt die Hausse nach dem Eigenkapitalforum stets nur einige Wochen an, dann geriet sie wieder in Vergessenheit. Der neue Finanzvortsand Sidi Ilan will nun dafür sorgen, dass es diese Mal anders kommt.
Dieser Bericht wurde zur Verfügung gestellt von finanzen.net. Vom Eigenkapitalforum in Frankfurt berichten dort Jens Castner, Lars Winter und Joachim Spiering.