Anleihen: „Todeszinsen“ für Italien

11. November 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach großem Helau wird den Börsianern am heutigen 11.11., dem offiziellen Beginn der Karnevalssaison, nicht zu Mute sein. „Sicherheit ist Trumpf. Auch wenn’s dafür kaum mehr eine Rendite gibt, flüchtet das Gros der Anleger in den sicheren Hafen der Bundesanleihen“, beschreibt Klaus Stopp von der Baader Bank die aktuelle Lage am Rentenmarkt.

Renditen italienischer Staatsanleihen erreichten in dieser Woche immer luftigere Höhen. Am Mittwoch stieg der Zins für Papiere mit zehnjähriger Laufzeit auf Rekordwerte von 7,46 Prozent. „Das sind Niveaus, bei denen Portugal und Griechenland um Hilfe bitten mussten“, bemerkt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft.

Laut Arthur Brunner von ICF Kursmakler werden in diesem Jahr noch 40 und im nächsten 300 Milliarden Euro italienische Anleihen fällig. „Deshalb muss jetzt von allen Akteuren schnell gehandelt werden. Denn die EFSF wäre mit ihren Mitteln von derzeit 440 Milliarden Euro mit der Stützung Italiens überfordert.“ Seit Donnerstag zeichnet sich allerdings eine Entspannung ab. Die Aussicht auf eine Übergangsregierung in Italien unter Führung des früheren EU-Kommissars Mario Monti sorgt für Erleichterung, auch die Ernennung des Finanzexperten Lucas Papademos zum neuen griechischen Ministerpräsidenten besänftigt die Gemüter etwas.

Deutschland refinanziert sich fast für lau


Daniel

„Die Griechenland-Story ist gestorben, im Moment bleibt Italien das großen Thema“, erklärt Daniel. So seien die Umsätze in Griechenland-Anleihen gesunken, die Kurse langjähriger Papiere hätten sich um 30 Prozent eingependelt. „Das zeigt aber auch, dass niemand an den Schnitt von 50 Prozent glaubt.“

Dass die Herabstufung Frankreichs durch die Ratingagentur Standard & Poor`s ein Fehler war, bezweifelt er im Übrigen. „Wer das glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann.“ Er geht davon aus, dass von politischer Seite Einfluss genommen wurde. S&P entzog gestern Frankreich die Bestnote AAA, ruderte kurz darauf aber zurück und führte einen technischen Fehler zur Begründung an. An der Bonitätsnote Frankreichs hängt auch die des Rettungsschirms EFSF. Selbst österreichische Staatsanleihen zählten diese Woche zu den Verlierern, wie Brunner erklärt. „Dem Land könnte durch die enge Verflechtung mit Italien der Verlust der Bestnote AAA drohen.“

Der Bund-Future kletterte derweil zwischenzeitlich auf über 139 Punkte und somit auf ein neues Allzeithoch, aktuell notiert er bei 138,14 Punkten. Für zehnjährige Bundesanleihen erhalten Anleger im Moment nur noch 1,784 Prozent.

Nichts desto trotz: Deutsche Staatspapiere bleiben Kassenschlager. Gesucht waren Stopp zufolge etwa die bis Oktober 2014 laufende Bundesobligation Serie 155 (WKN 114155), die lediglich eine Rendite von rund 0,49 Prozent aufweise, sowie eine Bundesanleihe mit Laufzeit bis Mai 2016 (WKN 113529), die mit 0,70 Prozent rentiere. „Damit bieten die Bundestitel längst nicht mal mehr den Inflationsausgleich.“ Den Bundesfinanzminister freue dies, könne sich doch der Staat derzeit fast zum Nulltarif refinanzieren.

Unternehmensanleihen: Zumindest ein ordentlicher Ruf

Die extreme Unsicherheit führt vielerorts zur Schockstarre. „Anleger warten im Moment die weitere Entwicklung ab und halten sich mit neuen Positionen zurück“, erklärt Brunner. Die Umsätze in Euro seien in dieser Woche recht gering gewesen. „Dagegen waren Anleihen in US-Dollar von Anlegern gefragt.“ Aber auch hier seien es Emittenten hoher Bonität wie Weltbank und Procter & Gamble gewesen, die gekauft wurden. Rainer Petz von Close Brothers Seydler zufolge glich die Entwicklung von Unternehmensanleihen in dieser Woche einer „Achterbahnfahrt“. Je nach Nachrichtenlage stiegen, beziehungsweise fielen die Kurse.


Stopp

Laut Klaus Stopp finden Corporate Bonds von Emittenten, die zwar nicht das beste Rating, aber eine „ordentliche Reputation“ aufweisen, immer wieder ihre Käufer. „Dies trifft etwa auf einen Bond von Dürr zu, der bei einer Laufzeit bis September 2015 derzeit eine Rendite von rund 3,71 Prozent bringt“, erklärt der Rentenhändler (WKN A1EWGX). Dasselbe gelte für eine bis September 2035 laufende nachrangige Anleihe von General Electric (WKN A0GFB8), die mit rund 5,90 Prozent rentierte, sowie einen kündbaren Bond von Hornbach (WKN A0C4RP), der im November 2014 fällig werde. Gute Umsätze sind Petz zufolge auch bei einer Ende Oktober emittierten Hybridanleihe des Energieversorgers EnBW zu beobachten (WKN A1MBBB). „Die Laufzeit geht bis 2072, der Kupon liegt zunächst bei 7,375 Prozent.“

Kursrutsch bei Heckler & Koch

Daneben hatte die Razzia bei Heckler & Koch heftige Kursverluste bei der bis 2018 laufenden Anleihe des Waffenherstellers (WKN A1KQ5P) zur Folge, wie Händler melden. Innerhalb kurzer Zeit rutschte der Kurs von 74 auf aktuell 62,5 Prozent ab. Am gestrigen Donnerstag durchsuchten rund 300 Polizisten den Firmensitz im schwäbischen Oberndorf. Das Unternehmen, das immer wieder in die Schlagzeilen gerät, soll in Mexiko Beamte mit Bargeldzahlungen bestochen haben, um Lieferaufträge für Waffen zu erlangen.

Faurecia und Norcell mit neuen Hochverzinslichen

Bei Neuemissionen üben sich die Unternehmen weiter in Zurückhaltung. „Im Investmentgrade-Bereich gab es nur eine einzige Neuemission“, erklärt die Baader Bank mit Verweis auf den Energiekonzern Gaz de France Suez SA (WKN A1GXBA).

Im „Ramschbereich“ hätten zwei Unternehmen erfolgreich Kapital eingesammelt: Der Automobilzulieferer Faurecia (WKN A1GW25) mit einer bis 2016 laufenden Anleihe mit einem Kupon von 9,375 Prozent und Schwedens größter Kabelnetzbetreiber Norcell (WKN A1GW62) mit einer achtjährigen Anleihe, die einen Kupon von 11,75 aufweist. „Die Benotung Caa1/CCC+ deutet laut deutscher Definition auf „Nur bei günstiger Entwicklung sind keine Ausfälle zu erwarten“ hin, was die hohe Rendite rechtfertigt“, erläutert Stopp in Bezug auf Norcell.

Die Faurecia-Anleihe, die bereits an der Börse Frankfurt gehandelt wird, notiert aktuell bei 102 zu 103 Prozent. Händlern zufolge geht im Interbankenmarkt bei beiden Anleihen einiges um, bei Privatanlegern seien aber noch keine großen Umsätze zu verzeichnen.

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© 11. November 2011 / Anna-Maria Borse