Anleihen: Anleger in Habachtstellung

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26. Oktober 2012. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Von einer umsatzschwachen Woche, berichten Market Maker aus dem Rentenhandel. „Die Leute bleiben in Habachtstellung“, kommentiert Arthur Brunner von ICF Kursmakler mit Blick auf den anhaltend negativen Nachrichtenfluss um Griechenland und enttäuschende Wirtschaftsdaten aus der Eurozone. „Es gab nur wenig politische Events in den vergangenen Tagen und wichtige Wirtschaftsdaten, wie der ifo-Index aus Deutschland, haben enttäuscht. Eine Korrektur im Euro-Bund-Future lässt daher weiter auf sich warten.“

Draghi verunsichert mit „Roadshow“

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Stopp

Klaus Stopp von der Baader Bank ergänzt: „Die vergangenen Handelstage standen ganz im Zeichen fallender Notierungen am Aktienmarkt und der ständigen Ungewissheit bei der Lösung der Finanzierungsprobleme in der Eurozone.“ EZB-Präsident Mario Draghi, der in dieser Woche vor den Abgeordneten des Bundestages für seine umstrittene Strategie zur Euro-Rettung warb, habe die Verunsicherung sogar noch gesteigert. „Dass ein EZB-Präsident auf ‚Roadshow‘ geht und sich den Fragen von Volksvertretern stellt, ist schon eine einmalige Sache und trägt sicherlich nicht zur nachhaltigen Beruhigung der Kapitalmärkte bei“, argumentiert der Händler.

Aus Sicht von Gregor Daniel, Händler der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft, hat angesichts der Vielzahl negativer Meldungen in den vergangenen Monaten und Jahren mittlerweile jedoch eine Art „Nachrichtenübersättigung“ bei den Investoren eingesetzt: „Griechenland hat offenbar schon wieder neue Löcher ausgemacht, was einige Leute dazu bewogen hat, bei den Anleihen des Euro-Krisenstaats in dieser Woche auf die Verkaufstaste zu drücken – insgesamt ist aber trotzdem alles ziemlich ruhig. Die anhaltend schlechten Nachrichten aus der Euro-Peripherie, die vor zwei Jahren wahrscheinlich noch massive Verwerfungen an den Märkten bewirkt hätten, prallen mittlerweile offenbar an vielen Leuten einfach ab.“

Anleger nehmen wieder Kurs auf deutschen Rentenhafen

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Brunner

Deutsche Bundesanleihen sind in dem unsicheren Makroumfeld gesucht. So hat das Rentenbarometer Euro-Bund-Future im Verlauf der Woche wieder den Sprung über die Marke von 140 Prozent geschafft und notiert am Freitagmittag bei knapp 140,90 Punkten, nach 139,82 Prozent in der Vorwoche. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen beträgt 1,54 Prozent, am vergangenen Freitag waren es noch 1,63 Prozent.

Auch am Primärmarkt ist die Nachfrage nach den vermeintlich sicheren deutschen Bundesanleihen gestiegen. „Der Bund hat in dieser Woche zehnjährige Anleihen in einem Volumen von 4 Milliarden Euro platziert, wobei die Nachfrage mit rund 5 Milliarden das Angebot deutlich übertraf. Bei der vorangegangenen Auktion gleicher Titel war das noch ganz anders: Da wurden von den angebotenen 5 Milliarden Euro lediglich 4 Milliarden nachgefragt“, weiß Brunner. 

Air Berlin-Anleihe wegen Aufstockung unter Druck

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Daniel

Beliebt sind bei den Anlegern weiter die Corporate Bonds. „Angesichts der ständigen Nachrichtenflut von Seiten der Schuldenkrise, weiß keiner mehr, was er wirklich glauben oder ernst nehmen soll. Unternehmensanleihen sind auch deshalb attraktiv, weil es hier wenigstens handfeste Stories gibt, die man nachvollziehen kann“, erklärt Daniel. So stehe am heutigen Freitag etwa die bis 2014 laufende Anleihe von Air Berlin (WKN AB100C) unter starkem Abgabedruck, weil das Papier zu einem Kurs von 101 um bis zu 50 Millionen Euro aufgestockt werden soll. „Heute Morgen notierte die Anleihe noch bei einem Kurs von 105,5. Mittlerweile sind wir schon bei 102,10 angekommen“, berichtet der Händler.

Privatinvestoren greifen laut Brunner weiterhin gern zu einer IKB Nachranganleihe (WKN 273032) mit einer Restlaufzeit von knapp einem halben Jahr. „Sollte sie zurückgezahlt werden, lockt eine Rendite von 11,65 Prozent.“ Gut gehalten habe sich in der vergangenen Woche auch eine Anleihe der Karlsberg Brauerei, die mit einem Kurs von 105,75 auf einem sehr hohen Niveau notiere. „Karlsberg ist unter den neuen Zeichnungen derzeit das beste Papier bei uns“, merkt der Market Maker an.

Deutlich überzeichnet

Am Primärmarkt für Euro-Corporates hat sich die Stimmung laut Baader Bank in der abgelaufenen Woche insbesondere für die Emittentenadressen aus der Eurozonenperipherie weiter aufgehellt. So habe sich etwa das spanische Infrastrukturunternehmen Abertis nach drei Jahren Abstinenz zurück an den Anleihemarkt getraut und dabei 750 Millionen Euro eingesammelt. „Der Triple-B-Emittent offerierte den Investoren eine Anleihe mit einer siebenjährigen Laufzeit und, bei einer deutlichen Überzeichnung, eine Rendite von 4,825 Prozent“, berichtet Stopp.

Am Dienstag dieser Woche emittierte der deutsche Versandhandelskonzern Otto GmbH & Co. KG eine 300 Millionen Euro große Anleihe mit Fälligkeit im November 2019. Der Kupon beträgt 4,00 Prozent, als Emissionskurs wurde 99,25 Prozent festgesetzt.

© 26.Oktober 2012 / Karoline Kopp