4. April 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen, weicht. Es ist wieder Ruhe eingekehrt an den Aktienmärkten – trotz der weiterhin ungelösten Probleme mit dem Kernkraftwerk in Japan, des Kriegs in Libyen und der schwelenden Euro-Krise. Der VDAX-New, auch als Angstbarometer bezeichnet, ist wieder auf normale Niveaus gesunken, nachdem er vor dem Hintergrund der Atomkatastrophe in Fukushima auf den höchsten Stand seit dem vergangenen Sommer geklettert war.
Mit Spannung erwartet wird in dieser Woche vor allem der Donnerstag: Die Marktbeobachter gehen inzwischen fest von einer Zinsanhebung der Europäischen Zentralbank um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent aus. Daran änderten auch die schwächelnden Euro-Länder Portugal und Irland nichts, wie die Marktteilnehmer meinen. „Die EZB richtet sich nach Durchschnittsdaten aller und nicht nach Zahlen einzelner Länder. Und die neuesten Daten signalisieren anziehende Inflationsraten“, kommentiert etwa Klaus Stabel von ICF Kursmakler. Nach Kursgewinnen von 3,4 Prozent in der Vorwoche liegt der DAX heute Morgen bei 7.197 Punkten leicht im Plus, der Nikkei 225 war nahezu unverändert aus dem Handel gegangen.
Zinserhöhung und steigender Ölpreis belasten
Christian Stocker prognostiziert für diese Woche einen schwächeren Aktienmarkt, die Erholungsrallye nach den starken Verlusten der Vorwochen sei beendet. „7.000 Punkte oder einen Schnaps darunter sind wahrscheinlich.“ Der Analyst der Unicredit verweist auf die Zinsanhebung der EZB, außerdem erwartet er einen weiter steigenden Ölpreis. Darüber hinaus seien die jüngsten Signale aus China nicht mehr so positiv. „Das Umfeld hat sich eingetrübt“, meint Stocker.
Kein Umfeld für Verlaufshochs
Auch Babak Kiani von HSBC Global Asset Management Deutschland zeigt sich eher skeptisch: „Die Weltwirtschaft sollte zwar auch in diesem Jahr unter Führung der Emerging Markets ein gesundes Wachstum erzielen,die Unternehmen in diesem Umfeld gute Umsatz- und Gewinnzahlen präsentieren können“, meint der Leiter Portfolio Management Aktien. Die Unsicherheit greife allerdings derzeit um sich, der kurzfristige Ausblick trübe sich etwas ein. „Schon hat eine Reihe von Unternehmen eine spürbar vorsichtigere Sprache bei der Zukunftsprognose übernommen.“ Kiani hält die Folgen des Erdbebens in Japan für verkraftbar, verweist aber auf die noch ungewissen Folgen des Atomunglücks. Daneben führt er die überschuldeten Staatshaushalte als Problem an. „Ob die Aktienmärkte in diesem Umfeld ohne Weiteres neue Verlaufshochs markieren können, ist unserer Ansicht nach zunehmend fraglich“, urteilt Kiani. Er hält steigende Kurse für eine gute Gelegenheit, Positionen abzubauen.
Verbessertes technisches Bild
Charttechnisch sieht es nach Einschätzung der Helaba allerdings nicht schlecht aus aus. Der Sprung über eine wichtige Widerstandszone, das 61,8 prozentige Retracement des jüngsten Kursrutsches und die ehemalige Unterstützungslinie des langfristigen Aufwärtstrends sei offenbar gelungen. „In diesem Fall entstünde Raum zunächst bis 7.165 Punkte“, meint der technische Analyst Ralf Umlauf. Von quantitativen Indikatoren wie Stochastic und MACD werde das Bild gestützt, auch der DMI drehe auf Kauf. „Eine Befestigung bis 7.222 oder 7.311 Punkte sollte in der neuen Woche ins Kalkül gezogen werden.“
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Montag, 4. April
11.00 Uhr. Deutschland: Produzentenpreise Februar. Die Helaba rechnet mit einem Plus von 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat, im Januar waren es noch 1,5 Prozent.
Dienstag, 5. April
11.00 Uhr. EU: Einzelhandelsumsätze Februar. Umfragen zufolge erwarten Analysten im Schnitt einen nur leichten Zuwachs von 0,1 nach 0,3 Prozent im Januar.
16.00 Uhr. USA: ISM Dienstleistungsindex März. Nachdem der ISM-Einkaufsmanagerindex im Februar das höchste Niveau seit August 2005 erreicht hatte, rechnet die DekaBank für den März mit einer Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau. Für die kommenden Monate sei allerdings von einer gewissen Abschwächung auszugehen, die als Normalisierung nach der aktuellen Phase starken Wachstums zu werten wäre.
20.00 Uhr. USA: Sitzungsprotokoll der US-Notenbank vom 15. März. HSBC Trinkaus & Burkhardt geht davon aus, dass das Protokoll genauere Einblicke in die Pläne der Fed ermöglicht. Die Analysten erwarten, dass die Zentralbank das Anleiheaufkaufprogramm bis zur Jahresmitte wie geplant umsetzen und sich mit Zinserhöhungen noch Zeit lassen wird.
Mittwoch, 6. April
12.00 Uhr. Deutschland: Auftragseingänge Industrie Februar.Laut DekaBanksind die Auftragseingänge im Februar leicht rückläufig gewesen, konkretgehen die Analysten von einem Minus von 0,5 Prozent gegenüber dem Januar aus.
Donnerstag, 7. April
Bank of Japan Sitzungsergebnis
12.00 Uhr. Deutschland: Industrieproduktion Februar.Die DekaBank sieht die Baubranche im Minus und prognostiziert insgesamt eine Stagnation.
13.00 Uhr. Großbritannien: Sitzungsergebnis Bank of England. Anders als die EZB wird die Bank of England nach Ansicht der Helaba noch stillhalten – trotz größerer Inflationsproblematik. Die britische Wirtschaft befinde sich in einem schwierigeren Fahrwasser als die Eurozone, merken die Analysten an.
13.45 Uhr. EU: EZB Sitzungsergebnis mit anschließender Pressekonferenz. Die Notenbank dürfte erstmals seit Juli 2008 wieder eine Zinsanhebung vornehmen, meint die Helaba, wahrscheinlich um 25 Basispunkte.
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© 4. April 2011/Anna-Maria Borse