Anleihen: Anleger nervös, aber nicht panisch

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22. Februar 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Nervosität an den Börsen bleibt hoch. „Am gestrigen Donnerstag sorgte eine Mischung von Unbehagen vor den Wahlen in Italien, Inflationssorgen und enttäuschenden Konjunkturdaten für Verunsicherung“, kommentiert die Commerzbank. Auch das am Mittwoch veröffentlichte Protokoll der jüngsten US-Notenbanksitzung belastete die Marktstimmung. „Es zeigt, dass sich mehrere Notenbanker skeptisch zum derzeitigen Kurs des milliardenschweren Anleiheprogramms geäußert haben“, erläutert Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank.

Insgesamt könne von Panik kann aber keine Rede sein, meint Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Die vorherige Euphorie habe angesichts „durchwachsenen Zahlenmaterials“ lediglich einen Dämpfer bekommen.

Der Euro-Bund-Future notiert am heutigen Freitag bei 143,48 Punkten und damit klar oberhalb der 142,61 Prozent vor einer Woche. Zehnjährige Bundesanleihen werfen 1,58 Prozent ab, vergangenen Freitag waren es noch 1,65 Prozent.

Krise meldet sich zurück

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Stopp

Aus dem Süden kommen wieder viele schlechte Nachrichten: „Die Insolvenz des Immobilienentwicklers Reyal könne sich zum zweitgrößten Pleitefall in der Geschichte Spaniens entwickeln“, erklärt Klaus Stopp von der Baader Bank. Reyal sei bei den bisher gesunden Banken Santander und BBVA sowie der bereits verstaatlichten Bankia hochverschuldet. Auch aus Italien gebe es keine Signale der Entwarnung. „Das Land, dessen Wirtschaft das sechste Quartal in Folge geschrumpft ist, steckt in der längsten Rezession seit 20 Jahren.“ Dies wiederum schmälere die Aussichten von Mario Monti bei der Wahl.

„Wünschenswert ist ein Wahlausgang, bei dem es zu einem Bündnis zwischen Mitte-Links unter Führung der Demokratischen Partei mit dem bisherigen Ministerpräsidenten Mario Monti kommt“, bemerken Stefan Gäde und Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank. Die Renditen der Bundesanleihen würden in diesem Fall kräftig steigen. Das Gegenteil werde passieren, wenn Berlusconi eine Mehrheit erhalte, was im Senat durchaus möglich sei.

Nein zu Griechenland, Ja zu Jamaika und Venezuela

Wieder Federn lassen müssen Griechenlandanleihen. „Der griechische Finanzminister hat laut über einen erneuten Schuldenschnitt nachgedacht“, erklärt Daniel. „Wo Rauch ist, ist auch Feuer.“ Die bis 2023 laufende Anleihe (WKN A1G1UA), die sich von 30 Prozent im November auf 56 im Januar verteuert hatte, notiert aktuell wieder bei 51,60 Prozent.

Exotisch darf es aber gerne sein: Nach der Herabstufung Jamaikas durch Standard & Poor`s in der Vorwoche und dem darauffolgenden Kursknick griffen Anleger nun wieder zu, wie Stopp meldet. „Im Blickpunkt steht dabei eine auf Euro lautende Anleihe (WKN A0DED9), die bis Oktober 2014 läuft und mit rund 8,6 Prozent rentiert.“

Ein weiterer Exot, der derzeit auf den Kauflisten stehe, sei ein Bond von Venezuela (WKN A0DZ45) mit Laufzeit bis März 2015. „Bei einem Kupon von 7 Prozent ergibt sich ein Renditeniveau von 6 Prozent.“

Auch Ungarn überzeugt

In Deutschland gab es eine Aufstockung bei zehnjährigen Bundesanleihen, wie Hellwig berichtet. „Der Bund musste mit 1,66 Prozent so hohe Zinsen wie zuletzt im April 2012 bieten.“ Anfangs seien die Kurse durch den lediglich 1,2-fachen Nachfrageüberhang unter Druck gekommen, hätten sich dann aber erholt. „Die Anleihe (WKN 110230) weist eine Laufzeit bis 15. Februar 2023 auf und besitzt einen Kupon von 1,5 Prozent.“ Einer guten Nachfrage erfreuten sich Hellwig zufolge neue ungarische Staatsanleihen, konkret die auf US-Dollar lautenden und bis 2018 beziehungsweise 2023 laufenden Papiere (WKN A1HGA4, A1HGA5).

Privatanleger glauben an Hornbach

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Daniel

Im Handel mit Unternehmensanleihen kommt die Baumarktkette Hornbach (WKN A1R02E) weiterhin gut an, wie Daniel meldet: „Das Interesse vor allem der Kleinanleger ist rege, heute liegt der Kurs bei 102 Prozent.“ Die Anleihe läuft bis Februar 2020 und hat einen Kupon von 3,875 Prozent. Mit dem Konkurrenten Praktiker (WKN A1H3JZ) haben Anleihegläubiger bekanntermaßen kein Glück gehabt: Das Papier des angeschlagenen Unternehmens notiert aktuell bei 71,45 Prozent, im September waren es sogar nur 33 Prozent.

Immer etwas Bewegung gibt es laut Daniel im Bond der MS Deutschland Beteiligungsgesellschaft (WKN A1RE7V), der sogenannten Traumschiffanleihe. Nach einem kurzfristigen Kurseinbruch im Dezember auf 87 Prozent notiert das Papier seit zwei Monaten um 95 Prozent. Auf dem aktuellen Preisniveau ergibt sich eine Rendite von 8,52 Prozent. Hellwig zufolge waren die bis 2017 laufende Renault-Anleihe (WKN A1G9HU) sowie die nachrangige Commerzbank-Anleihe (WKN CB83CE) sehr beliebt.

ThyssenKrupp-Anleihe stark nachgefragt

Wie Stopp berichtet, hat der Stahl- und Technologiekonzern ThyssenKrupp eine Anleihe (WKN A1R08U) mit einem Volumen von 1,25 Milliarden Euro emittiert – ursprünglich angekündigt war zunächst nur 1 Milliarde Euro. „Die Anleihe war mehrfach überzeichnet, und bei Beendigung der Zeichnungsfrist lagen Orders in einem Gesamtvolumen von über 4 Milliarden Euro vor.“ Das Papier mit einem Kupon von 4 Prozent läuft bis August 2018. „Die Nachfrage war auch in den ersten beiden Handelstagen ungebrochen, der Kurs kletterte bis auf 101,00 Prozent.“

© 22. Februar 2013 / Anna-Maria Borse