Anleihen: Anleger setzen auf Sicherheit

15. April 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zum Jahresauftakt nimmt der Anleihehandelt wieder an Fahrt auf. „Wir haben einiges zu tun, die Anleger kehren allmählich zurück“, berichtet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Derzeit rücke die Euro-Schuldenkrise mit ihren vielen ungelösten Problemen und der Kapitalbedarf europäischer Banken wieder stärker ins Bewusstsein der Anleger.
Nur mit deutlichen Zugeständnissen beim Preis hat beispielsweise Unicredit (WKN A1JRZM) zuletzt eine Kapitalerhöhung von 7,5 Milliarden Euro abschließen können. Daniel ergänzt, dass auch Ungarn Probleme habe, sich zu refinanzieren und Griechenland nur schleichend bei der Umsetzung der Sparmaßnahmen voran käme. Investoren reagierten mit einem erhöhten Sicherheitsbedürfnis, das von deutschen Staatsanleihen bedient werden solle.

Frankreich muss tiefer in die Tasche greifen

Mit Spannung sei die Auktion langlaufender französischer Staatsanleihen in dieser Woche erwartet worden. „Diese galt als echter Test der Märkte“, meint Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Die insgesamt 8 Milliarden Euro mit Laufzeiten zwischen zehn bis 30 Jahren seien mit Erfolg eingesammelt worden. Anlass für kritische Berichterstattung habe eine zehnjährige Anleihe gegeben, für den die Franzosen einen leicht höheren Zinssatz von 3,29 Prozent statt der 3,18 Prozent vom November zahlen müssten. „Früher wäre dies allenfalls eine Randnotiz wert gewesen, heute sucht man eher das Haar in der Suppe“, beobachtet der Händler. Dabei hätten die Anleihen bereits im Vorfeld der Auktion auf diesem Niveau gelegen. „Im langfristigen Bereich liegen die Zinsen immer noch sehr günstig.“

Niedrigzins für deutsche Zehnjährige


Brunner

Ähnlich kritisch beäugt worden sei die erfolgreich verlaufene Aufstockung einer zehnjährigen Bundesanleihe in Höhe von insgesamt fünf Milliarden Euro. „Die Bundesregierung konnte vier Milliarden Euro zu einem Mini-Kupon von 1,93 Prozent einsammeln“, bemerkt Brunner. Die Gebote hätten das angebotene Volumen deutlich übertroffen. Erhöhte Aufmerksamkeit habe die Auktion vermutlich bekommen, weil die Anleihe im November 2011 auf wenig Gegenliebe gestoßen sei.

Renditeabstände weiten sich querbeet

Höhere Risikoaufschläge für Anleihen der EU-Peripherie haben zuletzt die Renditeabstände zu zehnjährigen Bundesanleihen vergrößert, wie die Helaba berichtet. Spanische Bonds hätten sich bei derzeit 5,56 Prozent Rendite um 27 Basispunkte entfernt, italienische bei aktuell 7,03 Prozent Rendite um 21 Basispunkte, portugiesische Staatsanleihen rentierten bei 12.39 Prozent und ihr Spread gegenüber Bundesanleihen sei um 13 Basispunkte gestiegen, die Rendite griechischer Anleihen stünde bei 28,93 Prozent mit einem vergrößerten Abstand von 14 Basispunkten.

Selbst die Anleihen von Kernländern wie Belgien, Frankreich und Österreich seien mit plus 26, 12 und 17 Basispunkten respektive unter Druck geraten. Zudem habe Frankreich sich in dieser Woche acht Milliarden Euro mit Fälligkeiten in 2021 und 2041 nur zu höheren Zinsen als Anfang Dezember beschaffen können.

Belohnung für Portugal und Irland

Mit der ersten Platzierung einer dreijährigen Anleihe in Höhe von drei Milliarden Euro könne der Euro-Rettungsschirm EFSF zufrieden sein. Die Summe der Gebote beziffert die Helaba mit 4,5 Milliarden Euro. Die Verzinsung liege mit plus 40 Basispunkten eher am unteren Ende der Spanne zwischen 40 und 45 Basispunkten über dem Swap-Satz. „Mit der drohenden Herabstufung der Kreditwürdigkeit Frankreichs durch die Rating-Agenturen und der damit einhergehenden niedrigeren Bonität des EFSF ist das ein passables Ergebnis“, meint Brunner. Das Geld werde nun an Irland und Portugal weitergeleitet, die sich so vergleichsweise günstig frisches Geld verschaffen könnten. Allein im Jahr 2012 bräuchten die beiden Staaten Mittel in Höhe von insgesamt 24 Milliarden Euro.

Griechische Anleihen geben nach


Daniel

Die Spekulation bei der im März dieses Jahres auslaufenden Griechenlandanleihe (WKN A0T6US) ist erneut angezogen. Von 51 Prozent zu Beginn der Woche steht der Kurs jetzt bei rund 45 Prozent. Daniel macht einen FAZ-Bericht mitverantwortlich, in dem von einem möglichen Schuldenschnitt Griechenlands zwischen 65 und 70 Prozent statt der vorgesehenen 50 Prozent die Rede ist. „Die Notierungen vieler Langläufer Griechenlands zwischen 20 und 25 Prozent sprechen eine ähnliche Sprache“, erklärt Daniel. Ein etwa im Jahr 2037 auslaufender Bond (WKN A0DZVX) ist derzeit für 20,55 Prozent zu haben.
Einen Schuldenschnitt über die bisher im Raum stehenden 50 Prozent hinaus könne die griechische Regierung im Zweifelsfall selbst festlegen. Bei rund 90 Prozent der Griechenlandbonds komme das nationale Gesetz zum Tragen. „Das gibt dem Präsidenten Griechenlands das Recht, Zinsen und Tilgung der staatlichen Verbindlichkeiten nach Haushaltslage zu ändern“, weiß Daniel. Lediglich 10 Prozent der Anleihen seien mit den sonst üblichen britischen Regeln für Staatsanleihen behaftet. „Die Europäische Zentralbank hat bei ihren Anleihekäufen griechischer Herkunft darauf geachtet, die nach britischem Muster zu nehmen“, berichtet der Händler, der Anlegern auch aus diesem Grund rät, das Risiko dieser Werte realistisch einzuschätzen.

Die Zeit drängt

Dass es gegenwärtig eng wird für den griechischen Ministerpräsident Lukas Papademos, mache sein jüngstes öffentliches Apell an die Gewerkschaften deutlich, den geplanten Lohnkürzungen nun zuzustimmen. Ansonsten könne ein unkontrollierter Staatsbankrott im März drohen. „Damit wollte Papademos den Druck auf die Gewerkschaften erhöhen Die Eurogruppe und der Internationale Währungsfonds blockierten gegenwärtig die Auszahlung von über 130 Millionen Euro aus dem Rettungspaket aufgrund von Verzögerungen bei der Umsetzung des Sparpakets.

Refinanzierung Ungarns missglückt

Nur zu höheren Zinsen von 9,96 Prozent habe Ungarn Anleger für eine Geldmarktanleihe mit einjähriger Laufzeit in dieser Woche erwärmen können. Von den geplanten 45 Milliarden Forint seien zudem lediglich 35 Milliarden Forint, das sind umgerechnet etwa 109 Millionen Euro, vom Markt angenommen worden. „Ein dringend benötigter Notkredit für Ungarn vom Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Union ist noch ungewiss“ bemerkt Daniel. Eine jüngst in Kraft getretene ungarische Regelung, die die Unabhängigkeit der Zentralbank beschneide, müsse vom Tisch. Ansonsten gebe es kein Geld.

Im Handel trennten Anleger sich per Saldo von ungarischen Bond. Verkauft würde etwa eine im Jahr 2013 fällig werdende Staatsanleihe (WKN 695216). Zehnjährige ungarische Bonds rentierten derzeit beispielsweise bei über 10 Prozent. Im Vergleich kämen Bundesanleihen mit gleicher Laufzeit auf derzeit 1,889 Prozent. Der ungarische Währung fiel zudem mit 324,44 Forint zum Euro auf einen neuen Rekordtiefstand.

Autobauer und gedeckte Bankenanleihen beliebt

Bei Unternehmensanleihen spricht Brunner von erfreulichem Anlegerinteresse insbesondere für Emissionen der Fahrzeughersteller BMW, Daimler, Renault und Peugeot.
„Auch Kreditinstitute konnten erfolgreich überwiegend Covered Bonds platzieren“, meldet der Händler. Mit den klassischen ungedeckten Bankenanleihen hätten sich unter anderem die niederländischen Banken Rabobank und ABN sowie die SEB an den Markt gewagt.

Im Handel berichtet Daniel von Gewinnmitnahmen etwa bei einer Siemens Anleihe (WKN A0T6Y8) mit einem Kupon von 4,125 und einer Laufzeit bis Februar 2013. Ins Depot legten Anleger sich eine im September 2014 fällig werdende Anleihe von Daimler ( WKN A1GVA1), die in australischen Dollar notiert.

© 15. April 2011 / Iris Merker