Anleihen: Bei den Notenbanken spielt die Musik

22. November 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Verhalten geht es im Rentenhandel laut Händlern gegenwärtig zu. „Wir spüren die Nachwehen der letzten Zinssenkung“, fasst Arthur Brunner von ICF Kursmakler zusammen. Nach wie vor dominiere die geldpolitische Ausrichtung der internationalen Notenbanken das Geschehen an den Finanzmärkten.

EZB demonstriert Handlungsspielraum

„Das Hauptaugenmerk der Investoren gilt der Rückführung der Anleihekäufe in den USA“, bestätigt Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Außerdem sorge die Europäische Zentralbank durch die Erwägung negativer Einlagenzinsen für Gesprächsstoff und einem Anstieg der Volatilität im Rentenmarkt.

Die Botschaft dieser Gedankenspiele ist für Robert Halver von der Baader Bank klar: „Das von Banken bei der EZB geparkte Geld soll, wenn es schon nicht in Form von Krediten in die Wirtschaft gelangt, zumindest in Staatsanleihen fließen.“ So könnten neue Konjunkturpakete zinsgünstig finanziert werden.

Weniger Vorlaufzeit?

In diesem Zusammenhang stellt sich Gertrud Traud von der Helaba die Frage, ob die großen Zentralbanken einen Strategiewandel vollziehen und statt wie bisher auf Berechenbarkeit zu setzen nun den Überraschungsfaktor mit einbringen. „Wenn dem so ist, besteht das Risiko, dass die Federal Reserve einen weniger expansiven Pfad ihrer Geldpolitik nicht ankündigt, sondern einfach umsetzt.“ Der Einstieg in den Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik könne dann bereits zum Jahreswechsel erfolgen. „Damit wäre dann aber die Party an den Aktienmärkten vorbei.“

Kippt die Stimmung?

Der Bund-Future startete zunächst mit 141,68 Prozent etwas fester in die Handelswoche. „Als Reaktion auf einen möglichen Negativzins für Einlagen schoss das deutsche Rentenbarometer zwischenzeitlich in die Höhe, bevor es wieder unter Druck kam“, bemerkt Hellwig.

Charttechnisch betrachtet macht die HSBC derzeit Bullen und Bären aus. Neben einer anhaltenden Erholungsbewegung seit dem Jahrestief vom September bestünde Respekt vor der 38-Wochen-Linie aktuell bei 142,46 Prozent. Eine wichtige Haltezone auf der Unterseite sehen die Analysten zwischen 141 und 140 Prozent. „Ein nachhaltiges Abrutschen unter diese Marken dürfte weitere kräftige Kursverluste nach sich ziehen.“ Ein Sprung über die genannte Glättungslinie öffne den Weg in Richtung des Verlaufshochs vom Juli bei 144,37 Prozent. Die technischen Indikatoren begünstigten das Positivszenario.

Aus eigener Kraft

Die Stimmung an den Anleihemärkten der EU-Peripherie ist Hellwig zufolge gut. „Die gestrige Auktion vierjähriger spanischer Staatsanleihen verlief überaus erfolgreich.“ Die Aufstockung eines Bonds mit einer Restlaufzeit bis April 2017 um 3,5 Milliarden Euro sei rege nachgefragt worden, das Bid/Cover Ratio liege bei 2,51. „Das vom spanischen Tesoro angestrebte Emissionsziel 2013 für das mittel- und langfristige Anleihesegment ist mit rund 120 Milliarden Euro nahezu erreicht.“ Die durchschnittlichen Finanzierungskosten hätten sich bis Ende Oktober auf 2,57 Prozent reduziert.

„Ebenso wie Irland beabsichtigt Spanien, den Rettungsschirm hinter sich zu lassen“, berichtet Sintje Boie von der HSH Nordbank. Das Hilfsprogramm in Höhe von rund 40 Milliarden Euro für seinen maroden Bankensektor laufe im Januar 2014 aus. „Es wird kein Anschlussprogramm geben.“

Anleger geben sich risikobewusst

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Brunner

Im Handel greifen Anleger bevorzugt zu Unternehmensanleihen mit guter Bonität und längeren Laufzeiten, wie Brunner meldet. Etwa komme eine bis 6. September 2022 laufende Volkswagen Leasing Anleihe (WKN A0JCCW) mit einem Kupon von 2,375 Prozent gut an. Investoren legten sich zudem eine ING Bank-Anleihe (WKN A1G060) mit Fälligkeit im Februar 2022 und einem Zins von 4,5 Prozent verstärkt ins Depot.

Schwergewichte punkten

Zu Hellwigs umsatzstärksten Corporate Bonds gehören Hybridanleihen der Eurohypo AG (WKNs A0DZJZ, 542376). „Nach der Umstellung auf Handel mit Stückzinsen interessieren sich Anleger vorrangig für die erste, niedriger verzinste Anleihe der beiden mit einem Kupon von 1,848 Prozent und einer derzeitigen Notierung von rund 75 Prozent.“

Gute Umsätze auf der Kaufseite macht Hellwig für eine im November 2016 fällig werdende und mit einem Kupon von 7,25 Prozent ausgestattete Anleihe der Bombardier (WKN A0G1ZL) aus. „Der Kurs zog daraufhin leicht Richtung 105 Prozent.“ Gefragt sei auch eine Nachranganleihe der Depfa (WKN A0E5U8) mit einem jährlichen Zins von 1,855 Prozent. „In den vergangenen Tagen legte der Kurs von 50,50 auf knapp 52 Prozent zu.“

Auf dem Prüfstand

Mittelstands-Anleihen stehen in Brunners Büchern eher auf der Verkaufsseite. „Der Insolvenzantrag der getgoods.de und die Razzia in den Geschäftsräumen des Unternehmens hat Anleger womöglich verunsichert.“ Unter Druck geraten ist Brunner zufolge eine bis Dezember 2017 laufende Anleihe der Günther Zamek Produktions- und Handelsgesellschaft (WKN A1K0YD) mit einem Kupon von 7,75 Prozent. „Innerhalb einer Woche hat die Anleihe von 49 auf gegenwärtig rund 37 Prozent nachgegeben.“

Ohne offensichtlichen Grund brach der Kurs einer Anleihe (WKN A1CRMQ) des inzwischen insolventen Windparkbauers Windreich noch weiter ein, wie Hellwig bemerkt. „Nachdem sie sich zunächst bei 11,5 Prozent gehalten hat, stürzte sie im gestrigen Handelsverlauf deutlich unter die Marke von 10 Prozent und notierte zwischenzeitlich bei 8,21 Prozent. „Offizielle Nachrichten gibt es keine.“

Neue Mittelstands-Anleihe

Am 26. November startet die Zeichnung einer Anleihe der Hörmann Finance GmbH an der Börse Frankfurt (WKN A1YCRD). Wie bei allen Entry Standard Bonds liegt die Stückelung bei 1.000 Euro. Gezeichnet werden kann zu 100 Prozent transaktionsentgelt frei. Der Kupon liegt zwischen 6,25 und 6,75 Prozent und wird im Verlauf des heutigen Freitag konkretisiert, die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Der Technologiespezialist mit Schwerpunkt auf das Automotive-Segment plant die Aufnahme von 50 Millionen Euro.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG,
© 22. November 2013 / Iris Merker