Anleihen: Bundrenditen steigen wieder

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4. Juli 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Anleihehändler können sich derzeit in Ruhe anderen Themen widmen, zum Beispiel dem Fußball. Die Woche präsentierte sich nämlich ausgesprochen nachrichtenarm. Lediglich am gestrigen Donnerstag war mehr los, Annick Kleine von der Hellwig Wertpapierhandelsbank spricht vom „Super-Donnerstag“ mit US-Arbeitslosenzahlen und EZB-Sitzung.

Die Informationen zum US-Arbeitsmarkt fielen überraschend erfreulich aus und sorgten für neue Rekordstände im Dow Jones. „Im Gegenzug mussten US-Treasuries Verluste hinnehmen, deutsche Staatsanleihen gaben ebenfalls nach, konnten sich aber im Handelsverlauf wieder erholen“, berichtet Kleine. Von Seiten der EZB kam nicht viel Neues: „Die Europäische Zentralbank ist in Wartestellung“, erklärt die Helaba. „So hat sie die Geldpolitik unverändert gelassen und auf der Pressekonferenz dauerhaft niedrige Leitzinsen sowie ein Anleihekaufprogramm in Aussicht gestellt, sollte dies notwendig werden.“ Akuten Handlungsbedarf gebe es derzeit aber nicht.

Renditeabstand zur USA wächst

Der Euro-Bund-Future ist wieder auf dem Rückzug und liegt am Freitagmittag bei 146,81 nach 147,05 Punkten vor einer Woche. Zehnjährige Bundesanleihen werfen 1,28 Prozent ab nach nur 1,24 Prozent am vergangenen Freitag. „Auf zehnjährige Bundrenditen strahlen die höheren Renditen in den USA ab“, bemerkt Alexander Aldinger von der Commerzbank. Dennoch sei der Unterschied zwischen beiden Seiten des Atlantiks deutlich zu erkennen: „So ist die Renditedifferenz auf den höchsten Stand seit 15 Jahren gestiegen, und aufgrund der divergierenden Notenbankpolitik dürfte sie sich auch noch ausweiten.“ Zehnjährige US-Treasuries rentieren mittlerweile mit 2,64 Prozent.

Argentinische Anleihen erholen sich

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Stopp

Die Kurse argentinischer Staatsanleihen legten zu, nachdem sich die Regierung in Buenos Aires zu Vermittlungsgesprächen mit den klagenden Hedgefonds bereit erklärt hat. „Am kommenden Montag wird es zu ersten direkten Verhandlungen kommen“, erläutert Kleine. Weiterhin sehr gesucht seien Alt-Anleihen des Landes, mittlerweile würden Preise um 84 Prozent, in Einzelfällen sogar bis zu 90 Prozent gezahlt. Auch Klaus Stopp von der Baader Bank berichtet von steigenden Kursen argentinischer Anleihen (WKN A0DUDA, 134091). Im Juni hatte der Oberste Gerichtshof der USA entschieden, dass Argentinien Gläubiger auszahlen muss, die an der Umschuldung von 2005 und 2010 nicht teilgenommen haben. Es geht um 1,5 Milliarden US-Dollar, die Papiere finden sich vor allem in der Hand von US-Hedgefonds.

Gewinnmitnahmen bei Kurzläufern

Im Handel mit Unternehmensanleihen hat laut Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft zuletzt die Verkaufsseite überwogen – speziell bei kurzlaufenden Papieren. „Das sind natürlich auch Gewinnmitnahmen.“ Als Beispiel nennt der Händler eine im Oktober 2016 fällige Anleihe der Deutschen Pfandbriefbank (WKN A1EWJU), einer Tochter der Hypo Real Estate Holding. Guter Nachfrage erfreuten sich hingegen Neuemissionen von Pfleiderer mit Kupon von 7,875 Prozent und Laufzeit bis 2019 (WKN A12T17) sowie Bosch mit Kupon von 1,75 und Laufzeit bis 2024 (WKN A12T2N). Beide eignen sich aufgrund der Stückelung von 100.000 Euro aber nicht für den normalen Privatanleger. Mehr Umsatz kommt Daniel zufolge am heutigen Freitag in eine Anleihe der österreichischen Ersten Bank (WKN A0AW29). „Die Bank rechnet mit einem Rekordverlust wegen Ungarn und Rumänien.“                                                             

Auf Tauchkurs ging in dieser Woche die Unternehmensanleihe der Solar8 Energy AG (WKN A1H3F8), wie Kleine meldet. „Ende letzter Woche wurde bekannt, dass sich die Stromerlöse von Tochtergesellschaften drastisch reduziert haben.“ Dementsprechend habe die Anleihe von Höchstkursen um 85 bis auf 52 Prozent verloren, sich dann aber wieder auf 63 Prozent erholt.

Beate Uhse und Semper Idem gefragt

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Petz

Gut angekommen ist die Anleihe der Beate Uhse AG (WKN A12T1W), wie Rainer Petz von Close Brothers Seydler berichtet. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde die Zeichnung bereits am Montag, dem ersten Tag, um 9.30 Uhr vorzeitig beendet, aktuell notiert die Anleihe bei 101,4 Prozent. Das Papier läuft bis Juli 2019 und bietet einen Kupon von 7,75 Prozent.

Sehr gut entwickelt hat sich Petz zufolge auch eine Anleihe von Semper Idem Underberg (WKN A11QR1), die nicht über die Börse platziert worden war, einen Kupon von 6,125 Prozent bietet und bis 2012 läuft. Hier liegt die aktuelle Notierung sogar schon bei 102,68 Prozent.

Blase am Anleihemarkt?

Die hohen Anleihekurse rufen im Übrigen immer neue Warner auf den Plan: Die anhaltende Rallye bei Unternehmensanleihen sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass einige Unternehmen hohe Verschuldungsquoten aufwiesen, mahnt zum Beispiel Franck Dixmier, Chefanlagestrateg für europäische Anleihen bei Allianz Global Investors. Zwar hätten sich die operativen Ergebnisse europäischer Unternehmen erwartungsgemäß entwickelt, ihre Bilanzen seien solide und ihre Finanzierungsstrategien im Allgemeinen vorsichtig. „Jedoch stellt die wachsende Aktivität bei Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüssen ein potenzielles Bonitätsrisiko dar.“

Neue Emittenten im High Yield-Segment wiesen zudem vermehrt gehebelte Finanzierungsstrukturen und ungünstigere Bedingungen für Investoren auf. „Eine Normalisierung des Zinsniveaus dürfte die Zahl der Insolvenzen in die Höhe schnellen und die Verwertungsrate unter den historischen Durchschnitt fallen lassen.“

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG,
© 4. Juli 2014