Anleihen: Des einen Freud des anderen Leid

15. April 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Inflation und wie sie sich weiter entwickeln wird beschäftigen die Rentenmärkte und die politischen Entscheider gleichermaßen. So vermutet die HSH Nordbank in der jüngsten Anhebung der Zinsen im Euroraum nur einen ersten Schritt einer weiter gehenden Zinsstraffungsinitiative. Denn zu dem Anstieg der Rohstoffpreise, dem nach wie vor kräftigen Wachstum der Emerging Markets sowie der global hohen Liquidität gesellten sich anziehende indirekte Steuern und administrative Kosten zu den Preistreibern. So glaubt die Bank an Steigerungen des Zinssatzes um bis zu 1,75 Prozent im Euroraum zum Jahresende mit Aussicht auf mehr, sollte sich die wirtschaftliche Erholung in Europa fortsetzen. Bis Mitte nächsten Jahres könne deshalb die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen durchaus bei 4,25 Prozent liegen, prognostizieren Analysten der Bank.

In Europa steht Griechenland wieder in den Schlagzeilen. Zahlungsrückstände gegenüber Unternehmen weltweit in Höhe von über fünf Milliarden Euro schürten Spekulationen darüber, wie lange man den ersten Staatsbankrott in 60 Jahren noch hinauszögern kann. Die Bremer Landesbank berichtet von der Erwartung auf EU-Arbeitsebene, zwischen 40 bis 50 Prozent der Verbindlichkeiten Griechenlands streichen zu müssen. Damit könne man dem Land wieder zu einer soliden Basis verhelfen. Denn nach 2011 müsse wieder ein neues Hilfspaket in Höhe der Kreditfälligkeiten von 25 bis 30 Milliarden Euro geschnürt werden.

Leise Zweifel an der ökonomischen Zahlungsfähigkeit und Diskussionen um eine Schuldenobergrenze in den USA könnten der HSH Nordbank zufolge die langfristigen Erträge schrittweise nach oben schieben. Wann es dazu komme, sei zwar unklar. Die Nordlichter gehen aber von deutlich steigenden Renditen der US-Anleihen in den kommenden Quartalen aus. Nur mit Müh und Not habe die USA die aktuelle Finanzierung der Ausgaben sichern können. „Mit insgesamt sechs befristeten Nothaushalten hat Amerika gerade noch die Kurve gekriegt“, beschreibt die Baader Bank die Diskussionen um den US-Haushalt. Die USA beschäftige sich zudem mit dem Thema Inflation. Ein Schrauben an den Zinsen werde vermutlich aber erst Anfang 2012 in Angriff genommen.

Abwärtstrend des Bund-Future unterbrochen

Daniel
Daniel

Auf eine „kleine Flucht in den sicheren Hafen“ deutet für den Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank die Kursentwicklung des richtungweisenden Euro-Bund-Future seit Ende vergangener Woche. „Die Themen rund um die Zahlungsfähigkeit der Länder unterm Rettungsschirm stehen in dieser Woche im Vordergrund“, begründet Gregor Daniel den Zugewinn beim Zinsbarometer. So habe die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe Arthur Brunner zufolge in der Spitze bei 3,504 Prozent betragen. „Bei diesem Wert haben vor allem institutionelle Anleger wieder zugegriffen“, vermutet der Händler von ICF Kursmakler.

Aus technischer Sicht konnte nach fast 20 Tagen abwärts eine Gegenbewegung beim Rentenbarometer beobachtet werden. Die Blicke der Baader Bank-Charttechniker richten sich nun auf die 120,87 Prozent. Schaffe es der Euro-Bund-Future nicht, diesen Bereich nach oben zu verlassen, sei die Wahrscheinlichkeit groß, die psychologisch wichtige Marke von 120 Prozent erneut nach unten zu durchbrechen.

Renditen von Griechenland-Anleihen springen an

Die anhaltenden Diskussionen um die Zukunft der Peripheriestaaten habe die Bond-Preise dieser Länder einmal mehr unter Druck gesetzt und so einem Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank zufolge für weiter steigende Renditen gesorgt. Derzeit erreichten etwa griechische Anleihen (WKN A0LN5U) mit einer Fälligkeit in 16 Monaten ein Renditeniveau von rund 17,5 Prozent. „Der Renditeabstand der zehnjährigen griechischen Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen stieg im Wochenverlauf um 50 Basispunkte, die der zweijährigen sogar um 126 Basispunkte“, bemerkt Arthur Brunner.

Im Gegensatz zur Politik halte der Markt offenbar einen „Haircut“ bei manchen staatlichen Emissionen für immer wahrscheinlicher. Was bei einem Schuldenerlass oder dem Verlassen des Euros genau die Konsequenzen wären, werde intensiv in den Handelsetagen diskutiert. „Denn wie sollen die gebeutelten Länder die hohe Zinslast zahlen“, fragt sich Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandels GmbH.
Der günstige Kurs einer Zypernanleihe (A0DAA7) habe vermutlich zu vermehrtem Interesse beim Anleger geführt. Überwiegend Abnehmer registriert Daniel für die mit 4,375 Prozent ausgestattete Anleihe, die am 15. Juli 2014 fällig wird.

Unternehmensanleihen boomen

Brunner
Brunner

Hochverzinsliche Unternehmensanleihen seien unverändert beliebt bei Investoren. Vom erfolgreichen Anlauf der Neuemissionen in dieser Woche etwa bei Freenet, Gea, Valensina und Air Berlin berichtet ICF Kursmakler. Besonders gesucht bei bereits platzierten Bonds sei ein Papier der Semper Idem Underberg (A1H3YJ). „Bei guten Umsätzen stieg der Kurs auf mittlerweile 103,65 und liegt damit deutlich über dem Emissionskurs von 100 Prozent“, meldet Brunner.

Großes Interesse verbucht die Hellwig Wertpapierhandelsbank an einem dreijährigen VW-Bank-Angebot (WKN A0S73H). Fällig werde die mit einem Kupon von 3,125 Prozent ausgestattete Anleihe am 11. April 2014.

Bewegung gebe es zudem bei einer laufenden Anleihe von Roche Holdings (WKN A0T7DD), die im März 2009 emittiert wurde. Sowohl Käufe als auch Verkäufe registriert Daniel für das im April 2013 fällig werdende Wertpapier.

Umsatzstark habe sich auch die Heidelberger Druck-Anleihe (WKN A1KQ1E) präsentiert. Erst vor kurzem in den Handel aufgenommen notierte sie zwischenzeitlich bei 103,40 Prozent. „Aktuell liegt sie mit einem Kurs von 102,60 Prozent aber wieder etwas darunter“, beobachtet Daniel.

Emissionen von Neulingen erfolgreich

Im Markt für Unternehmensanleihen gebe es eine Welle neuer Emissionen. „Viele davon sind zum ersten Mal dabei“, informiert die Baader Bank. So habe die Kion Group zwei Tranchen (WKNs A1GP2E, A1GP2S) mit Laufzeiten bis 2018 emittiert. Mit einem Floater und einer festverzinsliche Anleihe und einem jährliche Kupon von 7,875 Prozent möchte der Herstellers von Gabelstaplern 50 Millionen Euro einsammeln. Mit einer Benotung des Unternehmens von B2/B gelte dieses Angebot eher als spekulativ.

Neuling im Anleihemarkt sei auch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Anstatt zur Bank zu gehen, wollen die Nürnberger 200 Millionen Euro auf dem Kapitalmarkt (WKN A1KQ46) einsammeln und bieten Anlegern bis zum Jahr 2016 einen Kupon von 5,00 Prozent.

Für einen jährlichen Zins von 5,5 Prozent und einer Laufzeit bis 2018 habe sich Global Switch (WKN A1QP5F) mit 600 Millionen Euro erfolgreich über die Börse refinanziert. Frisches Geld konnte sich auch Adecco (WKN A1GPZN) auf dem Kapitalmarkt besorgen. Ein Kupon von 4,74 Prozent bei einer Rückzahlung im Jahr 2018 habe die Anleger überzeugt. Der größte Anbieter von Personaldienstleistungen habe so 500 Millionen Euro aufnehmen können.

DIC Asset will Anleihe zum Zeichnen in Frankfurt platzieren

Die Frankfurter Immobiliengesellschaft plant die Platzierung einer Anleihe über die Börse, die voraussichtlich Anfang Mai 2011 in einer Stückelung von 1.000 Euro gezeichnet werden kann. Der Kupon ist noch nicht bekannt.

© 15. April 2011 / Iris Merker