Anleihen: Immer neue Zinstiefs

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30. Januar 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Das vor gut einer Woche verkündete Staatsanleihekaufprogramm der EZB bestimmt weiter die Märkte, der Wahlsieg der Linkspartei Syriza in Griechenland wurde gelassen aufgenommen. „Die Kurse griechischer Staatsanleihen gingen zwar merklich zurück, Panikverkäufe blieben jedoch aus“, meldet Sabine Tillman von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Auch zu einer Ausweitung auf andere Peripherieländer kam es nicht: „An den europäischen Bondmärkten herrschte nach dem Wahlsieg von Syriza demonstrative Gelassenheit“, erklärt Klaus Stopp von der Baader Bank.

Unterdessen kletterte der Euro-Bund-Future weiter in die Höhe und erreichte am Mittwoch einen neuen Rekordstand von 159,19 Prozent, am Freitagmittag liegt der Indikator für die langfristigen Zinserwartungen bei 158,90 Punkten. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel am Donnerstag auf ein neues Rekordtief von 0,33 Prozent, heute sind es wieder 0,34 Prozent. Zum ersten Mal unter 1 Prozent sank derweil die Rendite dreißigjähriger Bundesanleihen.

Nur griechische Papiere unter Druck

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Stopp

Anleihen aus der Euro-Peripherie profitierten von den jüngsten EZB-Ankündigungen. „Diese geldpolitischen Maßnahmen wirken wie ein Schutzschild und haben viele Staatsanleihen aus Portugal (WKN A1ATN7), Spanien (WKN A1ZLR2) oder Irland (WKN A0ACL3, A1ANNQ) in Richtung neuer Zwölfmonatshochs getrieben“, erklärt Stopp. Am heutigen Freitag werfen zehnjährige portugiesische Papiere 2,57 Prozent ab und spanische 1,44 Prozent, bei den Pendants aus Griechenland sind es hingegen fast 10 Prozent.

Der Handel mit griechischen Anleihen bleibt volatil, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft berichtet. „Privatinvestoren verkaufen aber durch die Bank.“ Auch Stopp zufolge gehören griechische Anleihen weiterhin zu den Verlierern. Er verweist auf eine im April 2014 emittierte und noch bis 2019 laufende Anleihe (WKN A1ZGWQ): Diese notiert mittlerweile bei nur noch 74,09 Prozent, im September waren es zwischenzeitlich fast 104 Prozent.

Noch niedrigere Bundrenditen?

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Daniel

Keine Überraschungen gab es auf der US-Notenbanksitzung am Mittwoch. „Die herrschende Geldpolitik blieb unverändert, lediglich der Passus über die Leitzinsentscheidung wurde moderat angepasst“, meldet Tillmann.

Die Commerzbank erwartet im Übrigen, dass die Bundrenditen noch weiter fallen werden. „Die Zinsmärkte im Euroraum dürften weiterhin in erster Linie von politischen Ereignissen bestimmt werden“, erklärt Markus Koch. Deshalb würden anstehende Konjunkturdaten wohl auch kaum Wirkung zeigen. „Wir gehen weiter davon aus, dass die Renditetiefs bei langen Bundrenditen noch vor uns liegen.“

Auch die Commerzbank erwartet im Übrigen, dass die Bundrenditen noch weiter fallen werden.

Raiffeisen International auf Achterbahnfahrt

Wenige Nachrichten kommen in dieser Woche aus dem Handel mit Corporate Bonds. Gekauft wurden Daniel zufolge Anleihen der österreichischen Raiffeisen Bank International, etwa ein bis 2023 laufender Floater (WKN A1HBAM), der zuvor deutlich verloren hatte. Die Bank habe Probleme durch ihr Osteuropageschäft, erläutert der Händler. „Jetzt wurde aber angekündigt, dass die Defizitsparten verkauft oder restrukturiert werden sollen und der Kupon auf die gewinngebundenen Anleihen nicht ausfallen wird.“ Zu Monatsanfang wurde der Bond noch knapp unter 100 Prozent gehandelt, fiel dann aber auf 60 Prozent, jetzt sind es wieder 76 Prozent.

Die bis 2021 laufende Anleihe der Bank (WKN A1GREH) erlebte eine ähnliche Achterbahnfahrt, wie Tillmann ergänzt. „Nach einem Dementi aus der Raiffeisenbank zum Thema Zinszahlung starteten die Anleihen durch, mehrere Punkte im Kurs nach oben wurden im Sturm genommen, und auf einmal gab es keine Briefseiten mehr.“

Höchststände bei US-Dollar-Bonds

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Koch

Durch den schwachen Euro und das anhaltend niedrige Zinsniveau im Euroraum halten immer mehr Anleger Ausschau nach Alternativen: „Investoren interessieren sich abgesehen vom kanadischen Dollar für alles: US-Dollar, brasilianische Real, türkische Lira, mexikanische Peso, südafrikanische Rand“, meint Daniel. Es werde aber nicht nur gekauft. „Das geht in beide Richtungen, es gibt auch Gewinnmitnahmen.“

Was US-Dollar-Anleihen angeht, müssen Anleger nach Ansicht von Stopp aber aufpassen, aus den USA kämen kritische Stimmen zur Euroschwäche: US-Finanzminister Jack Lew zufolge verschafften die Staatsanleihekäufe der EZB „einen unfairen Vorteil“ für die Eurozone, Gary Cohn, Präsident von Goldman Sachs, habe offen von einem „Währungskrieg“ gesprochen. Zudem seien US-Dollar-Anleihen bereits sehr gut gelaufen, viele notierten nahe ihrer Zwölfmonatshochs, etwa im Fall von BMW (WKN A1ZJK1), General Electric (WKN A1GKXE) und Morgan Stanley (WKN MS0KMJ). Bei BMW und Morgan Stanley sind es sogar Allzeithochs.

Strabag mit neuer Anleihe

Die Emissionstätigkeit bleibt rege. „Die Mindeststückelung von nominal 100.000 Euro zielt allerdings zumeist nur auf institutionelle Investoren ab“, kommentiert Stopp. Eine neue Anleihe mit Mindestanlagesumme von 500 Euro gab es unterdessen vom österreichischen Baukonzern Strabag (WKN A1ZVMF). Bei einer Laufzeit bis 2022 wird ein Kupon von 1,625 Prozent geboten. „Die Bücher waren dreifach überzeichnet.“

Von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG © 30. Januar 2015