Anleihen: Lieber in die Ferne schweifen

22. Juli 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vor oder nach dem EU-Sondergipfel – so unterteilen Market Maker den Handel mit Anleihen in dieser Woche. Eine abwartende Haltung mit tendenziell mehr Verkäufen in der ersten Wochenhälfte, Kaufüberhänge und Rückkehr der Anleger zu Anleihen ab Donnerstagnachmittag. Mit der nun vorliegenden Griechenlandlösung werde auch dem Wunsch Angela Merkels entsprochen, private Gläubiger mit in die Verantwortung zu nehmen. „Diese werden entweder mit einen vorzeitigen Verkauf von Griechenlandbonds zum Marktwert oder durch einen Tausch in lang laufende Anleihen zur Kasse gebeten“, berichtet Arthur Brunner. Die neuen Langläufer würden zwar mit einer niedrigeren Verzinsung versehen und zu einem Nennwert von 80 Prozent getauscht. „Im Gegenzug bekommen Anleger für die Anleihen aber eine Garantie“, erklärt der Händler von ICF Kursmakler.

Die Rolle der EZB werde sein, die auftretende technische Zahlungsunfähigkeit Griechenlands während der Umsetzungsphase zu tolerieren. „Außerdem wird sie nach wie vor griechische Staatsanleihen als Sicherheit akzeptieren“, erklärt Brunner. Garantien erhalte die Europäische Zentralbank für diesen Zeitraum vom EFSF. Der Fonds wird zudem ermächtigt, Anleihen im Sekundärmarkt zu kaufen. „Dagegen hatte sich Deutschland bisher gesträubt“, weiß der Händler. Der EFSF werde in Zukunft ähnlich den Sonderziehungsrechten des IWF eine flexible Kreditlinie zur Verfügung stellen können. „Dieser Mechanismus hat zu Beginn der Woche für Beruhigung bei den italienischen und spanischen Staatsanleihen gesorgt“, berichtet Arthur Brunner.

„Nicht der große Wurf“


Brunner

Ob das vorliegende Paket nun der endgültige Befreiungsschlag wird, würden die kommenden Wochen zeigen. „Bisher haben die Märkte immer nach einer kurzen Beruhigungsphase wieder an Nervosität zugelegt“, resümiert Brunner. Für Gregor Daniel ist das abgesegnete Konzept nicht der große Wurf. „Die Staatschefs im Euroraum haben lediglich mehr Zeit gewonnen“, urteilt der Händler der Wertpapierhandelsgesellschaft Walter Ludwig. Die stärkere Belastung, die nun beispielsweise auf den deutschen Staatshaushalt zukomme, werde Daniel zufolge zudem die Rating-Agenturen auf den Plan bringen. „Die rechnen vermutlich bereits genau nach, wie sich die Hilfen auf die Zahlungsfähigkeit der Geberländer auswirken werden“, glaubt Daniel.

Rutschpartie für Bund-Future

Die Erleichterung über das verabschiedete Griechenlandpaket sei auch am Kursverlauf des richtungsweisenden Bund-Future zu erkennen. Eine zweitägige Rutschpartie haben das Zinsbarometer aus technischer Sicht unter die 20 Tage-Linie geführt, berichtet die HSH Nordbank. Der Höhenflug des Bund-Future der vergangenen zwei Wochen sei damit nun vorbei. Eine stabile Unterstützung erkennen die Nordlichter beim September-Kontrakt unterhalb der 126 Prozent.

Feste Währungen gesucht


Stopp

Ganz gleich ob Währungsanleihen oder Unternehmensanleihen, Anleger greifen Daniel zufolge derzeit zunehmend auf Alternativen zum Euro zurück. Oben auf der Einkaufsliste stehen auch in dieser Woche Fremdwährungsanleihen etwa in Norwegischen Kronen (WKN A1A6EV, A1E8VW) und Australischen Dollar (WKN A16S0N). Eine Neuemission biete z.B. VW (WKN A0VRFC) mit einer in Australischen Dollar ausgestellten Anleihe, die eine Laufzeit bis 2015 und einen Kupon von 6,2 Prozent ausweise. Ebenfalls beliebt und emittiert in Australischen Dollar ist eine Schuldverschreibung von Nestle mit einem Zins von 5,7 Prozent, fällig in 2014.

Größeres Interesse registriert Klaus Stopp von der Baader Bank auch für eine VW-Anleihe (WKN A1GTAK) in Norwegischen Kronen (NOK), die bis Juli 2012 läuft und mit 3,45 Prozent rentiert. Eine Mercedes-Benz in Australischen Dollar (A1GPR3) mit Laufzeit bis April 2014 und einer Rendite von 5,6 Prozent stoße ebenfalls auf rege Nachfrage bei Investoren.

Anleger vertrauen auf norwegischen Staat

Auf der Beliebtheitsskala ganz vorn stehen laut Baader Bank zudem norwegische Staatsanleihen. Gefragt ist etwa ein Bond (WKN A0BC8F) mit einer Laufzeit bis Mai 2015 und einer derzeitigen Rendite von rund 2,5 Prozent. Abnehmer finde zudem eine im Mai 2013 fällig werdende Anleihe der Rabobank (WKN A1AGZP), ausgestellt in Norwegischen Kronen mit einer aktuellen Rendite von rund 3,26 Prozent. Besser rentieren in der Regel die ebenfalls gesuchten Bonds in AUD, etwa ein Kurzläufer der Rabobank (WKN A0GDU4) mit einer Rendite von derzeit 5,5 Prozent, oder ein Bond der australischen Regierung mit ähnlicher Laufzeit (WKN A1AT2P) mit einer Rendite von 4,73 Prozent.

Gemischtes Bild bei Unternehmensanleihen in Euro

Ausgeglichen gehe es bei Corporate Bonds zu, die in Euro notieren. Wenig überzeugt zeigen Anleger sich Daniel zufolge etwa von einer langlaufenden Lafarge-Anleihe (WKN A1AQ49), für die der Händler einen Verkaufsüberhang registriert. Mehr versprechen Anleger sich offensichtlich von einem Fresenius-Angebot (WKN A1GLY6). Als Langläufer mit einer Laufzeit bis 2021 ist die Anleihe mit einen Kupon von 5,25 Prozent ausgestattet.

© 22. Juli 2011 / Iris Merker