1. April 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Schuldenkrise im Euroraum bestimmt wieder verstärkt die Schlagzeilen. Neben Portugal als möglichen Kandidat für den Euro-Rettungsschirm bereitet Irland den Anlegern Sorgen. „Die Ergebnisse des Stresstests für die Geldinstitute des Inselstaats wurden veröffentlicht“, berichtet ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank. „Demnach benötigen die Unternehmen eine Finanzspritze von rund 24 Milliarden Euro.“ Das sei zusätzlich zu den 35 Milliarden US-Dollar, die der angeschlagene Sektor Ende vergangenen Jahres bekam, reiche aber nur für die irischen Finanzhäuser. Der Gesamtkapitalbedarf europäischer Banken liege nach Schätzungen von Standard & Poor’s bei rund 250 Milliarden Euro.
Einen Endspurt in Sachen European Financial Stability Facility (EFSF) und European Stability Mechanism (ESM) legten die EU-Regierungschefs derzeit hin. Ab Juli 2013, weiß die Helaba, soll der dauerhafte Rettungsschirm ESM den EFSF ablösen. Nicht alle Details zur finanziellen Ausgestaltung seien bereits verabschiedet. Endgültige Entscheidungen dazu treffe die EU voraussichtlich erst im Juni diesen Jahres. Die effektive Kreditkapazität des Rettungsschirms werde vermutlich aber 500 Milliarden Euro betragen. Der Aufbau von Barreserven soll dauerhaft für erstklassige Ratings und damit günstige Refinanzierungskonditionen sorgen.
Die Schere wird größer
Der Vergleich von fünfjährigen Staatsanleihen auf Monatsbasis verdeutliche es. Euroraumländer aus der ersten Reihe holen zur Bundesanleihe auf. „So kommen Italien, Spanien und Belgien zwischen 27 und 38 Basispunkten näher an die Deutschen Bundesanleihen heran“, meldet die UBS. Mit 35 Basispunkten für Griechenland, 123 für Irland und 159 für Portugal weiteten sich die Spreads für die Peripherieländer aus der zweiten Reihe zu den Bundesanleihen dagegen aus. Die Herabstufung Griechenlands und Portugals zeigten bereits Wirkung.
Anleger warten ab
Angesichts der anstehenden Entscheidungen im Euroraum verhielten Anleger sich am Bondmarkt laut Baader Bank tendenziell abwartend. Dies passe zu der Seitwärtsbewegung beim richtungsweisenden Euro-Bund-Future. Aus technischer Sicht bewege sich das Barometer für die Zinsentwicklung laut UBS zwischen dem Februar-Tief von 120,89 und dem Hoch im März von 123,92. Auf Schlusskursbasis müsse er aus dieser Spanne ausbrechen, um eine technische Signalwirkung zu entfalten.
Brunner
ICF Kursmakler vermutet gar einen Bedeutungsverlust des Bund-Future als sicheren Hafen. Der vermutlich auch in Zukunft weiter steigende Beitrag der Bundesrepublik zur Rettung des Euro stelle eine Belastung für den hiesigen Haushalt dar. „Zudem ist die Inflationsrate des Euroraums im März mit 2,6 Prozent zum fünften Mal in Folge deutlich über dem Zielkorridor der EZB von 2 Prozent“, ergänzt Arthur Brunner die Prognose. „Daher ist eine Leitzinserhöhung um 0,25 auf dann 1,25 Prozent wahrscheinlich.“ Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe sei innerhalb einer Woche von 3,28 auf 3,386 Prozent angestiegen.
Portugal mit Risikozuschlag
Ein Haushaltsdefizit von 8,6 Prozent im Jahr 2010, eine Herabsetzung des Standard & Poor’s Rating auf BBB- sowie das fehlen einer Regierung sorgten für Aufschläge bei portugiesischen Bonds. Mittlerweise erkennt die Hellwig Wertpapierhandelsbank inverse Tendenzen für die Papiere. Die Rendite zweijähriger Titel habe am Vortag mit 8,30 Prozent über der für zehnjährige Papiere gelegen. Zudem beobachtet die Baader Bank sportliche Tendenzen bei fünfjährigen Anleihen des iberischen Staates. Sie hätten erstmals die 9 Prozent-Hürde übersprungen.
Daniel
Durch den Rücktritt des portugiesischen Staatsoberhaupts fehle es der Regierung an Handlungsfähigkeit. „Auch wenn sie wollten, könnten die Portugiesen derzeit nicht unter den europäischen Rettungsschirm schlüpfen“, weiß Gregor Daniel von der Wertpapierhandelsgesellschaft Walter Ludwig. Sie hätten schlichtweg nicht die Befugnis dazu.
Griechenland wird abgestraft
Griechische Anleihen vermutet die Hellwig Wertpapierhandelsbank ebenfalls durch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Emittenten abgestraft. Statt BB+ gelte bei Standard & Poor’s nun die Note BB- für die Griechen. Die 1,5-jährige Anleihe (WKN A0LN5U) mit einem Coupon von 4,1 Prozent notiere derzeit bei 87,34 Brief. Dies entspreche einer stolzen Rendite von 14,64 Prozent.
Irische Banken gesucht
Direkt nach Bekanntwerden der zusätzlichen Finanzspritze für irische Banken beobachtet die Hellwig Wertpapierhandelsbank einen steilen Kursanstieg von Anleihen der Allied Irish Bank. Statt 73,5 Prozent notierte eine bis 2014 laufenden Anleihe des Finanzinstituts (WKN A1APV4) bei über 81 Prozent am Freitagmittag. Einen Anstieg von 83 auf rund 89 Prozent habe es für eine Allied Irish Bank Anleihe (WKN A1AM44) mit Fälligkeit 2012 gegeben.
Interesse an Telekom, Peugeot und IKB
Es war wohl die beabsichtigte Trennung vom kriselnden US-Geschäft, die einer Telekom-Anleihe auf die Beine geholfen hat. „Die Deutsche Telekom will ihre US-Tochter für rund 39 Milliarden US-Dollar an AT&T verkaufen“, weiß Daniel. Damit entledige sich das Unternehmen einiger Probleme, vor allem im US-Privatkundengeschäft. Verstärkte Nachfrage registriert der Händler in Folge für die Telekom-Anleihe (WKN A0DW8D).
Ebenfalls gefragt seien Anleihen von Peugeot (WKN A0VSYU) mit einer Laufzeit bis 2016.
Fast zwei Jahre nach dem Kauf der maroden Mittelstandsbank IKB will der Finanzinvestor Lone Star die Bank Pressemeldungen zufolge wieder verkaufen. Die Bank sei gesäubert und attraktiv für ein neuen, strategischen Partner. Anleihen der IKB (WKN 859275, A0BDRX ) profitieren vermutlich von dem bekundeten Interesse der BNP an einer Beteiligung, urteilt Daniel.
Brunner berichtet von erhöhtem Interesse an Stufenzinsanleihen. Bei der NordLB-Anleihe (WKN NLB5MV9) erhalte der Anleger einen vergleichsweise attraktiven Coupon von 3,85 Prozent bis zum 26. März 2012. Danach habe die Emittentin das Recht die Anleihe zurückzuzahlen oder aber für weitere drei Jahre für einen Coupon von 4 Prozent zu verlängern. Aufgrund der großen Nachfrage sei die Anleihe mittlerweile ausverkauft.
© 1. April 2011 / Iris Merker