Anleihen: Raus aus Schwellenländern

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31. Januar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zinserhöhungen in Schwellenländern sorgen Händlern zufolge für lebhaften Anleihehandel. „Insbesondere vor der mehr als Verdopplung des türkischen Leitzinses von 4,5 auf 10 Prozent hat es türkische, aber auch andere Währungsanleihen der Emerging Markets gebeutelt“, meldet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. Nutznießer sei der Euro-Bund-Future, er konnte im Laufe der Woche auf 143,45 Prozent zulegen. „Sicherheitsbewusste Investoren haben sich Bundesanleihen ins Depot gelegt, damit sie nachts ruhig schlafen können.“

Spekulationen mit im Spiel

Anhand der hohen Schwankungsbreite der türkischen Landeswährung erkenne man allerdings auch die Risikofreude einiger Investoren. Nach den massiven Abgaben (WKNs A1RE8Q, A0D0B4) sei wieder gekauft worden. „Der Zinsvorsprung einer Währungsanleihe in türkischer Lira gegenüber einer Euroanleihe betrug circa 9 Prozentpunkte“, begründet Daniel. „Durch die hohe Volatilität der Lira besteht allerdings auch die Gefahr, diese Vorteil auf einen Schlag wieder zu verlieren.“ Allein die Wechselkursbewegung dieser Woche von 3,27 auf 2,97 türkische Lira zum Euro machte rund 10 Prozent aus.

Wie eine Achterbahn

„Turbulent und mit deftigen Kursschwankungen begann die Woche auch für Anleger in Anleihen der Republik Argentinien“, berichtet Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Nach dem Fall des Peso von über 12 Prozent gegenüber dem US-Dollar am vergangenen Donnerstag, konnte sich die Währung auf niedrigem Niveau einpendeln. „Die Regierung hatte angekündigt, Dollarkäufe seitens der Bevölkerung in kleinem Umfang wieder zu erlauben.“ Zusätzlich habe sich die argentinische Zentralbank zu Dollarverkäufen entschieden.

„Sowohl Alt-Bonds als auch Anleihen, die durch verschiedene Umtauschaktionen Argentiniens auf den Markt kamen, stürzten zunächst massiv ab.“ Diese kleine Verkaufspanik sei für Kursverluste in Höhe von gut 20 Prozent verantwortlich, in Einzelfällen deutlich darüber. „Auch die Gegenbewegung nach dem Einbruch fiel teilweise überraschend kräftig aus.“ Derzeit konsolidierten die Kurse auf dem aktuellen Niveau mit leichter Tendenz nach oben.

Zinserhöhungswelle läuft ins Nichts

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Stopp

Weitere andere Emerging Markets erhöhen derzeit ihre Leitzinsen, wenn auch im Vergleich zur Türkei in homöopathischen Dosen, wie Klaus Stopp von der Baader Bank meint. „Damit konnte der südafrikanische Rand kurzfristig wieder etwas durchatmen.“ In Südafrika ging es mit dem Leitzins um 0,5 Prozent auf 5,5 Prozent nach oben, in Indien um 0,25 auf 8 Prozent. „Doch im gestrigen Tagesverlauf verpuffte die Wirkung wie ein Placebo.“ Viele Investoren hätten kurzfristig Kasse gemacht, andere hätten die Währungsgewinne als zweite Chance zum Ausstieg genutzt.

Rubel-Anleihen werden abgestoßen

Ähnlich turbulent geht es bei Rubel-Anleihen zu. Die russische Währung hat in dieser Woche ein Rekordtief markiert, für einen Euro gab es in der Spitze 48,214 Rubel. Im Handel verabschieden sich Anleger laut Stopp zuhauf von Rubel-Anleihen. Trotz einer Rendite von über 8,4 Prozent trennten Investoren sich beispielsweise von einer bis Februar 2027 laufenden Anleihe (WKN A1G10S).

Gradwanderung US Geldpolitik

Die Kapitalflucht aus den Schwellenländern führen Analysten auf die Fortsetzung des Tapering, also die Verringerung der Anleihen-Käufe vonseiten der US-Notenbank zurück. Ab Februar werde die Federal Reserve monatlich für 65 Milliarden statt wie bisher für 75 Milliarden US-Dollar Anleihen kaufen. Davon seien gleichermaßen US-Staatsanleihen und mit Hypotheken besicherte Bonds, so genannte Mortgage Backed Securities, betroffen. „Ab jetzt residiert Janet Yellen über die wichtigste Zentralbank der Welt. Sie muss die Politik der Geldvermehrung beenden, ohne andere Blasen platzen zu lassen“, schildert Daniel die Herausforderung.

Gegen den Strom?

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Daniel

Trotz der Turbulenzen in Emerging Markets erwägt die Europäische Zentralbank eine mögliche weitere geldpolitische Lockerung. Die Notenbanker befürchteten eine Deflation. „Entscheidend ist die Preisentwicklung, sodass die heute anstehende Schnellschätzung der europäischen Teuerung mit Spannung erwartet wird“, bemerkt die Helaba. Die deutschen Verbraucherpreise seien im Januar vermutlich um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, die EU-harmonisierte Inflation liege bei unverändert 1,2 Prozent. „Aufgrund der positiven konjunkturellen Entwicklung in Europa gehen wir allerdings nicht von einer erneuten Reduzierung der Leitzinsen aus.“

Anleger geben sich risikobewusst

Im Handel setzen Anleger auf in Euro denominierte Anleihen, wie Daniel meldet. Etwa komme ein im Juni 2019 fällig werdendes Papier von General Electric (WKNs A1G57J) mit einem jährlichen Kupon von 2,875 Prozent gut an. Investoren interessierten sich zudem für eine Conti-Anleihe (WKN A1X24V) mit Rückzahlung im Juni 2018 und einem Zins von 3 Prozent. Eine Hornbach-Anleihe (WKN A1R02E) mit einer Laufzeit bis Februar 2020 und einem Zins von 3,875 Prozent wandere ebenfalls verstärkt in die Anlegerdepots. „Die Abflüsse aus den Schwellenländern fließen vermutlich in diese Werte“, meint Daniel.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 31. Januar 2014