Anleihen: Sicherheit als oberstes Gebot

9. Dezember 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Warnschuss der Rating-Agentur S&P an die Euro-Länder, die Zinssenkung der EZB und deren Nein zur Ausweitung des Anleiherückkaufprogramms sowie aktuell der EU-Gipfel in Brüssel: Von einer ruhigen Weihnachtszeit kann an den Märkten auch in dieser Woche nicht die Rede sein. Zum Wochenausklang herrscht Verunsicherung nach den ersten Ergebnissen aus Brüssel. In der Nacht zum Freitag einigten sich die Euro-Staaten und sechs weitere EU-Länder, einen separaten Vertrag für mehr Haushaltsdisziplin zu schließen. Der Versuch, alle 27 EU-Staaten mit ins Boot zu bekommen, scheiterte allerdings.

„Das wird nur bedingt freundlich aufgenommen“, meint ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank mit Blick auf die zögerliche Reaktion an den Märkten. HSBC Trinkaus & Burkhardt bezweifelt, dass es sich um einen Befreiungsschlag handelt. „Ob die Lösung zu einer Beruhigung an den Finanzmärkten führt, bleibt zumindest fraglich.“ Den Analysten zufolge sollten die Details der ausgehandelten Lösung in den kommenden Wochen ebenso kritisch von den Finanzmarktteilnehmern begleitet werden wie die praktische Umsetzung.

Erleichterung nach Bundesanleiheauktion

Der Optimismus, der Anfang der Woche noch die Märkte bestimmt hatte, war ohnehin schnell verflogen. „Gegen Ende der Woche zeigt sich, dass manche Erwartungen sowohl an die EZB als auch an die Politik überzogen waren“, bemerkt Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Der sichere Hafen Bundesanleihen sei allen Unkenrufen zum Trotz diese Woche wieder gefragt gewesen.

Die Ratingagentur S&P hatte am Montagabend den Ausblick für 14 Eurostaaten inklusive Deutschlands auf negativ gesetzt und auch in Bezug auf den Rettungsschirm EFSF gewarnt. „Die Finanzmärkte zeigten sich davon unbeeindruckt, die mit Spannung erwartetet Auktion von 5 Milliarden fünfjährigen Bundesanleihen am Mittwoch war 2,1-fach überzeichnet“, berichtet Brunner. Das könne bei einer Rendite von 1,11 Prozent als voller Erfolg gewertet werden.

Unterschiedlich gewertet werden hingegen die Entscheidungen der EZB. Die hat am gestrigen Donnerstag, wie erwartet, den Leitzins von 1,25 auf 1 Prozent gesenkt, was angesichts der noch hohen Inflation nicht einhellig begrüßt wird. Zudem bekräftigten die Zentralbanker ihre Weigerung, die Interventionen an den europäischen Anleihemärkten massiv auszuweiten.

Bundesanleihen wieder im Aufwind

Der Euro-Bund-Future, der zu Anfang der Woche noch nachgab, legte im Wochenverlauf wieder zu und notiert mit aktuell 136,15 Prozent über dem Niveau vor einer Woche bei 135,44. Für zehnjährige Bundesanleihen beläuft sich die Rendite aktuell auf etwas über 2 Prozent. „Solange sich kein Befreiungsschlag zur Lösung der Schuldenkrise abzeichnet, ist Sicherheit das oberste Gebot der Anleger“, kommentiert Brunner.

Linde glückt Neuemission

Trotz anhaltender Nervosität wagten sich in dieser Woche wieder einige Unternehmen an den Markt. Etwa begab der Gase- und Technologiekonzern Linde (WKN A1G4XL) eine Anleihe im Volumen von 750 Millionen Euro mit einer Laufzeit bis 2018 und einem Kupon von 3,125 Prozent. Die Stücklung liegt bei 1.000 Euro. „Die Anleihe wurde sehr gut aufgenommen, bei aktuellem Kurs beträgt die Rendite 2,9 Prozent“, erklärt Rainer Petz von Close Brothers Seydler.

Daumen runter bei Praktiker

Abermals Federn lassen mussten Praktiker-Anleihen (WKN A1H3JZ). „Ende letzter Woche wurden diese zu 49,95 gehandelt und fielen dann auf ein historisches Tief von 35 Prozent, heute sind es 38 Prozent. Das macht eine Rendite von 7,5 Prozent“, erklärt Petz. Mitte November ging die Anleihe im Übrigen noch zu fast 74 Prozent über den Tisch. Die Baumarktkette hatte vor zwei Wochen umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen angekündigt. „Die Anleger trauen der Sache wohl nicht“, mutmaßt Petz.

Air Berlin profitiert von Gerüchten

Aufwärts ging es hingegen für Air Berlin-Anleihen. „Es gibt Gerüchte über einen Einstieg der Fluggesellschafts Abu Dhabis Etihad“, erläutert Petz. Der neue Air Berlin-Chef Hartmut Mehdorn ist im Moment auf Suche nach einem Investoren für das verlustträchtige Unternehmen. Etihad dementierte die Meldung allerdings gleich. Laut Petz reagierte die neueste Air Berlin-Anleihe (WKN AB100C) kaum auf die Meldungen, die Kurse der bis 2015 und 2018 (WKN AB100A, AB100B) laufenden älteren Papiere bewegten sich aber deutlich nach oben. „Vergangenen Freitag wurde die bis 2015 laufende Anleihe zu 82 Prozent gehandelt und stieg dann bis auf 85,75 Prozent, heute sind es 84 Prozent“, meldet Petz.

Commerzbank-Hybridanleihen fester

Stark angesprungen sind zudem Hybridanleihen der Commerzbank, wie die Hellwig Wertpapierhandelsbank beobachtet hat (WKN 542376). Der Grund: Die angeschlagene Bank hat angekündigt, zur Stärkung ihres Kernkapitals Hybridanleihen zu 40 bis 52,5 Prozent des Nennwertes zurückzukaufen. Anleger haben bis zum 13. Dezember Zeit, die Offerte anzunehmen.

© 9. Dezember 2011 / Anna-Maria Borse