Anleihen: Tiefe Sorgenfalten

23. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Schlechte Ratings und magere Konjunkturprognosen für die Weltwirtschaftschaft bestimmten den Anleihenhandel in dieser Woche. „Zu einer schlechteren Benotung des italienischen Staates gesellte sich die Abstufung der Bonität von sieben italienischen Banken durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s“, fasst Gregor Daniel zusammen. Den Daumen gesenkt habe Moody’s zudem für drei große US-amerikanische Geldhäuser. „Ab jetzt werden Citygroup, Bank of America und Wells Fargo sich nur noch zu schlechteren Konditionen am Kapitalmarkt Geld leihen können“, erklärt der Händler der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Anders als bisher schätze Moody’s die Bereitschaft der US-Regierung nun geringer ein, kriselnde Banken noch einmal massiv mit Steuergeldern zu stützen.


Brunner

„Insgesamt herrscht im Bankensektor erhöhtes Misstrauen“, beobachtet Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Es werde für einige europäische Banken dadurch immer schwieriger, sich mit US-Dollar einzudecken. Jüngst sei die EZB mit einem Volumen von 500 Milliarden US-Dollar eingesprungen.

Wirtschaftswachstum bricht ein

Für die Wirtschaft in Deutschland, den USA und der Welt habe der Internationale Währungsfonds (IWF) laut Daniel die Prognosen nach unten revidiert und so eine weitere Fluchtbewegung in sichere Bundesanleihen angestoßen. Statt der bisher angenommenen 3,2 Prozent rechnen die Volkswirte des IWF für die hiesige Wirtschaft nur noch mit einem Wachstum von 2,7 Prozent in diesem Jahr und 1,3 Prozent im kommenden Jahr. Die Erwartungen für die USA wurden um einen Prozentpunkt auf 1,5 Prozent in diesem Jahr und um 0,9 auf 1,8 Prozent für 2012 nach unten revidiert.

Euro-Bund-Future mit neuen Allzeithoch

Dem richtungsweisenden Bund-Future habe das gesteigerte Interesse nach Bundesanleihen zu einem neuen Allzeithoch von zwischenzeitlich 139,07 Prozent verholfen. Nach oben betrete das Barometer aus technischer Sicht erst einmal Neuland, nach unten erkennt die HSH Nordbank Unterstützungszonen bei 138,15 bzw. 138,22 Prozent und 137,05 bzw. 137, 17 Prozent.

Die hohe Nachfrage nach lang laufenden Bundesanleihen seien die Ursache für die derzeit niedrigeren Renditen der hiesigen Staatsanleihen. Zehnjährige Bundanleihen kämen beispielsweise aktuell lediglich auf 1,67 Prozent. Wenig vertrauensfördernd hätten Veröffentlichungen von Seiten der Europäischen Zentralbank gewirkt. Eine Studie sehe aufgrund der Schuldenkrise die Gemeinschaftswährung als gefährdet an. Als erstes EZB-Mitglied habe der niederländische Notenbankchef Klaas Knot zudem eine Insolvenz Griechenlands als ein denkbares Szenario aufgezeigt. „Das sind zwar alles keine neuen Erkenntnisse, sie fallen derzeit aber auf besonders fruchtbaren Boden“, beschreibt die HSH Nordbank.

Die Sicherheit Deutschlands kein Garant mehr

Auch Deutschland werde zunehmend in den Strudel der Unsicherheit mit hineingezogen. Abzulesen sei dies an den Preisen für Kreditausfallversicherungen (CDS). „Die Prämien für fünfjährige CDS auf Bundesanleihen haben sich seit Ende Juni mehr als verdoppelt“, berichtet Brunner. Allein in dieser Woche registrierte der Händler einen Anstieg von rund 23 Prozent. Zu den extrem niedrigen Renditen der vermeintlich sicheren Staatsanleihen passe die hohe Absicherungsprämie nicht mehr. „Hier bahnt sich ein Zielkonflikt an“, sagt Brunner voraus. Einzig die hohe Liquidität im Markt der Bundesanleihen könne man ein Engagement dort noch rechtfertigen.

Eurobonds erfolgreich platziert


Daniel

Vier Milliarden Euro habe die Europäische Zentralbank in dieser Woche erfolgreich auf dem Kapitalmarkt platzieren können, wie Gregor Daniel berichtet. „Das Geld ist für die kommenden Kredittranchen für Portugal und Irland vorgesehen“, weiß der Händler. Bisher schlage die Euro-Schuldenkrise nach Berechnungen des IWF mit schätzungsweise 300 Milliarden Euro zu Buche. 200 Milliarden Euro seien durch Kursverluste von Staatsanleihen betroffener Länder angefallen. Rund 100 Milliarden Euro Verlust seien Finanzverbindungen von Geldinstituten untereinander zuzuordnen.

Norwegische und Schwedische Krone wieder im Fokus

Nach einer kurzen Verschnaufpause stünden Währungsanleihen in Norwegischen (NOK) und Schwedischen Kronen (SEK) bei Anlegern erneut im Mittelpunkt. „Der Euro hat wieder an Boden gut gemacht, was die Attraktivität von Engagements in Alternativwährungen erhöht“, bemerkt Klaus Stopp von der Baader Bank. Beliebt seien etwa zwei Anleihen des norwegischen Königreichs (WKN 858524, A0BC8F). Ausgestattet mit einem Kupon von 6,5 Prozent läuft Erstere bis Mai 2013 und kommt aktuell auf eine Rendite von 1,33 Prozent. Bei einem Zinssatz von 5 Prozent und einer Fälligkeit im Mai 2015 erreicht Letztere eine Rendite von 1,58 Prozent.

Gute Bonität deutscher Schwergewichte zieht

Investoren greifen zudem bei Fremdwährungsanleihen deutscher Schuldner mit hoher Kreditwürdigkeit zu. „Seit Monaten ist diese Kombination beliebt“, registriert die Baader Bank. Eine in norwegischen Kronen emittierte Anleihe der Kreditanstalt für Wiederaufbau (WKN A1EL3P) mit einem Zinssatz von 3,375 Prozent und einer gegenwärtigen Rendite von 3,15 Prozent finde beispielsweise regen Anklang. Beliebt seien der Baader Bank zufolge zudem zwei Bonds von Daimler, die beide ein Rendite von derzeit 2,8 Prozent böten: eine im Januar 2015 fällig werdende NOK-Anleihe (WKN A1GUY7) mit einem Zins von 3.625 Prozent und eine SEK-Anleihe (WKN A1GU3S) mit einer Laufzeit bis Dezember 2014 und einem Kupon von 3,0 Prozent.

Bei insgesamt gemischtem Handel mit Unternehmensanleihen erkennt Gregor Daniel zudem ein deutliches Interesse an einer Anleihe von Continental AG (WKN A1AY2A) mit einer Laufzeit bis Oktober 2015 und einem Kupon von 8,5 Prozent.

Neulinge gern, aber mit guter Benotung

Nachdem der Markt über Wochen wie ausgetrocknet schien, seien Neuemissionen im Markt für Unternehmensanleihen wieder zum Leben erwacht. „Firmen mit guter Qualität gelingt es derzeit im Primärmarkt problemlos, sich zu refinanzieren“, meint Klaus Stopp. TeliaSonera AB, Schneider Electric SA und die Autoroutes du Sud de la France, alles Unternehmen mit einer Bonität von BBB+ oder besser, hätten ihre Bonds beispielsweise erfolgreich platziert. Weniger angetan zeigten Anleger sich von schlecht oder gar nicht benoteten Unternehmen. Investoren fehle es an Risikofreude, deshalb ließen sie lieber die Finger von Firmen ohne Gütezeichen.

© 23. September 2011 / Iris Merker