Auslandsaktien: Anleger setzen auf japanische Baubranche

17. März 2011. Frankfurt (Börse Frankfurt). Die Ereignisse in Japan halten weiterhin die internationalen Märkte in Atem. Alle schauten gebannt auf die Entwicklung der radioaktiven Strahlensituation. So fassen die Händler die anhaltende Verunsicherung im Aktienhandel zusammen. Der anstehende dreifache Hexensabbat am Freitag verstärke die irrationalen Reaktionen an den Börsen vermutlich noch. Entsprechend hoch seien die Handelsvolumina.
Von Rekordumsätzen und -bewegungen an der japanischen Börse berichtet Walter Vorhauser von der Close Brothers Seydler Bank. Mit einem Einbruch von 16 Prozent habe sie den größten Crash seit dem Jahr 1987 erlebt. „Noch stärkere Ausschläge wurden vermutlich durch die zunächst besonnenen Reaktionen an den US-Leitbörsen verhindert“, glaubt der Spezialist. Die Ton angebenden S&P 500 und Dow Jones Indizes seien erst Mitte dieser Woche dem allgemeinen Sog nach unten gefolgt.

Vorhauser
Vorhauser

Unverständlich beurteilt Vorhauser auch die Kettenreaktion der deutschen Aktienkurse. „Der Einbruch des DAX von nahezu 1.000 Punkten sei überzogen. „Speziell die japanischen und deutschen Werte betrachte ich als überverkauft“, urteilt der Spezialist. Denn die Fundamentaldaten der deutschen Wirtschaft seien nach wie vor intakt. Hingegen wären die Solar- und Windenergieindustrien durch das japanische Unglück wachgerüttelt worden. „Bereits in dieser Woche waren die Aktien vieler Anbieter alternativer Energien gesucht“, beobachtet Vorhauser, der auf eine Erholung an den Märkten tippt. „Denn durch das historisch niedrige Zinsniveau bleibt die Liquidität hoch und wird ihren Weg eher früher als später zurück in die Aktien finden.“

Japanische Baubranche legt zu

So dramatisch wie die Situation in Japan ist, für Unternehmen aus der dortigen Baubranche werde der Wiederaufbau auf lange Zeit Gewinn bringende Aufträge mit sich bringen. „Denn in einem so reichen Land wie Japan werden die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten vermutlich rasch angegangen“, glaubt Roland Stadler von der Baader Bank. „Auch in der Vergangenheit waren Erdbeben zwar zunächst kurzfristig mit konjunkturellen Dämpfern verbunden, wurden aber danach von wirtschaftlichem Aufschwung abgelöst.“ Der Reichtum und die große Erfahrung des Landes mit Erdbeben lasse die Anleger auch die aktuell nötige Wiederaufbauleistung optimistisch einschätzen. So können viele Bauwerte gegen den allgemeinen Trend in den vergangenen Tagen zulegen. Gefragt seien beispielsweise Sekisui House (WKN 850022), Shimizu Corp. (WKN 857801), Tobishima Corp. (WKN 860214) sowie Taisei Corp. (WKN 857627). Einige Unternehmen seien auf den Bau öffentlicher Gebäude spezialisiert.

Swiss Re bricht ein

Auf bis zu 35 Milliarden US-Dollar schätze der US-Risikospezialist AIR die Gesamtkosten für die globale Versicherungsindustrie allein durch Erdbeben in Japan verursacht. Tsunami- und Personenschäden seien darin noch nicht enthalten. Das belaste auch den Schweizer Rückversicherer Swiss Re (WKN 852246), der für das eigene Unternehmen nach ersten Schätzungen finanzielle Folgen in Höhe von 0,9 bis 1,1 Milliarden US-Dollar erwartet. Denn die Belastungen durch die Rückversicherer fielen nicht ganz so dramatisch aus, weil japanische Eigenheime gegen die Folgen von Erdbeben und Tsunamis durch einen Regierungsfonds gedeckt seien. „Die Versicherer müssen hingegen für Schäden durch Feuer, die in Folge der Katastrophe ausgebrochen sind, einstehen“, erklärt Walter Vorhauser. Damit seien auch die Rückversicherer in der Pflicht.

Japanische Unternehmen sicherten sich ebenfalls über Industrie- und Betriebsversicherungen gegen Erdbeben-, Feuer- und Tsunamirisiken ab, deshalb werde es einige Zeit dauern, bis Swiss Re das gesamte Ausmaß der Schäden einschätzen könne. Gewinne werde es für das laufende Geschäftsjahr aufgrund der zu erwartenden hohen Belastungen jedoch nicht geben. „Die Aktie hat Anfang der Woche zwischenzeitlich um 15 Prozent auf 36,60 Euro nachgegeben“, berichtet Vorhauser. Im Laufe der Woche konnte sie wieder an Boden gut machen und notierte am Donnerstag wieder bei 38,40 Euro.

Gute Stimmung bei Lindt & Sprüngli

Schokolade macht glücklich. Das sei zumindest bei den Amerikanern und den Engländern zu vermuten. Denn vor allen in diesen beiden Märkten sehen die schweizer Chocodlatiers auf ein besonders erfolgreiches Wachstumsjahr 2010 zurück. Auch an deutsche und italienische Feinschmecker hätte Lindt & Sprüngli (WKN 859568) mit einem Plus von 7 Prozent mehr Schokolade verkauft als im Vorjahr. Insgesamt sei der Umsatz des Unternehmens in der Lokalwährung um 7,3 Prozent gestiegen. Das liege über den erwarteten 5 bis 7 Prozent. „Den Schweizern geht es trotz gestiegener Kakaopreise und einem sehr festen Schweizer Franken ausgesprochen gut“, beobachtet Vorhauser. Im Vergleich zum Vorjahr habe der Schokoladenhersteller den Umsatz auf 2,58 Milliarden Franken steigern können. Für das laufende Jahr erwarte das Unternehmen trotz hoher Kakaopreise und ungünstigem Wechselkurs einen Gewinn von 300 bis 340 Millionen Franken. Bei den Dividenden zeige sich der Schweizer deshalb großzügig. Mit voraussichtlich 450 Schweizer Franken liege sie 13 Prozent höher als im Vorjahr.

Gewinnwarnung bei Sonova Holding

Stadler
Stadler

Geht es um ihre Gesundheit, reagieren viele Menschen besonders empfindlich. Dies würde auch Sonova Holding (WKN 893484) zu spüren bekommen. Eine Rückrufaktion des Cochlea-Implantats von Advanced Bionics Ende vergangenen Jahres machten dem Hörgerätespezialisten immer noch zu schaffen. „Sonova muss zusätzliche Rückstellungen von 150 Millionen Franken für diese Aktion vornehmen“, weiß Roland Stadler. Zudem seien auch die Umsätze bei den konventionellen Hörgeräten für das laufende Jahr geringer als erwartet. „Außerdem drückt der starke Schweizer Franken“, erklärt der Spezialist der Baader Bank. Das verringere insgesamt die Marge für das laufende Geschäftsjahr auf 20 bis 21 Prozent. „Erwartet hatten die Analysten 26 Prozent“, berichtet Stadler. Nach der Gewinnwarnung am Mittwoch sei der Kurs um rund 20 Prozent eingebrochen.

© 17. März 2011 / Iris Merker