Auslandsaktien: Im Kaufrausch

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7. Mai 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach einem Rekordjahr 2014 setzt sich die Welle von Fusionen und Übernahmen nicht nur in der Pharmabranche fort. Insgesamt übertreffen die Zusammenschlüsse der ersten drei Monate dieses Jahres mit einer Summe von 887 Milliarden US-Dollar die des Vorjahres bereits um 25 Prozent, wie Roland Stadler weiß. Pharmakonzerne mischen dabei kräftig mit. Die Deals in Höhe von 223 Milliarden US-Dollar in 2014 könnten in diesem Jahr leicht übertroffen werden. „Die Kassen sind prall gefüllt, das Geld ist billig und keiner weiß wohin damit“, beschreibt der Händler der Baader Bank die Ausgangssituation in den Unternehmen.

Deshalb stünden einerseits Aktienrückkäufe und anderseits Fusionen seit geraumer Zeit hoch im Kurs. Es gehe um die Sicherung der Zukunftsmärkte, mit dabei Wachstumsbringer wie freiverkäufliche Medikamente, Sporternährung und wirksame Kosmetik. Organische Entfaltung durch aufwändige Entwicklungen bräuchten mehr Zeit, seien in der Regel deutlich teurer und deshalb oft nur die zweite Wahl.

Verkäufer erzielen Spitzenpreise

Nie ist von Großkonzerne für Firmenzusammenschlüsse so viel Geld ausgegeben worden wie im vergangenen Jahr. Fünf Deals haben laut Genetic Engineering & Biotechnology News die 10 Milliarden US-Dollar-Marke übertroffen. Im Vorjahr seien es lediglich zwei gewesen, wobei die 10,4 Milliarden US-Dollar, die Amgen (WKN 867900) für Onyx Therapeutics bezahlt hat, nur knapp darüber läge.

Mit Käufen des Botox-Hersteller Allergan für insgesamt 66 Milliarden US-Dollar hätte die in den USA und Irland ansässige Actavis (WKN A1W5NE) als teuerste Übernahme von sich reden gemacht. Rang zwei belege die 28 Milliarden US-Dollar schwere Acquisition von Forst Laboratories, ebenfalls durch Actavis.

Weitere Mega-Fusionen scheinen nur eine Frage der Zeit. Derzeit interessiere sich beispielsweise AbbVie (WKN A1J84E) für seinen Konkurrenten Pharmacyclics (WKN 904042), um seine Krebsforschung zu verstärken. Ein Gebot über 21 Milliarden US-Dollar stünde im Raum. Hauptsächlich um ein Reizdarm-Medikament gehe es beim gerade beschlossenen 14,5 Milliarden US-Dollar teuren Kauf von Salix durch den kanadischen Konzern Valenant (WKN A1C6JH).

Fressen und gefressen werden

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Stadler

Nicht immer gingen Unternehmen freiwillig auf Einkaufstour. Mit dem Griff nach dem irischen Pharmahersteller Perrigo (WKN A1XAEY) wehre sich Mylan (WKN A14NYH) beispielsweise gegen die Übernahme-Attacke von Teva (WKN 883035). „Mylan zielt darauf, teurer und damit weniger angreifbar zu werden“, erklärt Stadler. Mittlerweile stehe das Gebot für Perrigo bei 232 US-Dollar pro Aktie. „Die erste Offerte lag bei 205 US-Dollar.“ Doch auch Perrigo ziere sich.

Der weltweit größte Generika-Hersteller Teva hat am 21. April einen Preis von 82 Dollar pro Aktie aufgerufen, wobei die Hälfte bar bezahlt würde und die andere Hälfte in Teva-Aktien.

Aktionäre können zufrieden sein

Für Aktienbesitzer scheinen Übernahmen in der Pharmawelt übrigens attraktiver als früher. Morgan Stanley hat ermittelt, wie die Aktiennotierungen auf Übernahmeankündigungen in den vergangenen 15 Jahren reagierten. Von 2001 bis 2005 hätten die Kurse des Erwerbers durchschnittlich nachgegeben, in den anschließenden vier Jahren ergebe sich ein uneinheitliches Bild, seit 2010 stünden im Schnitt deutliche Steigerungen zu Buche.

Die Aktienperformance vieler Pharmaunternehmen kann sich in den vergangenen drei Monaten übrigens durchaus sehen lassen, wie Stadler bemerkt. Steigerungen zwischen 15 und 32 Prozent für die Aktien von Actavis (WKN A1W5NE), Impex (WKN A0JD4G), der ungarischen Richter Gedeon (WKN A1W16N) oder auch Perrigo sprächen für sich. „Und das obwohl Pharma-Aktien im April zwischenzeitlich einen Einbruch hatten.“

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Vorhauser

Für Schweizer Unternehmen wie Novartis (WKN 904278) macht sich der starke Dollar bemerkbar. Die Aktie stieg in den vergangenen drei Monaten von 84,7 auf 89,6 Euro. Sowohl bei Umsatz als auch Gewinn stünde ein Minus im vergangenen Quartal. „Ein umfangreicher Konzernumbau inklusive Sparmaßnahmen und einer Portfolio-Anpassung tragen allerdings erste Früchte“, weiß Walter Vorhauser von Oddo Seydler. „Zukäufe wie das Krebsarzneien-Geschäft von GlaxoSmithKline (WKN 940610) für 16 Milliarden US-Dollar hätten bereits 200 Millionen Dollar zu den Einnahmen beigetragen.

Ebenso blieb die Aktie von Roche (WKN 851311) mit einem Anstieg von 236 auf 246 Euro trotz starkem Wachstum etwa beim Absatz von Krebsmedikamenten hinter der durchschnittlichen Performance in der Branche zurück. Der Umsatz mit dem Blockbuster Herceptin liege beispielsweise 12 Prozent im Plus.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 7. Mai 2015