Auslandsaktien mit Schwerpunkt Versicherungen: Wie auf dem Basar

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30. Juli 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt)  Eine Welle von Fusionen und Übernahmen erfasst gegenwärtig die weltweite Versicherungsbranche. Dabei nehmen die Konzerne so viel Geld in die Hand wie nie zuvor. „Durch die guten Geschäfte in den vergangenen Jahren sind die Barreserven sehr hoch“, begründet Christopher Sornberger das derzeitige Fusionsfieber. Gleichzeitig erschwere die Niedrigzinsphase das Erwirtschaften von Gewinnen in einem härter werdenden Kampf um die Kunden. „Mit den Zusammenschlüssen erhoffen sich die Versicherer Effizienzschübe durch die Nutzung von Synergie-Effekten“, meint der Händler von Oddo Seydler, der den Gesamtprozess als „Flurbereinigung“ beschreibt, in dessen Verlauf kleinere Anbieter vom Markt verschwinden.

US-Krankenversicherungen im Umbruch

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Stadler

In den USA ist die Branche seit Einführung des staatlichen Krankenversicherungsprogramms von Präsident Obama stärker unter Zugzwang. Mit der geplanten Übernahme von Humana (WKN 856584) durch Aetna (WKN 602155) für 37 Milliarden US-Dollar reagiere der amerikanische Versicherungsriese zudem auf strengere Regularien. „Es geht den nach Umsatz dritt- und viertgrößten US-Krankenversicherern neben der Bündelung von Ressourcen um eine größere Marktmacht gegenüber Krankenhäusern und Pharmakonzernen, sowie natürlich um Millionen von zusätzlichen Kunden“, fasst Roland Stadler von der Baader Bank zusammen.

Anthem (WKN A12FMV) und Cigna (WKN 866918), beide mit jährlichen Umsätzen von über 100 Milliarden US-Dollar, befänden sich ebenfalls in Verhandlungen über einen Zusammenschluss. Gehe alles nach Plan, würden zusammen mit der umsatzstärksten United Health Group (WKN 869561) drei Unternehmen die Geschicke in der Industrie steuern.

Großes Potenzial sehen Anleger scheinbar in einem Deal zwischen US-Sachversicherer Ace (WKN A0Q636), dem der Kauf von Konkurrent Chubb (WKN 860118) 28 Milliarden US-Dollar wert ist. Das sind umgerechnet rund 25 Milliarden Euro. Die Aktienkurse beider Firmen haben nach Bekanntgabe der Übernahme stark angezogen.

Zurich auf der Pirsch

Vom geplanten milliardenschweren Zukauf bei der Zurich Versicherungsgruppe (WKN 579919) versprechen sich Anleger offenbar ebenfalls positive Impulse. Das Schweizer Unternehmen veröffentlichte in dieser Woche Überlegungen, den britischen Wettbewerber RSA Insurance Group (WKN A1100M) zu übernehmen. „Die RSA-Aktie hat daraufhin einen Sprung von 14 Prozent nach oben gemacht“, bemerkt Sornberger. Gleichzeitig gab die Zurich-Aktie um etwa ein Prozent nach, was bei derartigen Deals die Regel sei. „Die Schweizer haben drei Milliarden Euro in der Portokasse und könnten damit die Barofferte an die RSA-Aktionäre leicht verkraften.“ Mit RSA würde Zurich seine Marktposition in Kanada und Skandinavien stärken. „In Großbritannien winkt eine führende Rolle unter den britischen Schadenversicherern.“

Außerhalb Japans ist das Gras grüner

Der Übernahmereigen macht auch vor japanischen Versicherungen nicht Halt. Hin zu einer stärkeren Präsenz auf internationalen Märkten treibt es Meiji Yasuda Life Insurance, der es auf den US-Konkurrenten StanCorp Financial Group (WKN 920624) abgesehen hat. „Das Privatunternehmen bietet rund fünf Milliarden US-Dollar“, weiß Stadler. Anleger begrüßen den Schritt und schickten die Aktie von StanCorp Ende vergangener Woche von knapp 70 auf über 100 Euro. Die Japaner stünden auf dem Heimatmarkt einer rapiden Überalterung der Bevölkerung gegenüber, was die Wachstumschancen begrenze. „Deshalb drängen sie verstärkt auf ausländische Märkte.“

Derzeit verhandele zudem Tokio Marine Holdings (WKN 542064) mit dem US-Konzern HCC Insurance Holdings (WKN 885077) über eine rund 7,5 Milliarden US-Dollar schwere Fusion. Erst im Februar sei der US-Versicherer Protective Life Corp für 5,6 Milliarden US-Dollar an Konkurrent Dai-Ichi Mutual Life Insurance (WKN A1CS49) gegangen. Auch Nippon Life Insurance verfüge über eine gut gefüllte Kriegskasse, mit der in den kommenden drei Jahren strategische Übernahmen bezahlt werden könnten.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 30. Juli 2015