Auslandsaktien: Niedriger Ölpreis könnte andauern

haendler+konzentriert+vor+monitor+188x80.jpg

29. Oktober 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach dem längsten Ölpreis-Kollaps seit einem Jahrzehnt zeigen die Aktienkurse von Ölkonzernen in den vergangenen Wochen wieder gen Norden. „Viele in der Branche haben ihre Hausaufgaben gemacht und die Kosten drastisch gesenkt“, bemerkt Michael Arras von der Oddo Seydler Bank. Damit sei der Break-Even-Point, also der Ölpreis, ab dem Gewinne realisiert werden können, von rund 100 auf derzeit 80 US-Dollar pro Barrel gedrückt worden. Ab 2017 soll die Gewinnschwelle für einige Ölmultis bereits bei 60 US-Dollar überschritten werden. Das seien gute Gründe für eine Erholung.

Steigender Ölpreis kein Automatismus

Einen Garant für höhere Ölnotierungen gebe es indes nicht. Aufgrund der vielen Einflussfaktoren seien valide Zukunftsprognosen über die Ölpreisentwicklung kaum möglich. Der globale Ölverbrauch steige zwar. Noch stärker habe aber das Angebot durch die deutlich gewachsene Förderung von Schieferöl in den USA und die Ausweitung der Ölproduktion der Opec-Staaten als Reaktion dazu zugelegt. Während die Förderung von Schieferöl zurückgehe, weiteten die Opec-Staaten ihr Angebot immer weiter aus. Für September meldet die Organisation Erdöl exportierender Länder mit 31,57 Millionen Barrel pro Tag den größten Output seit drei Jahren.

Lager platzen aus allen Nähten

stadler+roland+120x125.jpg
Stadler

Bain & Company erwartet ein weiter zunehmendes Überangebot an Rohöl bis zum Jahr 2020. Allein die Opec werde bis dahin auf 35 Millionen Barrel pro Tag kommen. Hinzu komme die Steigerung im Iran. Nach Aufhebung der Sanktionen plane das Land eine Erhöhung des Ouputs von 2,8 Millionen Barrel pro Tag im vergangenen September auf 4,7 Millionen Barrel bis 2021. Die Lager seien aber bereits voll. In den USA erreichten die Bestände die Grenzen der physikalischen Kapazitäten. „Steigen die Reserven weiter, wird der WTI-Ölpreis auf neue Tiefstände stürzen, wenn die überfüllten Lager kurzfristig geleert werden müssen“, beschreiben die Bain & Company Analysten das mögliche Szenario.

Gemischte Quartalszahlen

Das schwierige Marktumfeld macht Unternehmen wie BP (WKN 850517) zu schaffen. Die Briten kommen im dritten Quartal auf 40 Prozent weniger Gewinn. Die Einigung auf eine Schadensersatzzahlung an die USA in Rekordhöhe drücke das Ergebnis um 426 Millionen US-Dollar. Roland Stadler von der Baader Bank beschreibt die Zahlen als dennoch überraschend gut. Bereits zum dritten Mal habe BP in diesem Jahr seine Investitionspläne für 2015 gekappt. Geplant seien statt 20 nun noch 19 Milliarden US-Dollar. Aktionäre reagierten zunächst zwar mit Verkäufen, die Aktie konnte sich aber auf einem Niveau von 5,33 Euro stabilisieren. Auf Monatsbasis steht ein Plus von einem Euro zu Buche. „An seiner angekündigten Dividende hält BP hält fest.“

Eni (WKN 898285) schreibt im dritten Quartal bei fast 30 Prozent weniger Umsatz Verluste in Höhe von 257 Millionen Euro. „Im Vorjahr stand hier noch ein Gewinn von 1,17 Milliarden Euro“, weiß Stadler. Auch im ersten und zweiten Quartal diesen Jahres verkündeten die Italiener noch ein Plus. Das besser aufgestellte Raffinerie- und Chemiegeschäft habe die schwache Fördersparte nicht auffangen können. Nach der jüngsten Erholung hat die Aktie auf Wochensicht auf 29,62 Euro leicht nachgegeben.

„Mit einem Minus von 6,7 Milliarden Euro im dritten Quartal gehört Shell (WKN A0D94M) ebenfalls zu den Verlierern“, bemerkt Arras. Die Aktie verlor heute über 2 Prozent auf 23,70 Euro. „Umstrittene Förderprojekte in Kanada und Alaska haben zu den schlechten Ergebnissen wesentlich beigetragen.“ Der Energieriese steuere mit dem Abbau von 6.500 Arbeitsplätzen im laufenden Jahr und Investitionsstreichungen um sieben Milliarden US-Dollar dagegen.

Raffinerien halten dagegen

Das billige Öl macht Unternehmen wie Valero (WKN 908683) weniger zu schaffen. „Der texanische Konzern konnte seine Profitabilität im dritten Quartal mit seinen 15 Raffinerien und den 5.000 Tankstellen deutlich erhöhen“, beobachtet Arras. Generell gehe es der Raffinerie-Branche mit der Veredlung von Öl in Super-Benzin, Diesel, Edelgase und Schmieröl vergleichsweise gut. Die Valero-Aktie hat sich seit Oktober 2013 auf Eurobasis mehr als verdoppelt. Auf Wochenbasis gewann der Wert von 52 auf 58,15 Euro hinzu.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG

© 29. Oktober 2015