Auslandsaktien: Wackeliges Comeback in Athen und Istanbul

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5. November 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Wahlen in der Türkei am Sonntag und Nachrichten zum Kapitalbedarf griechischer Banken haben türkische Aktien sowie griechische Banktitel Anfang dieser Woche nach oben katapultiert. Die Börse in Istanbul legte am Montag in der Spitze um mehr als sechs Prozent zu und verbuchte damit den größten Tagesgewinn in zwei Jahren. Griechische Banktitel kletterten am Montag und Dienstag sogar um bis zu 50 Prozent nach oben.

Was die Türkei angeht, erhoffen sich Anleger durch den haushohen Sieg der islamisch-konservativen AKP von Präsident Erdogan endlich wieder Stabilität im Land. Für den Kursprung in Griechenland war die EZB verantwortlich: Deren Stresstest hat ergeben, dass die vier größten griechischen Banken nur bis zu 14,4 Milliarden Euro an Kapital benötigen – nicht 25 Milliarden Euro, wie von den europäischen Partnern zur Rekapitalisierung der Banken vorgesehen waren.

Alpha Bank: tiefrote Zahlen

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Vorhauser

Die griechischen Banken leiden unter der jahrelangen Wirtschaftskrise, viele Kredite konnten nicht zurückgezahlt werden, zudem wurden in Sorge um einen Ausstieg aus der Eurozone Gelder im großen Stil aus dem Land abgezogen. Griechische Bankaktien wurde dadurch zu Penny Stocks, sie kosten nur noch wenige Cent – ein Bruchteil dessen, was sie vor der Krise wert waren.

Um so überraschender kam die Kursentwicklung Anfang der Woche. Die griechische Alpha Bank (WKN 876116), die Nummer vier in Griechenland, kletterte zum Beispiel von 0,11 Euro am Freitag auf 0,17 Euro am Dienstag – ein Plus von über 50 Prozent. „Dabei hat die Bank in den ersten neun Monaten rote Zahlen geschrieben“, bemerkt Walter Vorhauser von Oddo Seydler. Es wurde ein Verlust von 838 Millionen Euro verbucht. Am Donnerstagmittag kostet die Aktie wieder nur 0,12 Euro.

Piraeus: weniger Verluste

Einen Satz nach oben machte auch die Piraeus Bank, das zweitgrößte Institut des Landes. Am Freitagabend hatte die an der Börse Frankfurt als ADR (WKN A14P3J), also Aktienhinterlegungsschein,  gehandelte Bank noch 0,16 Euro gekostet, am Montagabend waren es dann 0,21 Euro. Piraeus konnte zumindest etwas bessere Zahlen für die ersten neun Monate präsentieren, wie Vorhauser berichtet, das Institut baute seine Verluste von 1,63 Milliarden auf 635 Millionen Euro ab. Von Dauer war die Kurserholung allerdings auch hier nicht, aktuell kostet die Aktie sogar nur noch 0,12 Euro. „Da sind wohl Gewinne mitgenommen worden“, vermutet der Händler.

Eurobank schlägt sich besser

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Vrbsky

Ähnlich ist das Bild bei der Eurobank, der Nummer drei des Landes, die Aktie (WKN A1W0QE) verteuerte sich von 0,03 Euro am Freitag auf 0,05 Euro am Dienstag, jetzt sind es 0,04 Euro. „Die am Dienstag präsentierten Quartalszahlen sind besser als erwartet ausgefallen“, meldet Jan Vrbsky von der Baader Bank. Zwischen Juli und September wurde ein Gewinn erwirtschaftet, für die ersten neun Monate bleibt es aber bei einem Verlust. „Doch es scheint aufwärts zu gehen, die Bank steht vergleichsweise gut da“, meint der Händler. Die Anzahl der faulen Kredite nehme ab, es fehlten der Bank „nur“ 2 Milliarden Euro, die jetzt über eine Kapitalerhöhung hereingeholt werden sollen. „Dann wäre die Bank ausreichend kapitalisiert, neue Staatshilfen soll es nicht geben.“

Rekordquartal bei Turkcell

Vom Anstieg am türkischen Aktienmarkt profitierte unter anderem Turkcell. Der ADR des türkischen Mobilfunkriesen (WKN 806276) verteuerte sich von 8,97 auf aktuell 9,59 Euro. „Turkcell hat ein Rekordquartal abgeschlossen – mit einem deutlichen Plus bei Umsatz und Ergebnis“, berichtet Vorhauser. „271.000 neue Kunden konnten gewonnen werden.“ Anleger sitzen dennoch auf hohen Verlusten: Der ADR hat sich seit dem Tief vom Oktober bei 7,63 Euro zwar erholt, im Januar kostete er allerdings noch über 14 Euro.

Nur Strohfeuer?

Trotz der Kursgewinne: Griechische Bankaktien sind Analysten zufolge mit Vorsicht zu genießen. „Das ist alles sehr spekulativ“, bemerkt auch Vorhauser. Bezüglich der Türkei wird ebenfalls gemahnt: „Die Rückkehr zur Einparteienregierung könnte in nächster Zeit eine deutliche Kursrallye an den Märkten auslösen, weil so in Kürze ein funktionsfähiger Wirtschaftsplan und Staatshaushalt vorgelegt werden könnten“, meint zwar Tathagata Ghose von der Commerzbank. „Mittelfristig dürften jedoch wieder Sorgen um politische Interventionen, insbesondere seitens der Zentralbank, sowie um den allgemeinen Mangel an rechtsstaatlichen Kontrollmechanismen aufkommen.“

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 5. November 2015