Baader Bond Markets: Rating-Agenturen melden sich zu Wort!

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Stopp

17. Januar 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Auch wenn die Staatsschuldenkrise von den Anlegern anders bewertet wird als noch vor sechs Monaten, ist sie nicht beendet. Das zeigen die Warnungen der Rating-Agenturen. Nachdem Fitch die USA erneut vor dem Verlust ihrer Top-Bonität gewarnt hat, zeigte die Agentur Spanien die gelbe Karte, um ein Bild aus dem Fußball zu verwenden. Die Bonität Spaniens stehe auch ohne Flucht unter den Euro-Rettungsschirm auf der Kippe und wackele bedenklich. Fitch mahnt die mangelnde Fähigkeit zum Defizitabbau, die hohen Kosten einer Rekapitalisierung der Banken und die schwache Konjunktur als Abwärtsrisiken an. Obwohl sich Spaniens Kreditwürdigkeit nur zwei Stufen oberhalb des Ramschniveaus bewegt, hat das Land bisher Stützungskäufe der Europäischen Zentralbank am Sekundärmarkt für Anleihen abgelehnt, weil man dazu auch den Rettungsschirm in Anspruch nehmen müsste. Der Markt gibt den Iberern im Moment Recht, sie können sich derzeit zu deutlich günstigeren Konditionen als noch vor sechs Monaten an den Zinsmärkten refinanzieren.

Aber auch andere Staaten erhalten wieder „Blaue Briefe“ von den Rating-Agenturen. So hat Fitch zum Beispiel Großbritannien – im Falle weiter ansteigender Staatsverschuldung – den Verlust des  Spitzenratings in Aussicht gestellt. Bei Zypern hingegen hat Moody’s bereits „Nägel mit Köpfen“ gemacht und die Kreditwürdigkeit um drei Stufen auf Caa3 reduziert. Dass es aber auch anders geht, hat Standard & Poor’s bewiesen und den neuen europäischen „Musterschüler“ mit BBB+ bestätigt.
 
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass sich die Rating-Agenturen zukünftig nur noch dreimal pro Jahr und auch nur an vorher festgelegten Terminen zu den Länder-Ratings äußern dürfen. So lautet zumindest die bereits vom EU-Parlament beschlossene Neuregelung.

BMW zahlt für 10 Jahre 2,375 Prozent

Bereits am vergangenen Donnerstag platzierte Fresenius, ein weltweit tätiger Gesundheitskonzern, eine vorrangige, unbesicherte Anleihe im Volumen von 500 Millionen Euro. Als Emittentin fungiert die Fresenius Finance B.V., eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Fresenius SE & Co. KGaA. Die Anleihe ist mit einem Coupon von 2,875 Prozent ausgestattet und im Juli 2020 endfällig. Die Anleihe wurde zum Nennwert (100 Prozent) ausgegeben. Das Pricing erfolgte zu Bundesanleihen mit einem Aufschlag von 178 Basispunkten. Der Emissionserlös wird zur Rückzahlung der Ende Januar 2013 fälligen Anleihe verwendet, einer ehemals siebenjährigen Anleihe im Volumen von ebenfalls 500 Millionen Euro. Allerdings mussten damals Investoren noch mit einem 5 Prozent-Kupon angelockt werden.
 
Dass am Primärmarkt nicht überstürzt alle „Bedürftigen“ mit neuen Anleihen um die Gunst der Investoren buhlen, ist sicherlich der gut gefüllten „Kriegskassen“ geschuldet. Aber dennoch wagte am Dienstag dieser Woche der in München ansässige Premium-Autohersteller BMW die Begebung einer in Euro denominierte Dual Tranche mit einer Laufzeit von 3,75 (bis Oktober 2016) bzw. 10 Jahren (bis Januar 2023). Die Tranchen haben ein Volumen von 1 Milliarden Euro und 750 Millionen Euro. Die ersten Ankündigungen bezüglich des Spreads lagen im Bereich von Mid Swap +45 bzw. +80 Basispunkte. Der finale Spread wurde bei Mid Swap +37 bzw. +73 Basispunkte fixiert. Den Investoren zahlt BMW einen Kupon von 1 Prozent bzw. 2,375 Prozent. Zum Vergleich hierzu ist ein Blick ins Jahr 2008 erlaubt. Damals musste BMW für eine fünfjährige Mittelaufnahme den Investoren einen jährlichen Kupon in Höhe von 8,875 Prozent bieten. So haben sich die Zeiten geändert!
 
Darüber hinaus hat sich der weltgrößte Brauereikonzern Anheuser-Busch Inbev Fin (A3/A-) mit unterschiedlichen Anleihen ca. 4 Milliarden US-Dollar von Investoren geliehen. In vier unterschiedlichen Tranchen mit Endfälligkeiten in 2016, 2017, 2022 und 2043 werden für die auf US-Dollar lautenden Anleihen Festkupons von 0,8 Prozent, 1,25 Prozent, 2,625 Prozent und 4 Prozent (gestaffelt nach Fälligkeiten) gezahlt.

Weißkopfseeadler = Pleitegeier?

Die moralische Bankrotterklärung, das heißt die Idee mit der Platinmünze, mit der die USA ihre drohende Pleite aufschieben wollten, ist zwar vom Tisch, aber das eigentliche Problem, die drohende Zahlungsunfähigkeit der USA, dagegen nicht. Ab Mitte Februar besteht das Risiko, dass die Vereinigten Staaten erneut an der Schuldenobergrenze von 16,4 Billionen US-Dollar (12,3 Billionen Euro) stehen.

Um das zu verhindern, werden bereits jetzt mit den Geldern aus dem Rentenfonds für Regierungsmitarbeiter Rechnungen beglichen. Dadurch erhofft man sich Zeit zu erkaufen. Sowohl US-Präsident Barack Obama als auch der Präsident der US-Notenbank, Ben Bernanke, haben bereits Anfang des Jahres begonnen, mit Schreckensszenarien Druck auf den Kongress aufzubauen. Als Außenstehender hat man ein Déjà-vu, erlebte man doch fast deckungsgleiche Rituale im November bzw. Dezember vergangenen Jahres. Auch die Szenarien waren dieselben: Das Land falle in eine Rezession und außerdem bestehe die Gefahr von Turbulenzen an den Finanzmärkten, sollte die Schuldenobergrenze nicht angehoben werden.

Mit Fitch hat nun auch eine Rating-Agentur die USA vor einem Verlust ihrer Top-Bonität gewarnt, sollte der Staat das Schuldenproblem nicht lösen. Besser kann Hollywood das Drehbuch nicht schreiben. Wahrscheinlich erleben wir eine Einigung der beiden Parteien erst kurz vor Ablauf der Frist während der Primetime. Denn es ist zu erwarten, dass sich die beiden Verhandlungsparteien auch jetzt wieder auf die Anhebung der Schuldenobergrenze einigen werden. Zumal dies dann zum 80. Mal geschehen würde!

Die neue Art der Kriegsführung unter Industriestaaten: Abwerten der Währung.

Afghanistan, Syrien oder Mali – diese kriegerischen Auseinandersetzungen muten in der heutigen Zeit wie Auseinandersetzungen in der Steinzeit an. Angriffe über das Internet durch die „Operation Roter Oktober“ und „Stuxnet“ oder auch Währungskriege, wie sie Japan durch die massive Abwertung des Yen begonnen hat, entsprechen eher den technisch ausgereiften Methoden bei Auseinandersetzungen im 21. Jahrhundert. Seit der Wahl von Shinzo Abes im Dezember vergangenen Jahres zum japanischen Ministerpräsidenten hat der Yen bereits mehr als 10 Prozent abgewertet. Die massive Abwertung soll den Export stimulieren und Japan aus der seit Jahrzehnten anhaltenden Deflationsphase befreien. Die Staatsschuldenkrise und die Wachstumsverlangsamung auf vielen Kontinenten haben Staaten dazu verleitet, nach den massiven Zinssenkungen den nächsten Pfeil im Köcher abzuschießen, um die Wirtschaft zu stimulieren. Nicht nur die Japaner, sondern auch Amerikaner, Briten und die Europäer versuchen, der heimischen Industrie über ihre Währungspolitik unter die Arme zu greifen. Doch die Geschichte lehrt, dass die Folgen solcher Währungskriege nicht unerheblich sind. Neben dem Protektionismus ist langfristig ein Anspringen der Teuerungsraten zu befürchten. Ist es gerechtfertigt, dass die Staaten die Probleme in die Zukunft verschieben und unseren Kindern aufbürden?

Frankreich bleibt das Sorgenkind

Auch wenn die Staatsschuldenkrise nicht mehr als eine große Bedrohung für die EU gesehen wird, gilt Frankreich als eine wachsende Gefahr für die Gemeinschaft. Nicht zuletzt wegen des fehlenden Wachstums und der hohen Arbeitslosigkeit lag das Haushaltsdefizit im gerade abgelaufenen Jahr wahrscheinlich bei 4,5 Prozent, also deutlich höher als das Defizitziel von 3 Prozent. Während die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds Bedenken haben, dass die Grande Nation das Defizitziel von 3 Prozent im laufenden Jahr 2013 erreicht, sind die Franzosen entspannt. Die französische Regierung geht davon aus, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU 2013 um 0,8 Prozent wächst. Doch Ökonomen von Barclays rechnen nur mit einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent, die der französischen Natixis gehen sogar von einem Schrumpfen der Wirtschaft um 0,4 Prozent aus. Geht es nach diesen Ökonomen, wird Frankreich im laufenden Jahr mit einer Defizitquote von 3,3 bzw. 3,4 Prozent abschließen, also deutlich über den Vorgaben. Vorsorglich hat Budgetminister Jérôme Cahuzac zwar angekündigt, dass 8,5 Milliarden Euro der im Haushalt 2013 vorgesehenen Ausgaben im Volumen von rund 291 Milliarden Euro eingefroren werden sollen, um einen Spielraum für unerwartete Ausgaben zu schaffen. Aber ist das nicht eher ein Mouche, also ein aufgeklebter Schönheitsfleck? Ein ernsthafter Reformwille ist bei den französischen Nachbarn nicht zu erkennen. Daher bleibt die ehemals Grande Nation ein Sorgenkind.

Euro-Bund-Future

Bereits letzte Woche wurde – wenn man den Worten unserer Politiker Glauben schenkt – die Eurostaatenkrise für nahezu beendet erklärt. Deshalb sahen sich einige Marktteilnehmer genötigt, den sicheren Hafen zu verlassen und in Bonds der Peripherieländer umzuschichten. Was wiederum den Euro-Bund-Future unter Druck setzte. Dieser fiel um mehr als 1,5 Punkte auf 142,05 Prozent. Aber mit dem Wochenstart kamen die alten Bedenken zurück und die Entspannung entpuppte sich als Strohfeuer. Das Sorgenbarometer machte seinem Namen also alle Ehre, denn einerseits äußerte sich die Rating-Agentur Fitch negativ zur Benotung Spaniens und andererseits korrigierte die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose. So ist es wenig verwunderlich, dass der Euro-Bund-Future wieder bei 143,40 Prozent notiert und man seinen Trend mit den Worten: „Rin in die Kartoffeln und raus aus den Kartoffeln“ umschreiben kann.

Aus charttechnischer Sicht ist dennoch weiterhin der Bereich um 144,00 Prozent und 144,90 Prozent (Hoch vom 2.1.13) als Widerstand und die erste nennenswerte Unterstützung im Bereich um 142,00 Prozent (mehrere Hochs Mitte Oktober 2012) zu sehen.

Der Euro ist wieder auferstanden

Am vergangenen Donnerstag wurde mit Spannung die erste Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) im neuen Jahr erwartet. Das Ergebnis war, dass die Leitzinsen auf dem bisherigen Niveau gehalten werden, was allerdings nicht wirklich überraschte. Dass aber auch in naher Zukunft nicht mit Zinssenkungen zu rechnen ist, ließ die Marktteilnehmer im Hinblick auf die konjunkturelle Entwicklung und Verschuldungskrise aufatmen. Angesichts dieser Aussagen hellte sich die Stimmung am Devisenmarkt deutlich auf und die Gemeinschaftswährung konnte neue Höhen erklimmen. Mit 1,3404 US-Dollar konnte ein neues Elf-Monats-Hoch markiert werden. Für kurzzeitige Unruhe sorgten die jüngsten Aussagen des Eurogruppen-Chefs Juncker, wonach der Wechselkurs des Euro relativ hoch sei. Die Marktreaktion ließ nicht lange auf sich warten und die Einheitswährung fiel kurzzeitig unter die Marke von 1,33 US-Dollar. Nach einer anschließenden Gegenbewegung hat er sich allerdings inzwischen knapp unter 1,33 US-Dollar stabilisiert.
 
Auch im Vergleich zu den anderen Leitwährungen entwickelt sich der Euro positiv. Ob es sich hierbei immer um eigene Stärke oder gewollte Schwäche der Anderen handelt, steht auf einem anderen Blatt. Dies lässt sich gut am Kursverlauf Euro/Yen belegen, denn die Trading-Range hat in den vergangenen sechs Monaten zwischen 95 und 120 Yen gelegen.
 
In Sinne der Risikostreuung greifen Privatanleger weiterhin auf Fremdwährungsanleihen zurück. Anleihen auf norwegische Kronen, australische Dollar, türkische Lira sowie auch Rubel wurden am häufigsten nachgefragt.

Autor: Klaus Stopp, stellvertretender Leiter Rentenhandel der Baader Bank

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© 17. Januar 2013/Baader Bank AG